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Human Rights Watch kritisiert KurdenVorwurf von Massenhinrichtungen

Die NGO wirft den Peschmerga vor, hunderte IS-Kämpfer hingerichtet zu haben. Ein Sprecher der Kurden sagte, die Männer seien bei Kämpfen getötet worden.

Schwere Vorwürfe gegen die Peschmerga: Kämpfer bei einer Übung mit Bundeswehrsoldaten (Archivbild) Foto: dpa

Bagdad afp | Human Rights Watch (HRW) hat den kurdischen Sicherheitskräften im Nordirak die außergerichtliche Hinrichtung hunderter Kämpfer der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) vorgeworfen. Die kurdischen Polizeikräfte Assajesch hätten vergangenen Sommer „eine Woche lang jede Nacht“ nahe der Ortschaft Sumar gefangene IS-Mitglieder getötet, erklärte die stellvertretende HRW-Direktorin für den Nahen Osten, Lama Fakih.

Womöglich seien so mehrere hundert männliche Gefangene erschossen worden, erklärte sie. Demnach wurden die Leichen in einem Massengrab verscharrt. HRW stützt sich auf die Aussagen eines früheren Mitglieds der kurdischen Sicherheitskräfte und von sechs Anwohnern. Die Menschenrechtsorganisation forderte umgehend „transparente Ermittlungen“, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Laut den HRW-Recherchen hatten kurdische Peschmerga zahlreiche irakische und ausländische IS-Kämpfer in einer Schule in Sahel al-Maliha inhaftiert. Von dort hätten die Assajesch sie zunächst in ein Gefängnis von Schiglia gebracht, bevor sie an zwei Stätten nahe Sumar geführt worden seien, wo sie hingerichtet worden seien. Demnach erfolgten die Hinrichtungen zwischen dem 28. August und dem 3. September.

Ein Vertreter der kurdischen Autonomieregion bestritt die Angaben. Dindar Sebari sagte HRW, Peschmerga und Assajesch hätten in der Region gegen eine IS-Gruppe gekämpft, die nach Syrien zu entkommen versuchte. Vermutlich seien die bei den Kämpfen getöteten IS-Kämpfer an einen Ort gebracht und dort begraben worden, sagte der Koordinator der Autonomieregierung für Außenbeziehungen.

Allerdings liegt das Massengrab laut HRW 40 Kilometer vom Ort der Kämpfe entfernt. Außerdem sei damit nicht erklärt, warum die Leichen laut den Augenzeugen alle mit einer Kugel im Kopf gefunden wurden, erklärte die Menschenrechtsorganisation.

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23 Kommentare

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  • Die westlichen Verbündeten der Peschmerga werden sicherlich entsprechend Druck aufbauen, damit dieses Verbrechen aufgeklärt wird. Oder?

    Na, vielleicht führt der Druck von HRW und internationalen Medien tatsächlich dazu, dass ein bisschen was getan wird. Man soll ja die Hoffnung nicht aufgeben.

     

    Auf jeden Fall bin ich froh, dass es HRW und AI und andere "Gutmenschenorganisationen" gibt, die Mord als Mord benennen und nicht propagandistisch rechtfertigen, egal von welcher Seite er ausgeht.

    • @Earendil:

      Für unsere Truppenursel scheint das Thema jedenfalls keine Rolle zu spielen, und bei der innerdeutschen Diskussion über ihren Irakbesuch auch nicht. Übel.

  • Daß bei der Bekämpfung des IS kaum noch Gefangene gemacht werden ist keine Neuigkeit. Gefällt mir nicht, ist aber angesichts der unmenschlichen Kriegsverbrechen dieses Vereins zu verstehen.

     

    Eine interessante Frage wäre, warum die von Soros finanzierte Außenstelle der US-Regierung (HRW) das zu diesem Zeitpunkt an die große Glocke hängt.

    • @jhwh:

      Dass grade Sie mit Kriegsverbrechern sympathieren und Menschenrechtsorganisationen verleumden, überrascht jetzt nur so mittel. Was anderes als Propaganda für Mörder und Faschisten machen Sie ja in den Kommentarspalten kaum.

      • @Earendil:

        Noch einer mit funktionaler Leseschwäche. Wie Sie von "Gefällt mir nicht..." auf "sympathisieren" kommen, wird wohl Ihr Geheimnis bleiben.

         

        HRW muss man nicht verleumden. Einfach Wikipedia lesen:

         

        "Im Mai 2014 richteten die Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel und Mairead Maguire, der ehemalige stellvertretende UNO-Generalsekretär Hans von Sponeck, der UN-Sondergesandte Richard Falk und über hundert Wissenschaftler einen offenen Brief an Kenneth Roth, in dem sie die Nähe von Human Rights Watch zur Regierung der USA u. a. in Form des „Drehtürsystems“ zwischen Human Rights Watch und der US-Regierung kritisierten und die Organisation aufforderten, diesen Zustand zu beenden."

         

        "Financier and philanthropist George Soros of the Open Society Foundation announced in 2010 his intention to grant US $100 million to HRW over a period of ten years to help it expand its efforts internationally. He said, "Human Rights Watch is one of the most effective organizations I support. Human rights underpin our greatest aspirations: they're at the heart of open societies." The donation increases Human Rights Watch's operating staff of 300 by 120 people. The donation was the largest in the organization's history."

         

        Fragen Sie doch einfach mal nach, bevor Sie Ihre Unterstellungen absondern.

      • @Earendil:

        PS: "Eine interessante Frage wäre, warum [hrW] das zu diesem Zeitpunkt an die große Glocke hängt."

         

        Vermutlich, weil ihre Quelle ("Nadim") sich jetzt offenbart hat und auch die sonstigen Recherchen von HRW soweit gediehen waren.

         

        Aber das ist natürlich eine langweilige Antwort. Ihr Verschwörungsexperten werdet schon eine spannendere Variante (er)finden, warum diese verjudeten amerikanischen Menschenrechtsfreunde das grade zu diesem Zeitpunkt veröffentlicht haben.

    • @jhwh:

      Genau da liegt doch der Hase im Pfeffer und nicht etwa bei Menschenrechten, um die sich gerade die US-Regierungen in der Regel einen Scheißdreck kümmern.

  • Darum geht es bei Menschenrechten:

    sie gelten auch für Terroristen und auch die Guten werden kritisiert.

  • Ich hätte mir das anders gewünscht, denn es wirchtig, nicht so zu werden wie der IS. Andererseits kann ich nachvollziehen, dass diese Kurden, die ja teilweise viele Menschen an den IS verloren haben, nicht zimperlich vorgegangen sind. Aber es hätte so nicht sein dürfen und es müsste jetzt untersucht werden und zwar ganz dringend. KRK sollte nicht zu einem Klein-Syrien, Klein-Iran oder Klein-Irak werden - Rechtsstaatlichkeit sollte deswegen gerade gegen IS-Kämpfer angewendet werden!

  • Die IS-Kämpfer hätten sich da sicher völlig anders verhalten, wären sie nicht zufällig mal die Gefangenen gewesen und hätte man sie nicht entwaffnet. Die sind ja berühmt für ihre strikte Einhaltung der Menschenrechte. Das Internet ist voll von Beweisen dafür.

    • @Rainer B.:

      Und was tut das zur Sache? Menschenrechte gelten, wie der Name schon sagt, für alle Menschen, nicht nur für die guten.

      • @Earendil:

        Schon, aber die guten müssen sich offenbar immer dafür rechtfertigen.

        • @Rainer B.:

          Logisch, von denen erwartet man halt mehr.

  • Es hilft zu wissen, dass die YPG und das Barzani-Regime wenig miteinander zu tun haben. Barzani wurde auch von der Türkei unterstützt, regiert in Teilen des Nordiraks und teilt die demokratischen Ideale der unabhängigen Kurden nicht. Die deutsche Regierung hat denn auch eher Barzani als die Kurden unterstützt, die sich für Demokratie eingesetzt haben.

    HRW ist sicher nicht neutral - aber neutral ist in diesem Konflikt wohl niemand. Eine unabhängige Untersuchung wäre sicher angebracht - aber auch eine Verurteilung der Aggressoren wie z.B. Erdogan.

    • @Velofisch:

      "Die deutsche Regierung hat denn auch eher Barzani als die Kurden unterstützt, die sich für Demokratie eingesetzt haben."

       

      Einsetzen für Demokratie macht sich immer gut, wenn man vom Westen Geld und Waffen will. Angesichts der jetzt im Raum stehenden Verbrechen ist gegenüber der ypg äußerste Skepsis angebracht.

      • @A. Müllermilch:

        Gegenüber den Peschmerga nicht gegenüber der YPG/SDF

        Man muss schon diejenigen in den Blick nehmen die es auch wirklich gewesen sind

      • 8G
        81622 (Profil gelöscht)
        @A. Müllermilch:

        Die Vorwürfe von HRW richten sich gegen Barsanis Peshmerga und nicht gegen die YPG. Die syrische YPG und Peshmerga sind verfeindet, vor allem seit August 2015, als Barsanis Peshmerga die Yesiden in Sindschar ISIS kampflos überlassen hat und die syrische YPG Teile dieser Yesiden retten konnte. Barsani steht für eine konservative, Clan-Struktur in Kurdistan und eine Art Protektorat der Türkei, während YPG für ein, von der Türkei, selbsttändiges, offenes Gesellschaftsmodel steht.

        • @81622 (Profil gelöscht):

          die ypg macht also Gefangene? ypg-Gefangenenlager wäre doch mal was für hrw.

  • HRW ist eng verbandelt mit der US-Regierung. Insofern sind sie nicht neutral.

    • 8G
      81622 (Profil gelöscht)
      @J_CGN:

      Erzählen sie doch keinen billigen Unsinn. HRW ist eine neutrale angesehene MR-Organisation, wie Amnesty. HRW hat die US-Regierung in vielen Fällen massiv kritisiert und verurteilt.

  • 9G
    97796 (Profil gelöscht)

    Hübsche Panzerfaust. Wird übrigens von Dynamite Nobel in Deutschland hergestellt und "vertrieben". Ist das da ein Stellvertretenderkrieg zwischen Rheinmetall und Dynamite Nobel?

  • Human Right Watch lügt hier nicht. Sie verfolgen nur die falsche Spur.Die Frage sollte eher lauten wieso kurz nach dem Fall von Mossul soviele getötet worden sind. Wie war das nochmals mit den Öldeals zwischen dem Nato-Partner Türkei, Barzani und dem IS?

    Wieviel ist tatsächlich über diese Route gelaufen? Diese Nachrichten wurden schon von einem Jahr auf Firatnews dokumentiert und aufgelistet. Dem HRW ist das also vor Ort nicht erst seit heute bekannt.