IS in Syrien und Irak: Belagerung und Anschläge
Bei einem Doppelanschlag in Bagdad sterben Dutzende Menschen. Der Kampf um die syrisch-kurdische Stadt Kobani dauert in unverminderter Intensität an.
BAGDAD/KOBANI/SANTIAGO dpa/ap | Neue Angriffe im Irak, Sturm auf Kobane: Scheinbar unbeeindruckt von internationalen Luftangriffen setzt die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ihren Vormarsch fort. Aktivisten zufolge griffen sie etwa die nordsyrische Kurdenhochburg Kobani gar von drei Seiten an.
Im Irak starteten die sunnitischen Extremisten einen neuen Versuch, in Richtung Bagdad vorzurücken. Wie das Nachrichtenportal Sumaria News berichtete, zielte die Offensive auf eine Übernahme der strategisch wichtigen Stadt Amirijat al-Falludscha ab. Irakische Streitkräfte und Stammeskrieger hätten die Terrormiliz jedoch zurückschlagen können.
In der irakischen Hauptstadt selbst starben bei zwei Anschlägen mindestens 23 Menschen. Dutzende seien verletzt worden, meldete die Nachrichtenagentur INA unter Berufung auf Armeeangaben. Nach anderen Quellen könnte die Opferzahl jedoch deutlich höher sein. Die Attentate zielten auf Viertel ab, die von Schiiten bewohnt werden.
Auch in der Region Kara Tepe rund 150 Kilometer nordöstlich von Bagdad explodierten nach kurdischen Angaben insgesamt drei Autobomben vor einem lokalen Regierungsgebäude, einem Stützpunkt kurdischer Sicherheitskräfte und einem kurdischen Parteibüro. Den Sicherheitskreisen zufolge gab es dabei 14 Tote und 20 Verletzte.
Ismat Hassan vom Verteidigungsrat in Kobani sagte der kurdischen Nachrichtenagentur Welati, seine Kämpfer hätten in der Nacht auf Samstag mindestens zwei Selbstmordanschläge von IS-Angreifern in der Nähe des Zentrums vereitelt. Im Laufe des Samstags wehrten kurdische Kämpfer nach Informationen der syrischen Menschenrechtsbeobachter erneut zwei Selbstmordattentäter ab.
Der Aktivist Farhad al-Schami sagte der dpa am Telefon, es gebe heftige Gefechte im Süden, Westen und vor allem im Osten der Stadt. Die militärisch besser ausgerüsteten Dschihadisten versuchen zudem seit Freitag die Versorgungsroute der Kurden zur türkischen Grenze zu erobern.
Weiter Luftangriffe gegen IS
Die USA versuchen die Kurden, mit Luftangriffen zu unterstützen. Bei vier Angriffen seien nahe Kobani ein IS-Gebäude zerstört, ein Kommandozentrum beschädigt sowie eine Kampfstellung und zwei kleine Einheiten der Milizen getroffen worden. Bei zwei weiteren Angriffen hätten die Kampfpiloten drei Lastwagen zerstört, teilte das US-Kommandozentrum in Tampa über die Einsätze am Freitag und Samstag mit.
Auch im Irak seien von den USA und Verbündeten Angriffe auf den IS geflogen worden. Zudem habe man das irakische Militär durch Nahrungs- und Munitionsabwürfe aus der Luft unterstützt. An den Einsätzen im Irak nahmen demnach auch niederländische Flugzeuge teil.
Sollte der IS Kobani erobern, hätten die sunnitischen Extremisten einen durchgängigen Grenzstreifen von mehr als 200 Kilometern zum Nato-Land Türkei unter ihrer Kontrolle. Die Regierung in Ankara lehnt eine Bodenoffensive gegen den IS im Alleingang jedoch ab. Sie drängt auf eine Strategie, die sich auch gegen das syrische Regime von Präsident Baschar al-Assad richtet.
„Gefährliche Situation“
Die Türkei hat sich auf Bitten der USA zur Ausbildung moderater syrischer Rebellen auf ihrem Territorium bereit erklärt. Das teile ein ranghoher US-Beamter am Samstag mit. Kurz zuvor hatte Pentagonechef Chuck Hagel bei einem Besuch in Chile von „erheblichen Fortschritten“ in den Bemühungen gesprochen, Ankara im Kampf gegen die Dschihadistengruppe Islamischer Staat zu einer aktiveren Rolle zu bewegen.
Mit Blick auf die Kämpfe um die syrisch-kurdische Stadt Kobane sagte der Pentagonchef, die US-Luftangriffe gegen die IS-Einheiten würden fortgesetzt. Doch bedrohten die Extremisten die Stadt an der Grenze zur Türkei weiterhin und hielten Teile des Randgebiets besetzt. „Es ist eine gefährliche Situation“, fügte Hagel hinzu. Das US-Militär tue aus der Luft was es könne und habe dabei einige Fortschritte erzielen können, sagte Hagel weiter.
Zu Bagdad gab er eine optimistischere Einschätzung der Sicherheitslage ab. Über die irakische Hauptstadt hätten die örtlichen Truppen die „volle Kontrolle“, betonte er. Die USA unterstützten die Region auch weiterhin militärisch.
Artikel wurde um 13:19 Uhr aktualisiert.
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