Illegal überhöhte Mieten: Wucherer können sich Zeit lassen
Hunderte Verdachtsfälle gegen Mietwucher haben Hamburger:innen in den vergangenen Monaten gemeldet. Geprüft hat die Stadt bislang: keinen.
Nun zeigt sich jedoch: Es gibt noch keinen einzigen gemeldeten Fall, in dem die zuständigen Bezirksämter auch nur Kontakt zum Vermieter aufgenommen haben.
Das ergibt sich aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage der Hamburger Linksfraktion. „Der Senat muss endlich massiv gegen Mietwucher vorgehen“, fordert deshalb Fraktionschefin Heike Sudmann. Zu den Gründen für das schleppende Vorgehen bei Verdachtsfällen konnte die zuständige Stadtentwicklungsbehörde am Donnerstag auf Nachfrage keine Angaben machen.
Heike Sudmann Fraktionschefin der Hamburger Linken
Ein Sprecher des Bezirksamts Altona erklärt stellvertretend für die übrigen Bezirksämter, dass die Bearbeitung der Fälle „viel Zeit und Ressourcen in Anspruch“ nehme. Für diese zusätzliche Aufgabe hat der Senat den Bezirksämtern aber zum Start des Mietenmelders offenbar kein zusätzliches Personal bereitgestellt. Die „Einwerbung zusätzlicher Stellen für die Bearbeitung der Fälle“ werde derzeit erst vorbereitet.
Mietsteigerung um 25 Prozent
Seit Ende vergangenen Jahres haben sich insgesamt rund 700 Hamburger:innen mit dem Verdacht gemeldet, von ihrem Vermieter abgezockt zu werden: Rund 500 davon stammen von der „Mitwucher-App“, die die Linkspartei bundesweit eingerichtet hatte. Auf beiden Plattformen müssen Mieter:innen die wesentlichen Eckdaten ihrer Miete eintragen, die dann mit den Angaben des Hamburger Mietenspiegels verglichen werden.
Eine Miete, die die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent übersteigt, kann eine Ordnungswidrigkeit sein. Ist sie sogar um 50 Prozent höher, handelt es sich um den Straftatbestand des Mietwuchers. Stellen die Behörden eine überhöhte Miete fest, können Mieter:innen mit einer Senkung rechnen.
Dabei hat jüngst auch die Stadtentwicklungsbehörde in einem selbst erstellten Gutachten festgestellt, dass die Hamburger Mieten innerhalb von fünf Jahren seit 2018 um satte 25 Prozent gestiegen sind. Besonders betroffen von den hohen Mietanstiegen seien „insbesondere Haushalte mit niedrigeren Einkommen“.
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