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IDENTITÄT Als Yasmin Yildirim von ihrem Onkel vergewaltigt wird, steht die Mutter ihr nicht bei. Das Ansehen der traditionellen Familie steht auf dem Spiel. Über eine Frau, die an den Gegensätzen ihrer Lebenswelt fast zerbrichtGegen die Wand

Aus Berlin Simone SchmollackFotos Dagmar Morath

Ihr Cocktail ist blutrot. Ein „Zombie“: Wodka, zwei Sorten Rum, Tequila, Grenadine, ein Schuss O-Saft. Hartes Zeug.

Yasmin Yildirim nimmt einen kräftigen Schluck. Sie sitzt auf einem Barhocker an der Theke des Xara Beach, einem Klub am Kotti. Hier am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg laufen Frauen in engen Jeans und Kopftuch über die Straßen, Junkies, Touristen, und Männer mit Jutebeuteln.

In den sechziger Jahren zogen viele Arbeitsmigranten aus der Türkei in diese Gegend, heute werden hier viele Läden von ihnen, ihren Kindern und Enkeln betrieben: Restaurants, Imbisse, Zeitungs- und Gemüseläden. Und eben auch dieser Nachtklub.

Frauen mit Lippen, so rot wie Yildirims Drink, in tief ausgeschnittenen Blusen und schwindelerregend hohen Highheels. Männer in weißen Hemden mit Dreitagebärten. Kellner tragen Champagnerflaschen in Eiskübeln an Tische mit weißen Decken. 100-Euro-Scheine wandern über die Theke. Es ist laut, es ist voll, es ist stickig.

Yasmin Yildirim, 38, ist eine schöne Frau. Makelloses Gesicht, halblange Haare, die Augenbrauen gezupft, perfekt geschminkt. Sie trägt weiße Leggings und ein schwarzes Spitzentop. Yildirim passt perfekt in dieses aufgestylte Nachtleben. Männer starren sie an, sie genießt das. Und doch sagt sie: „Die türkische Nachtszene hat mich kaputt gemacht.“

Yildirim war in diese Szene geflohen, vor vielen Jahren, mit Mitte zwanzig. Hier hat sie sich mit Alkohol und Sex betäubt. Sie hat versucht, ihre Unsicherheit wegzutrinken, sich selbst zu finden, rauszukriegen, wer sie ist: eine Türkin oder eine Deutsche? Sie hatte keine Antworten auf Fragen wie: Wie soll ich leben? Mit wem will ich befreundet sein? Welcher Mann passt zu mir, ein deutscher oder ein türkischer? Was ist eigentlich Familie? Deutsch, türkisch – das sind für Yildirim bis heute feste Kategorien.

Sie sagt: „Ich war total zerrissen.“ Zerrissen zwischen zwei Kulturen, die ihr Leben ausmachten: der türkischen und der deutschen. Zerrieben zwischen den Ansprüchen, die ihre Familie an sie stellte, und dem Leben, das sich ihr auf den Straßen in Berlin präsentierte.

Zu Hause machte sie das, was die Eltern von ihr verlangten: Sie schlich durch die Wohnung, sammelte die Teebecher der Gäste auf einem Tablett ein, sie widersprach nicht. So gehört sich das für ein Mädchen, hatte die Mutter ihr eingebläut. Und in der Schule? Da prügelte sie sich mit Jungs und spielte mit einem Butterflymesser herum.

Es ist die Kluft zwischen Tradition und Moderne. Hier Strenge, Kontrolle, patriarchale Rollenmuster. Dort weitgehende Gleichstellung der Geschlechter, Freiheit, Alkohol, Drogen, Sex ohne besondere Regeln.

Eine stereotype Zuschreibung, gewiss. Gegen die sich manche MigrantInnen wehren, weil sie sich reduziert fühlen auf schlichte Bilder und Vorurteile. Und manche Kultur- und SozialwissenschaftlerInnen meinen, die deutsche Mehrheitsgesellschaft würde diese Kluft erst herstellen, indem sie sie als solche beschreibe.

Vielerorts verschwimmen die Grenzen zwischen den Kulturen. Sie vermischen sich, mitunter spielen sie keine Rolle mehr. In solchen Fällen spricht der Sozialanthropologe Werner Schiffauer von der Viadrina in Frankfurt (Oder) von „transnationalen Lebenswelten“: Darin gehören Orte wie Berlin und München, Istanbul und Izmir ganz selbstverständlich zum gleichen Lebensraum. Da finden „transnationale Hochzeiten“ statt, bei denen ein Paar individuell nach Faktoren wie Arbeitsmarkt und Karrierechancen entscheidet, wo es leben will. Und nicht danach, ob und was die Familie diktiert.

Diesen Wandel treiben vor allem junge migrantische Frauen voran, sagt Naika Foroutan, Professorin für Integrationsforschung und Gesellschaftspolitik an der Humboldt-Universität in Berlin. Die Frauen seien das Vorurteil über die patriarchale Unterdrückung leid, sagt Foroutan. Und zählt auf, dass es türkischstämmige Politikerinnen gebe, Journalistinnen, Wissenschaftlerinnen, Schauspielerinnen. 45 Prozent der migrantischen Frauen bis 29 Jahre haben Abitur oder Fachhochschulreife. Fast genauso viele wie bei jungen Frauen der Mehrheitsgesellschaft.

Yildirim weiß das alles. Aber das betreffe wenige Frauen, sagt sie. In den meisten Familien bestimme die Tradition, was zu passieren habe. Mit allen Konsequenzen: Beschimpfungen, Stigmatisierung, Ausschluss aus der Familie, schlimmstenfalls Mord. Aus Angst, dass ihr Ähnliches passieren könnte, will Yildirim in der Zeitung nicht ihr Gesicht zeigen.

Yildirim wird in Berlin geboren, in einer „traditionell türkischen Familie“. Die Eltern kamen in den achtziger Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland. Einfache Leute, die Mutter Altenpflegerin, der Vater Lkw-Fahrer. Erst kommt sie auf die Welt, zwei Jahre später ihr Bruder. Die Kinder werden streng erzogen, sagt Yildirim. Für sie als Mädchen heißt das, schon als Achtjährige zu kochen, zu putzen, die Wäsche zu machen.

Yildirim hat zu funktionieren. So wie die Mutter, eine Frau, die tat, was sie glaubte tun zu müssen. Die sich keine Erholung gönnte und kaum Lebensfreude. Die Mutter verlangte von ihrer Tochter, was sie sich selbst abtrotzte. Und der Vater? Ein liebevoller, aber dominanter Mann. Alles, was Freude bereitet, ist aus der Wohnung verbannt. Yildirim darf nicht singen, nicht tanzen. „Ein Mädchen tut so etwas nicht“, befiehlt die Mutter. Yildirim hört ständig Sätze wie: „Ein Mädchen muss brav sein.“ „Ein Mädchen muss bescheiden sein.“ „Ein Mädchen darf nicht auffallen.“

Yildirim hat diese Anweisungen verinnerlicht. Sie ist ein stilles, unauffälliges Kind, mit Brille, klein und zart. Es fürchtet die strafenden Blicke der Mutter. Und ihre Schläge. Manchmal, wenn das Mädchen die Wäsche nicht korrekt in den Schrank einsortiert, zerrt die Mutter sie wieder heraus, Yildirim muss noch einmal falten, glätten, stapeln.

Heimliche Knutschflecke

Aber jedes Mal, wenn sie die Wohnung verlässt, wenn sie in der Schule ist, auf der Straße, wenn sie mit anderen Mädchen zusammen ist, vor allem mit den deutschen, dann spürt sie, dass das ein anderes Leben ist. Ihre „deutschen Freundinnen“, wie sie sie nennt, kochen keinen Tee für den Onkel. Sie schminken sich, sie hören Musik und gehen in die Disko. All das darf Yildirim nicht. Ihr Vater schlägt sie, als sie Jungs mit nach Hause bringt. Als sie mit 16 einen Knutschfleck hat, bleibt sie aus Angst vor Schlägen über Nacht weg.

„Ich fühlte mich zu Hause wie eingesperrt“, sagt sie. „Ich durfte nichts.“ Wenn sie mit ihren Freundinnen zusammen ist, erzählt sie nichts von daheim. Das Familienregime mit seinen Verboten ist ihr peinlich. Sie will anerkannt sein, keine türkische Außenseiterin.

Yildirim lernt, zwei Rollen zu spielen. Zu Hause ist sie das brave Mädchen, das Anweisungen befolgt und Regeln einhält. Draußen ist sie wie die anderen Mädchen. Sie raucht und klopft Sprüche, nur ihre dunklere Haut und ihre schwarzen Haare fallen noch auf. Wenn sie von einer Welt in die andere wechselt, ist es, als legte sie in sich einen Schalter um. An der Wohnungstür betätigt sie ihn. Andere Mädchen aus türkischen Familien, gehen wie selbstverständlich mit den unterschiedlichen Rollen um, sie spielen mit ihnen. Aber Yildirim machen sie fast verrückt.

Die Familien der Deutschen bestanden damals aus Mutter, Vater, höchstens zwei Kindern. Yildirims Familie bestand aus ihren Eltern, ihrem Bruder und ihr selbst. Aber da waren noch jede Menge Cousinen, Cousins, Tanten, Onkel, Neffen, Nichten, Großtanten, Großnichten, eine weit verzweigte Großfamilie. „Ich weiß nicht, wie viele insgesamt“, sagt Yildirim, „In jedem Fall sehr viele.“

Mit Mitte zwanzig betäubt sich Yildirim mit Alkohol und Sex, versucht rauszukriegen, wer sie ist: Türkin oder Deutsche?

Die Familie spielt im türkischen Kulturkreis eine große Rolle. Sie ist größer und bunter als die deutsche Durchschnittsfamilie. Die Gemeinschaft und die Meinung der Verwandten zählen mehr als die Wünsche des Einzelnen. „Aber trotzdem ist jede türkische Familie anders“, sagt Maja Wegener von Terre des Femmes in Berlin.

Die Menschenrechtsorganisation kämpft auf politischer Ebene darum, dass Mädchen und Frauen ein freies Leben führen können. Auf der lebenspraktischen Ebene betreibt die Organisation die Beratungsstelle Lana, für Opfer von „Gewalt im Namen der Ehre“.

Die Beraterinnen bei Lana haben 2014 über 500 Einzelberatungen durchgeführt. In 200 Fällen ging es um Zwangsheirat und sogenannten Ehrenmord. Bei acht Frauen war die Bedrohung durch die Familie so groß, dass die Frauen vor den Eltern, Onkeln und Tanten versteckt werden mussten. Manche haben ihre Identität gewechselt.

„In vielen traditionellen Familien steht das Ansehen der Familie ganz oben“, sagt Maja Wegener: „Das Individuum ist nicht so relevant. Wichtiger ist das Wirgefühl.“ Dieses Wirgefühl aber, das kann trügerisch sein, hat Familientherapeutin Wegener in ihrer jahrelangen Arbeit mit migrantischen Frauen erfahren. „Frauen glauben, die Familie stützt sie in schwierigen Situationen. Nicht selten aber werden diese Hoffnungen enttäuscht.“

Das Schweigen der Mutter

Yildirim hat das erlebt. Sie war etwa zehn Jahre alt, da passierte es. Ihr Vater war mit dem Lkw unterwegs, und die Wohnung musste renoviert werden. Ein Onkel sollte das machen. Yildirim war mit ihm allein, sie war gerade in der Küche, da stand der Onkel plötzlich hinter ihr. Du hast schöne Haare, habe er gesagt. Und dann das Mädchen gepackt, ins Schlafzimmer geführt und aufs Bett geworfen. „Er mich vergewaltigt“, sagt Yildirim. Sie habe geschrien, aber niemand habe es gehört, niemand habe geholfen. Als sie den spitzen Schraubenzieher in seiner Hand an ihrem Hals spürte, sei sie verstummt. „Er steckte seine Zunge in meinem Mund, sein Atem roch nach Bier. Eklig“, erinnert sie sich: „Es war schlimm. Und es tat so weh.“

Als die Mutter nach Hause kommt, will das Mädchen alles erzählen. Aber die Mutter schimpft nur: „Warum hast du die Wäsche nicht weggeräumt? Warum ist das Essen nicht fertig?“ Yildirim bringt nicht mehr raus als „Mama.“ Sie flüchtet sich in Schweigen und übersteigerte Sauberkeit. Sie putzt, wischt und wienert in jeder freien Minute.

Drei Monate später vertraut sich Yildirim einer Cousine an. Die erzählt es ihrer Mutter und die einer anderen Verwandten, die wiederum der nächsten Frau. Es dauert eine Weile, bis die Nachricht vom Missbrauch ihrer Tochter bei Yildirims Mutter ankommt. Yildirim ist froh, dass es raus ist: Endlich wird mir geholfen.

Sie hofft, dass die Mutter ihr nun endlich beisteht, sie tröstet, in den Arm nimmt. Aber die Mutter sagt: „Wir gehen zu einem Frauenarzt. Der soll feststellen, ob du noch Jungfrau bist.“ Yildirim versteinert.

Die Jungfräulichkeit eines Mädchens entscheidet noch heute über das Wohl und Wehe einer traditionellen Familie, hat Maja Wegener von Terre des Femmes in ihrer Berufspraxis erfahren. „Eine Frau, die nicht verheiratet und keine Jungfrau mehr ist, beschmutzt das Ansehen einer Familie“, sagt die Frauenrechtsexpertin: „Dann ist es auch schwierig, andere Kinder dieser Familie zu verheiraten.“ Weil sie ohne die Reinheit der Jungfräulichkeit als schmutzig gelten und damit nichts mehr „wert“ sind.

Bevor die Mutter Yildirim zum Gynäkologen schleifen kann, haucht das Mädchen wie in Trance: „Der Onkel hat nichts gemacht.“ Die Familienehre ist wiederhergestellt.

Die Diskokugel im Xara Beach, dem Klub am Kotti, dreht sich, aus den Boxen dröhnt ein Song des türkischen Popstars Tarkan. Auf der Tanzfläche schwingen zwei Frauen ihre Hüften und schlenkern mit den Armen. Yildirim sagt: „Schauen Sie sich all die Männer an: Die glotzen wie verrückt, die würden die beiden heute Abend am liebsten im Bett haben. Aber zum Heiraten taugen die Frauen nicht mehr.“ Einfach nur, weil sie so tanzen? „Einfach nur, weil sie so tanzen“, sagt Yildirim.

„Was ist das für eine Welt?“, fragt die junge Frau. Nach außen aufgeklärt und locker im Umgang mit den Geschlechtern, mit Erotik, so ein Abend im Xara Beach offeriert: Alles ist möglich, heute Sex mit dem, morgen mit einem anderen. „Aber das ist ein Trugschluss“, sagt Yildirim: „Wer sich so verhält, stellt sich gegen die Familie.“ Und die Familie stellt sich gegen die abtrünnige Tochter.

Yildirim hat zu Hause keine Chance, offen über den Missbrauch zu reden. „Das geht in einer traditionellen türkischen Familie nicht“, sagt sie. Ihr Vater bricht zwar zusammen, als er davon erfährt. Aber er kann seiner Tochter nicht helfen. Er ist Teil der weitverzweigten Großfamilie, die darauf bedacht ist, die Familienehre hochzuhalten.

Yildirim beschließt, sich zu rächen. Die Klubs, in denen sie ihre Nächte verbringt, heißen Matrix, Antalya, Sera. Viele gibt es nicht mehr. Sie lässt sich einladen und aushalten, Champagner hier, eine goldene Kette dort. Sie schläft mit Männern, die sie mag, und mit Männern, von denen sie nicht mehr weiß als den Vornamen. „Einer war ein richtiger Fettsack“, sagt sie. Sie glaubt, so ihre Wunden heilen zu können, sich über die Regeln ihrer Familie hinwegzusetzen.

Als Yildirim nach ein paar Jahren begreift, dass nicht sie die Männer benutzt, sondern die Männer sie benutzen, will sie nicht mehr leben. Sie nimmt Tabletten und ritzt sich mit einer Rasierklinge ihre Unterarme auf. Sie spürt keinen Schmerz und schneidet immer tiefer. Ihre Eltern finden sie bewusstlos, der Vater ruft zu seiner Frau: „Ruf einen Krankenwagen, schnell.“ Die Mutter sagt: „Nein, sie soll uns nicht schon wieder blamieren.“ Am Ende landet Yildirim in der Psychiatrie.

In einem Backsteinhauskomplex mit einem großen Park in einer ostdeutschen Kleinstadt lebt sie mehrere Wochen zusammen mit anderen Frauen und Männern, die mit dem Leben hadern. Yildirim sagt: „Es war die schönste Zeit meines Lebens.“

Sie schneidet Patientinnen und Schwestern die Haare, das kann sie gut, sie hat eine Ausbildung zur Friseurin gemacht. Sie wird von allen gemocht, niemand kann glauben, dass diese junge, fröhliche Frau nicht mehr leben wollte. Es war ganz einfach: In der Klinik erwartete niemand etwas von ihr. Sie musste keine Rolle spielen. Keine türkische, keine deutsche. In der Psychiatrie konnte Yildirim so sein, wie sie war. „Das erste Mal in meinem Leben“, sagt sie. Sie beschließt, ihr Leben von vorn zu beginnen – und zu heiraten.

Nach der Psychiatrie

In einer Ehe, glaubt sie, bekommt ihr Leben eine klare Richtung, einen Sinn. Aber so eine Hochzeit, das erfährt sie rasch, die geht nicht so einfach, nicht ohne ihre Familie. Die Familie bietet Yildirim drei Cousins als Kandidaten an. Sie wählt einen, der nicht in Berlin wohnt, sondern in Bremen. In einer anderen Stadt wird alles gut. Es ging auch gut, am Anfang. Sie machte ein Kosmetikstudio auf und bekam eine Tochter. Alles war prima. Bis auf die Liebe. Denn mit ihrem Ehemann, ihrem Cousin, mit dem wird sie nicht warm. Und der nicht mit ihr. Eine arrangierte Ehe ohne Leidenschaft, ohne Vertrauen und Verständnis füreinander. Das will sie nicht.

Bald will Yildirim ihren Mann verlassen, gemeinsam mit der Tochter. Doch der Mann sagt: Das Kind bleibt hier. Ich bin der Vater und bestimme, was passiert. Yildirim zieht aus, um die Ecke, und sieht ihre Tochter regelmäßig. Die Großfamilie, die es auch in Bremen gibt, beobachtet sie Tag und Nacht. „Alle haben sich eingemischt, ich war unter ständiger sozialer Kontrolle“, sagt Yildirim.

Sie beschließt, nach Berlin zurückzukehren. Hier hat sie keine Arbeit und wohnt, bis sie eine eigene Wohnung findet, bei ihren Eltern. Sie fühlt sich allein und isoliert, sie sehnt sich nach ihrer Tochter, die sie nur einmal im Monat sieht. Dann fährt sie nach Bremen und trifft sich mit ihr am Samstagnachmittag. Spaß hat sie nur in den türkischen Klubs.

Doch das ist nicht mehr so wie früher. Sie ist nicht mehr der gleiche Mensch, sie ist jetzt älter, sie hat eine Tochter. Und die will sie jetzt zu sich holen. Damit trifft sie erneut auf ihre kulturelle Zerrissenheit. Sie will mit ihrer Familie zusammen sein, sie will sich aufgehoben fühlen in ihr. Aber ihre Tochter vom Vater aus Bremen nach Berlin zu holen und hier als Alleinerziehende zu leben, so wie viele deutsche Frauen – „das ist fast unmöglich“, sagt Yildirim. Sie versucht es trotzdem. Einen Mittelweg, ein Dazwischen, das gibt es nicht. „Nicht für mich.“

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