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Illegale Waldvernichtung in BrasilienBolsonaro und die Holzfäller

In der Coronakrise wird im Amazonas-Regenwald unkontrolliert gerodet. Ein Gesetz soll die illegale Abholzung nachträglich legalisieren.

Die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds nimmt dramatisch zu Foto: Martina Farmbauer/dpa

Berlin taz/dpa/afp | In Brasilien könnte der CO2-Austoß in der Coronakrise um zehn bis 20 Prozent steigen. Zu dem Ergebnis kommt eine Studie des renommierten Observatório do Clima, einem nichtstaatlichen Klimaschutz-Netzwerk. In vielen anderen Ländern dagegen sank er wegen der Einschränkungen.

Der starke Anstieg der Abholzung im Amazonas-Gebiet mache den Rückgang der Emissionen durch die niedrigere Wirtschaftsleistung wett, so die Studie. Wenn im Mai, Juni und Juli ähnlich viel abgeholzt werde wie im Vorjahreszeitraum, könnten in Amazonien mehr als doppelt so viele Emissionen wie 2018 ausgestoßen werden.

Das Nationale Institut für Weltraumforschung Inpe hatte durch Satellitenbilder ausgewertet, dass im Amazonas im ersten Quartal mehr als doppelt so viel abgeholzt wurde wie im Vorjahreszeitraum – 1.200 Quadratkilometer.

„Somit steht fest, dass die Pandemie die ohnehin kritische Situation des Regenwaldes und der darin beheimateten indigenen Völker in der brasilianischen Amazonas-Region lediglich noch intensiviert“, heißt es im Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Boykottdrohungen aus Großbritannien

Illegale Holzfäller und Plünderer nutzen die Coronakrise aus. Während Umweltbeamte in ihrer Arbeit einschränkt sind, fällen sie einfach weiter. Die Umweltbehörde Ibama schwächt der rechte brasilianische Präsident Bolsonaro bereits seit seinem Amtsantritt 2019: Es gibt weniger Personal für Kontrollen. Für ihn ist Amazonien vor allem ein wirtschaftliches Nutzgebiet. Bolsonaro ist eng mit der brasilianischen Agrarlobby verbündet und bezweifelt den menschengemachten Klimawandel.

Das stößt immer wieder auf Kritik. So drohen nun etwa mehrere britische Supermarktketten in einem offenen Brief mit Boykott von Produkten, wenn ein Gesetzesvorhaben angenommen wird, das „zu weiterem Landraub“ im Amazonas ermutige. Dieses Gesetzesprojekt – auch als „Landraub“-Gesetz bekannt – brachte Bolsonaro im Dezember ein.

Das Gesetz würde die illegale Abholzung und unrechtmäßige Besetzung von öffentlichem Land vor 2018 nachträglich legalisieren. Davon betroffen wären insgesamt 570.000 Quadratkilometer, was einer Fläche größer als Spanien entspricht. Aufgrund des internationalen Drucks wurde es letzten Mittwoch zwar nicht im Kongress behandelt.

In einem Video aus der Kabinettssitzung am vergangenen Mittwoch schlägt Umweltminister Salles vor, den Moment, in dem „die Medien nur noch über Covid-19 sprechen“, zu nutzen, um „alle Vorschriften zu ändern“, die den Bergbau und die Landwirtschaft auf geschütztem Land im ­Amazonasgebiet verhinderten.

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13 Kommentare

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  • Irgendwo muss unser Essen ja wachsen, wenn wir hier die Agrarwende umsetzten wollen.

  • Der Bolsonaro-Gang ist unser Verhalten, sei es weniger in Brasilien kaufen oder gar die meist vollkommen wirkungslosen Unterschriftensammlungen, vollkommen schnurz egal. Die kurzfristige Kohle wird gescheffelt. Bis da was passiert, haben sich diese Verbrecher die Taschen weiter gefüllt.

  • Kürzlich erregte eine denkwürdige Kabinettsitzung Aufsehen in Brasilien. Den Aufnahmen, die im brasilianischen Fernsehen kontinuierlich abgespielt wurden, ist zu entnehmen, wie der Staatschef Bolsonaro Gouverneure wüst beschimpft und den Bildungsminister des Landes zur Inhaftierung von Richtern des Obersten Gerichts auffordert. Darüber hinaus gerät auch Brasiliens Umweltminister Ricardo Salles ins Zentrum der Kritik. Er wolle die Ablenkung durch die Corona-Pandemie dazu nutzen, Bergbau und Landwirtschaft im Amazonas-Regenwald zu legalisieren. Der Umweltminister schlägt demnach vor, den Moment, in dem "Medien nur noch über Covid-19 sprechen", zu nutzen, um "alle Vorschriften zu ändern", die den Schutz des Amazonasgebietes zum Ziel haben. Man kann das Wirken dieser ökologischen Ignoranten nur mit Grauen verfolgen.

    Vor dem Hintergrund des EU-Mercosur-Abkommens sind die Haltungen des brasilianischen Umweltministers besonders umweltschädlich.Dieses Abkommen verfestigt ein Landwirtschaftsmodell, das auf Monokulturen und massiven Pestizideinsatz setzt. Dies hat dramatische Folgen für Umwelt und Gesundheit der dortigen Menschen. Das Abkommen senkt oder beseitigt die Zölle auf viele Agrargüter und wird unter anderem den Import von Zucker, Geflügel, Ethanol und Rindfleisch aus den Mercosur-Ländern in die Eropäische Union deutlich ausdehnen.

    Christian Schauer, Alzenau

  • Das EU-Mercosur-Abkommen ist noch nicht ratifiziert. Wer sich dagen aussprechen will, kann aktiv werden:

    bei



    act.greenpeace.de/eumercosur



    Unterschriftslisten bestellen Tel. 040 / 306 180

    oder bei



    www.campact.de/mercosur-amazonas/

  • wenn alle brasilianischen unternehmen unabhängig davon was sie produzieren vom europäischen binnenmarkt ausgeschlossen würden sofern die zerstörung des waldes nicht sofort aufhört wird die brasilianische regierung die zestörung des waldes stoppen.



    eine andere sprache wird sie leider nicht verstehen.-

  • Boykottieren den Laden. Da hätten die Umweltschützer in Europa endlich mal eine lohnende Aufgabe.

  • Das ist alles von einer deprimierenden phantasielosigkeit... 🙁

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Die EU sollte den Wald kaufen und dann die Ureinwohner trainieren und bewaffnen ihn zu schützen.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Gute Idee. Diese rechtsliberale Bande könnte sich kaum gegen Privatverkäufe von Land stellen, ist ja ihr erklärtes Ziel. Eine Übernahme durch ausländische Regierungen, einschließlich suprastaatlicher Institutionen, würde allerdings ihre nationalistischen Abwehrreflexe triggern.



      Erfolgsversprechender daher, die Sache konspirativ über private Stiftungen o.ä. zu organisieren. Wäre ein dringend nötiges Betätigungsfeld für die ganzen Milliardärs-Philanthropen.

  • Unterdessen fordert Ricardo Salles, der Umweltminister, in einer veröffentlichen Kabinettssitzung dazu auf, jetzt schnell Richtlinien außer Kraft zu setzen, so lange die Öffentlichkeit sich auf Corona konzentriert.



    Die Umwelbehörder IBAMA wurde ausgerechnet dem Landwirtschaftsministerium unterstellt. Deren Chefin Cristina Teresa hat übrigens den Beinamen "Muse des Gifts".

  • Und wo sind die deutschen Supermarktketten?

    • @tomás zerolo:

      Ladenketten nennt man einen Filialbetrieb mit Läden an verschiedenen Standorten. Sie finden sie allerorts.

    • @tomás zerolo:

      Die haben in der Krise sogar vermehrt Fleisch aus Südamerika gekauft, weil es sehr billig angeboten wurde. Daraufhin sind die Preise bei uns für Schlachtvieh abgestürzt, was z.B. Aldi durch noch tiefere Angebote nutzte, um die Erzeugerpreise zu drücken.