piwik no script img

IWF-Prognose zu DeutschlandSchlusslicht Deutschland

Simon Poelchau
Kommentar von Simon Poelchau

Die Konjunkturprognosen sind nicht rosig. Dabei gäbe es Möglichkeiten: Höhere Steuern für die, die saftige Dividenden kassieren.

Die DAX-Konzerne zahlen hohe Dividenden, Potenzial für Steuern für mehr Zukunftsinvestitionen in Deutschland Foto: Daniel Reinhardt/dpa

D ie Prognose des Internationalen Währungsfonds sieht für Deutschland nicht gut aus. So soll das Wachstum im laufenden Jahr nur noch 0,2 Prozent betragen. Deutschland würde damit unter den großen Industriestaaten das Schlusslicht bilden. Doch sollten nicht kurzfristige Konjunkturprognosen für schlechte Stimmung sorgen, sondern die langfristigen Probleme, die das Land hat. Dass die deutsche Konjunktur im internationalen Vergleich alles andere als rund läuft, ist hinlänglich bekannt.

Anfang Februar prognostizierte die Industriestaatenorganisation OECD ein ähnlich schwaches Wachstum. Und auch dass die Schuldenbremse Anteil an dieser miesen Situation hat, ist nichts Neues. Trotzdem ist es gut, wenn nun auch der Internationale Währungsfond (IWF) für eine Reform der Schuldenbremse plädiert. Je deutlicher die Reform gefordert wird, desto wahrscheinlicher ist, dass sie auch kommt.

Deutschland hat vor allem zwei Probleme: Es wird zu wenig investiert und die soziale Ungleichheit ist zu groß. Das erste Problem wird viel diskutiert. Der Investitionsstau und die Aufgaben, die im Rahmen der Transformation anstehen, sind enorm. Letztlich geht es bei der Diskussion „nur“ darum, ob der Staat breit Steuern senkt oder gezielt Industriepolitik betriebt und ob dafür die Schuldenbremse gelockert wird. Die Diskussion über die soziale Gerechtigkeit geriet darüber in den Hintergrund.

Dabei ist die Vermögensungleichheit in Deutschland im internationalen Vergleich weiterhin hoch. Und sie nahm zuletzt wieder zu, wie der jüngste Monatsbericht der Bundesbank zeigt. Letztlich schmälert das auch die Wirtschaftsleistung, denn der private Konsum geht zurück. Eine Lösung wäre natürlich die Umverteilung. Höhere Löhne für die Beschäftigten würden den Konsum ankurbeln, über höhere Steuern könnte die Erneuerung der Infrastruktur finanziert werden.

Die DAX-Konzerne wollen allein für das zurückliegende Jahr 53,8 Milliarden Euro an Dividenden ausschütten. Es gibt also durchaus Spielraum.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Simon Poelchau
Redakteur
ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.
Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Meine Prognose: -0.5 bis -1%, habe ich hier schon vor Monaten geschrieben



    Meine Begründung: Da alle anderen europäischen Länder wesentlich bessere Werte haben, kann man es nicht auf "die Wirtschaft" abwälzen. Hauptgrund ist, dass produzieren in Deutschland viel zu teuer geworden ist. wegen der Lohnkosten und der Bürokratie. Immer mehr Firmenwandern ins Ausland ab oder produzieren jetzt im Ausland, während wir hier das Märchen von der "32 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich" singen und nicht bemerken, wie immer mehr Arbeitsplätze schwinden.



    Hinzu kommt eine Überalterung bei den Arbeitskräften, auch der Ausländerfeindlichen Haltung vieler Deutschen wegen.



    Rechnet man jetzt noch die gigantischen Löcher in der Renten- und Beamtenbesoldung dazu, dann sehe ich fast schon schwarz für Deutschland. So viel Geld wie bald fehlen wird, kann man gar nicht drucken, ohne dass der Euro eine Junkwährung wird.

  • Echt jetzt? Deutschland gehört mit Abgaben und Steuern zur weltweiten Spitzengruppe. Und mehr Wachstum durch mehr Steuern? Wirklich?

    Auch aus einer linken Perspektive: Das ist die Antwort??????

  • "Deutschland hat vor allem zwei Probleme: Es wird zu wenig investiert und die soziale Ungleichheit ist zu groß."



    Ob das zweite Problem für die wirtschaftliche Lage verantwortlich ist, ist zumindest diskussionsfähig.



    Und inwiefern höhere Steuern auf Investitionsergebnisse Investitionen ankurbeln, müsste man mir erklären.

  • "Höhere Löhne für die Beschäftigten würden den Konsum ankurbeln"

    Will man das denn überhaupt, noch mehr Konsum? Wie soll das denn mit der gewünschten CO2 Reduktion zu vereinbaren sein?

    • @Micha.Khn:

      Höhere Löhne kurbeln in erster Linie die Inflation an, womit der Nutzen höherer Löhne schnell wieder dahin ist.



      Produzieren in Deutschland ist schlichtweg zu teuer und zu bürokratisch geworden, weshalb immer mehr Firmen ihre Produktion ins Ausland verlegen.



      Für die deutsche CO2 Bilanz ist es natürlich gut, wenn die Firmen jetzt im Ausland produzieren.

      • @Rudi Hamm:

        "Höhere Löhne kurbeln in erster Linie die Inflation an, womit der Nutzen höherer Löhne schnell wieder dahin ist."

        Das stimmt zum Teil schon. Bei einer Erhöhung der kleinen Gehälter ist dieser Effekt aber nicht allzu gross.

        Wer 100% arbeiten geht, sollte davon auch ein gutes Leben finanzieren können und das ist leider nicht wirklich der Fall..

  • Höhere Steuern sind unnötig, fangen wir endlich an die Wohnungskonzerne zu zerschlagen, und davon abzukehren, dass die Leute 40-50 % ihres Einkommens in Miete stecken müssen!

    Die Mietbranche, beschäftigt gemessen am Umsatz sogut wie keine Personen, und bringt keinerlei Volkswirtschaftlich relevante Innovation hervor.

    Bedauerlich ist dabei, dass der Staat in form der überhöhten Grundsteuer, diese überteuerte Umverteilungsmaschine von unten nach Oben nun geradezu gesetzlich vorschreibt.

    Richtig wäre auf Vermieteten Wohnraum, dessen Kaltmiete z.B. weniger als 60% des Mietspiegels ausmacht, keinerlei Grundsteuer zu erheben.

    Auch muss der Steuerzahler diesen Unsin jährlich mit aber Milliarden € in Form von überteuerten Mieten von Sozialleistungs und Wohngeldempfängern bezahlen.

    Wenn wir endlich Anfangen dieses Problem zu lösen hat der Staat nicht nur viel mehr Geld. Sondern der Bürger wird auch mehr Mittel haben um den wirtschaftlich relevanten Binnenmarkt anzukurbeln.

    Langfristig werden wir uns diesen Wohnungsmarkt, weder Ökonomisch, noch Sozial leisten können.



    Es wird Zeit gegen zu steuern.

    • @Berglandraupe:

      Wenn sie dies machen, wird nie wieder ein privater Investor oder eine Privatperson Geld in den Mietwohnungsbau investieren. Nach und nach werden private Vermieter ihre Immobilie als Eigentumswohnung verkaufen - schneller als der Gesetzgeber es verhindern könnte.



      Dann müsste die öffentliche Hand für jede neu gebaute Mietwohnung aufkommen, was nur über ihre und meine Steuern geht. Dann zahlen sie als Mieter mit ihren Steuern nochmals die Miete für andere mit.



      Glauben sie ernsthaft, dass der Staat alleine dazu fähig wäre, wo er doch jetzt schon jämmerlich versagt.

  • Das ist nun einmal das Wesen des Kapitalismus, dass er unaufhörlich Ungleichheiten aller Arten produziert und ganz gut davon lebt. Ein progressives Steuersystem ist wünschenswert, bei Kapitalerträgen aber nur dann effektiv, wenn Einkünfte aus Kapitalbesitz international gleichmäßig abgeschöpft werden. Andernfalls würde die Flucht des Kapitals in die steuerlich jeweils günstigsten Staaten erfolgen.

    Eine Uraltdiskussion für die es bisher keine Lösung gibt. Und auf Privatkonsum als Wachstumsmotor zu setzen ist nun wirklich "oldschool" und aus der Zeit gefallen.

    Langfristig wird man sich wohl oder übel von der "heiligen Kuh" Wachstum lossagen und andere Wege beschreiten müssen.

    • @Sam Spade:

      Die lauthals beklagten Ungleichheiten sind der Motor der Wirtschaft. Den gab es im Sozialismus nicht, deswegen wurde das Modell wieder eingestampft.

  • Noch mehr Steuern. Der Staat beutet doch jetzt schon massig aus. Jetzt war wieder Zahltag für den Deutschen Staat. Erst zahlen seine Firmen 30% auf ihren Gewinn und von dem was dann übrig ist und ausgeschüttet wird muss der Eigentümer bzw. nochmal 25% plus X Zahlen.