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IWF-Kredit an ArgentinienDer Preis heißt Inflation

Jürgen Vogt
Kommentar von Jürgen Vogt

Argentinien bekommt vom IWF einen immensen Kredit. Doch damit sind fatale Auflagen wie die Abwertung des Peso verbunden.

Demo gegen die Sparpolitik Mileis – die Armut dürfte durch eine Abwertung des Peso weiter ansteigen Foto: AP / Rodrigo Abd

U S-Präsident Donald Trump hat Argentiniens rechtslibertären Präsidenten Javier Milei vor dem Absturz gerettet. Am Freitag gab der Internationale Währungsfonds (IWF) bekannt, dass er seinem größten Schuldner erneut mit einem riesigen Kredit unter die Arme greift. Argentinien erhält 20 Milliarden Dollar, zwölf Milliarden sofort und den Rest ein bisschen später. Argentiniens Zentralbank ist derart klamm an Dollarreserven, dass sie in absehbarer Zeit ihre Zahlungsunfähigkeit hätte verkünden müssen.

Es ist das zweite Mal nach 2018, dass der IWF eine rechtsgerichtete argentinische Regierung mit einem Milliardenkredit vor dem Abgrund bewahrt. Damals erhielt die Regierung von Präsident Mauricio Macri einen Rekordkredit von 55 Milliarden Dollar, von denen 44 Milliarden überwiesen wurden. Seitdem hängt das Land als Rekordschuldner am Tropf des IWF und muss Auflagen wie etwa die Liberalisierung des Wechselkurses und die Abwertung der Landeswährung umsetzen.

Damals wie heute führt die Unterstützungslinie direkt ins Weiße Haus zu Trump. Als größter Anteilseigner des IWF senkt oder hebt letztlich die US-Regierung den Daumen. Kein Wunder also, dass US-Finanzminister Scott Bessent diesen Montag zu einem Überraschungsbesuch nach Buenos Aires kommen will – ob zum Abkassieren oder mit einem Gastgeschenk ist nicht bekannt.

Einen Teil der Rechnung hat Milei schon beglichen: Ab Montag werden die Devisenkontrollen gelockert, der feste Wechselkurs wird teilweise freigegeben. Es wird erwartet, dass der Peso gegenüber dem Dollar um 20 bis 30 Prozent abgewertet wird. Während deshalb die exportierende Agrar- und Bergbauwirtschaft feiert, bangt die importabhängige Industrie – und in der Bevölkerung steigen die Sorgen.

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Die Formel „Verteuerter Dollar = Anstieg der Inflation“ kennt sprichwörtlich jedes Kind in Argentinien. Allein aus vorauseilender Erwartung dürften die Preise auf breiter Front steigen und die ohnehin schon beschleunigte Inflation anheizen. Die Armen werden am meisten leiden.

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Jürgen Vogt
Korrespondent Südamerika
Kommt aus Karlsruhe. Studierte Politische Wissenschaft in Hamburg und Berlin und arbeitete zwölf Jahre als Redakteur und Geschäftsführer der Lateinamerika Nachrichten in Berlin. Seit 2005 lebt er in Buenos Aires. Er ist Autor des Reisehandbuchs “Argentinien”, 2024, Reise Know-How Verlag.
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12 Kommentare

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  • Die Argentinier haben den Kettensägenmann mit Mehrheit ins Amt gewählt. Nun wird ihnen genau das serviert, was sie bestellt haben. Niemand kann sagen, man hätte nicht wissen können, welche Kahlschlagpolitik der Kettensägenmann umsetzen würde; er hatte es während des Wahlkampfes oft und laut genug gesagt. Von daher hält sich mein Mitleid in Grenzen.

  • Milei ist kein sympathischer Zeitgenosse, aber die Berichte über Argentinien fühlen sich für mich wie Stimmungsmache an.



    Die konservative Regierung hat 2018 das Geld zugesprochen bekommen, aber die nachfolgende Regierung ab 2019 unter dem Peronisten Fernandez hat das Land weiter in den Ruin getrieben und die Inflation bis auf fast 300% pro Jahr getrieben. Dass die Argentinier jemanden wie Milei gewählt haben der mit dem System komplett bricht hat gute Gründe.



    Und welche Alternativen gibt es zur Abwertung? Bei einem überbewerteten Peso Kurs kann die Wirtschaft nie gesunden. Alternativen wie Kapitalkontrollen und permanente Subventionen haben die letzten Jahrzehnte nicht funktioniert und treiben das Land nur von einem Staatsbankrott in den nächsten.

    • @Bmit:

      Freilich, noch kreativer war der Artikel im Spiegel letzte Woche, in dem die Hamburger Kollegen zähneknirschend einräumten, dass die Armut in Argentinien seit und durch Mileis Reformen tatsächlich messbar gesunken ist, aber: Das FÜHLE sich nicht so an. Wow.

  • "Argentiniens Zentralbank ist derart klamm an Dollarreserven, dass sie in absehbarer Zeit ihre Zahlungsunfähigkeit hätte verkünden müssen."



    Tja, Argentinien braucht eben Dollars. Warum? Weil niemand in argentinischen Pesos bezahlt werden will. Und warum will niemand in argentinischen Pesos bezahlt werden? Weil davon zu viele gedruckt werden...

  • Wenn in Argentinien die Armen unter dem Schuldenmachen und der Inflation am meisten leiden und Reiche mit Sachwerten sich die Hände reiben, warum wird dann genau derselbe Weg hier in Deutschland von dieser Zeitung bejubelt?

    • @Axel Berger:

      Das ist eine im Bürgertum weit verbreitete Krankheit 😉

  • Hier schreiben Sie "Der Preis heißt Inflation". Bei der Megaverschuldung unter dem Deckmantel "Sondervermögen" ist der Preis auch Inflation und Verteuerung der Lebenshaltungskosten. Nur hier wird immer geschrieben die sei gut.



    Verschuldungen in hohem Maße sind NIE gut und führe immer zu Inflation. Ich kenne kein Gegenbeispiel, wo hohe neue langfristig geholfen haben, sie etwa?

    • @Hans Dampf:

      Na ja. Da wäre Roosevelts Neuw Deal.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Die Diskussion endet recht schnell in einer no true scotsman fallacy, da der New Deal nicht zu solchen Problemen geführt hat war die Verschuldung nicht zu hoch. Wobei wie wirksam der New Deal war eine ganz andere Diskussion ist, letztlich beendete der zweite Weltkrieg die Wirtschaftskrise in den USA.

        • @Machiavelli:

          Nicht ganz. Tiefpunkt war in den USA 1933.

          Der Krieg hat dann alles verändert. Allerdings ist es schwer, in der Geschichte Dinge zu finden, bei denen nicht nach einiger Zeit ein größeres Ereignis eintrat, das vieles veränderte.

          Hans Dampf geht es auch wohl eher darum, Schulden per se zu verdammen 😉

  • So funktioniert die Kapitalmarkt Demokratie. Internationale Organisationen stützen Regierungen oder bringen sie zu Fall - jenachdem ob sie den Personen an der Spitze gefallen oder nicht.



    Griechenland kann hier ein Lied von singen.

  • Wen kümmern schon die Armen? Hauptsache Kettensäge!