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Im HaifischbeckenZahnärzte wollen Kasse machen

Eine Hausgemeinschaft wehrt sich gegen ihren Verkauf. Am Käufer Fortis Group ist das Versorgungswerk der Zahnärzte aus Schleswig-Holstein beteiligt.

Kundgebung der MieterInnen vor ihrem Haus in der Holteistraße 19 Foto: Mietergemeinschaft Holtei19

Die Hilferufe mehren sich: Ein Café hier, ein Buchladen da, ein Kindergarten oder gleich ein ganzes Mietshaus – überall in der Stadt fürchten MieterInnen und Gewerbetreibende um ihre Existenz. Sie werden hinausgentrifiziert, gekündigt, zwangsgeräumt. Und immer mehr von ihnen wehren sich. Wir erzählen in der Kolumne Im Haifischbecken in loser Folge ihre Geschichten.

Die kleinen Fische: 21 Mietparteien und ein Kindergarten fürchten, aus ihrem Haus in der Holteistraße 19/19a in Friedrichshain verdrängt zu werden. Im Juni erfuhren sie, dass das Haus verkauft wurde, für sechs Millionen Euro, und nun wollen sie gerettet werden. Die Bedingungen dafür stimmen: Das Gebäude liegt im Milieuschutzgebiet, die Hausgemeinschaft ist auf Zack – am Samstag demonstrierte sie lautstark durch den Kiez – und die Bezirkspolitik ist gewillt, das Vorkaufsrecht anzuwenden. Bewohner Paule Harzer sagt: „Wir sind relativ gut vernetzt.“

Der große Fisch: 1.000 Zahnärzte aus Schleswig-Holstein, die über ihr zuständiges Versorgungswerk an dem Käufer Fortis Group beteiligt sind. Der Projektentwickler, den man getrost auch Spekulant nennen darf, ist darauf spezialisiert, Häuser zu sanieren, aufzuteilen und Eigentumswohnungen zu verkaufen. An die MieterInnen ihrer zuvor gekauften Häuser in der Lenbachstraße 7 und an der Ecke Rigaer Straße 35/Samariterstraße 8 verschickte Fortis Ende vergangenen Jahres Modernisierungs­ankündigungen, die die Mieten teilweise um das Dreifache erhöhten. So sollte eine 73-Quadratmeter-Wohnung statt 458 Euro plötzlich 1.408 Euro kosten.

Die MieterInnen der drei Häuser haben sich zusammengeschlossen und einen – erneuten – Brief an die Mitglieder des Versorgungswerkes verfasst, mit deren Beiträgen Fortis auf Shoppingtour gehen kann. Darin appellieren sie an die Ärzte: „Wollen Sie zulassen, dass Ihr Lebensabend auf Kosten von Berliner Mietern finanziert wird?“ Vom Versorgungswerk der Zahnärztekammer, dessen Geschäftsführer im Beirat der Fortis Group sitzt, war bislang nur zu hören: „Bei Investitionen achten wir insbesondere darauf, dass das eingesetzte Kapital gesichert und eine Rendite erwirtschaftet wird.“

Wer frisst hier wen? Gut möglich, dass sich zumindest diese Finanzanlage für die Ärzte in Luft auflöst. Der Bezirk will das Vorkaufsrecht ausüben, das hat Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) auf der Demo bekräftigt. Damit sich die Wohnungsbaugesellschaft Mitte das Haus kaufen kann, braucht es aber einen Zuschuss von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD).

Ein entsprechender Antrag ist gestellt; entschieden werden muss bis Mittwoch, dann läuft die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechtes ab. „Schützt das Milieu, handelt in diesem Sinne und setzt ein Zeichen gegen eine aggressiv agierende Investorengruppe“, fordert Harzer.

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