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Hohe Wohnkosten in DeutschlandNach Miete unterm Existenzminimum

Eine Studie offenbart: Mehr als 1 Million Haushalten bleibt nach Abzug der Wohnkosten kaum noch Geld zum Leben. Besonders betroffen sind Alleinerziehende.

Auf der Straße für bezahlbaren Wohnraum, hier auf einer Demo im Mai Foto: Christoph Soeder/dpa

Berlin rtr | Die hohen Wohnkosten bringen einer Studie zufolge fast jeden achten Mieterhaushalt in deutschen Großstädten in eine prekäre wirtschaftliche Lage. Knapp 1,1 Millionen oder 12,9 Prozent aller Mieterhaushalte bleibt weniger als das im Sozialrecht festgelegte Existenzminimum übrig, nachdem sie Miete und Nebenkosten bezahlt haben, wie die am Mittwoch veröffentlichte und von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie zeigt.

Dabei seien eventuelle Sozialtransfers und Wohngeld bereits berücksichtigt. Besonders stark betroffen sind demnach Haushalte von Alleinerziehenden: In dieser Gruppe bleibe einem guten Viertel nur ein Teil des Existenzminimums.

Gleichzeitig verstärkten hohe Wohnkosten die Einkommensspreizung in den Großstädten: Mieterhaushalte der höchsten Einkommensklasse haben den Angaben nach vor Abzug von Warmmiete und Nebenkosten im Mittel 4,4-mal so viel monatliches Nettoeinkommen wie die Haushalte der niedrigsten Klasse. Nach Zahlung der Bruttowarmmiete steigt dieser Faktor auf das 6,7-Fache. Grund dafür: Ärmere Haushalte müssten einen weit überdurchschnittlichen Anteil ihres Einkommens fürs Wohnen aufwenden, obwohl sie auf deutlich weniger Wohnraum in schlechter ausgestatteten Wohnungen leben.

„Die Wohnverhältnisse sind nicht nur Ausdruck, sondern selbst Faktor der sozialen Ungleichheit in unseren Städten“, so die Forscherinnen und Forscher der Berliner Humboldt-Universität, die die Studie erstellt haben. „Die ohnehin schon bestehende Einkommenspolarisierung wird durch die Mietzahlung verstärkt. Und: Wohnen kann arm machen.“

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6 Kommentare

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  • In dem Artikel ging es nicht um die Lage der Alleinerziehenden. Das ist ein anderer Kriegsschauplatz. Bitte nicht vom Thema ablenken. Denn B'90/Grüne wollen ja durch die CO2-Abgabe die Haushalte stärker belasten, denn es bleibt ja dabei, dass diese Abgabe allein vom Mieter zu tragen ist. Das ist ein weiterer Beweis für diese grün angestrichene CDU, dass es in der Wohnungspolitik keine Veränderung, sondern eine Verschärfung für die Armen geben wird.

    Das macht ja nix, das Prekariat wählt eh' nicht grün, wieso soll man sich für dieses undankbare Gesocks noch ein Bein austeißen - so denken übrigens alle bürgerlichen Parteien, nur die Art der Camouflage ist verschieden.

    Diese Art der Wohnungspolitik hat in den Niederlanden solche Blüten getrieben, dass in Amsterdam die Miete einer Wohnung von 500 Euro auf 2500 Euro per Monat kletterte. Dies wurde durch den Verkauf an die Heuschrecke "Blackstone" möglich. Also genau jener Klientel, der ein Friedrich Merz (CDU) seine volle Förderung widmen will auf Kosten der "Nicht-Mittelständler" mit einem Jahreseinkommen von unter einer Million Euro. Recht so. Arme sind unanständig und leben auch nicht vegan. Erst wenn sie verhungert sind, hinterlassen sie keinen CO2-Fußabdruck mehr, dafür stinken sie aber nach kurzer Zeit.

    Die Wohnungspolitik in der BRD stinkt auch zum Himmel, nur bieten die Parteien allenfalls Aromastoffe dagegen an, die man auf die FFP2-Maske tröpfeln kann. Die ätherischen Öle der B'90/Grünen sind dafür aber aus biologisch-nachhaltigem Anbau ohne Tropenhölzer.

  • Die Stromkostgen reißen alle in den Abgrund!

    Miete ist ja nicht allein das Problem, da sind die horrenden Energiekosten befeuert durch vielerlei Steuern und Abgaben, alles dem Privatverbraucher aufgebürdet. Für Arbeitslosengeld II Empfänger reduziert sich ihr Existenz Minimum noch durch - man kann es kaum glauben - Bankgebühren. Die Ärmsten werden herangezogen um Banken mit zu finanzieren die eigentlich im digitalen Zeitalter keine Geschäftsmodell mehr vorzuweisen haben und zu einem Teil die Energiekonzerne noch mit zu finanzieren über jenen Anteil den die Ämter einfach nicht genehmigen. Da gibt es zwar ein Urteil was Bankgebühren anbelangen, das wird aber von den Ämtern in den Wind geschlagen und weiterhin im Satz knapp über einem Euro für Bankgebühren ausgewiesen.



    Aber das ist noch lange nicht alles, was das Existenzminimum noch weiter einschränkt und so die Bewegungsfreiheit und Teilhabe fast unmöglich macht. Die Dummheit besteht darin das die Politik damit Menschen zu handlungsunfähigen psychisch angeschlagenen Mündeln degradiert und für die gesunde wollende Teilnahme am Markt regelrecht kastriert.



    Das Denken das diesem Handeln zugrunde liegt ist in der Vergangenheit zu finden. Und genau dort wollen viele Politiker wieder hin.

  • RS
    Ria Sauter

    Wie lange ist das schon ein Thema?



    Hat sich etwas geändert? Nö!



    Wird es auch nicht! Wetten?

  • "sind demnach Haushalte von Alleinerziehenden: In dieser Gruppe bleibe einem guten Viertel nur ein Teil des Existenzminimums."

    Naja, allein, Kind.. da kann man nur wenig oder gar nicht arbeiten. Das Problem liegt dann weniger an zu hohen Mieten als am zu kleinem Einkommen.

    Wie hoch darf die Miete denn sein, bei grade mal dreistelligem Gehalt?

    • @Wonneproppen:

      Sehr viele Menschen mit Kind, auch alleinerziehende, arbeiten durchaus. Tatsächlich sind die Mieten einer der größten Kostenfaktoren bei Kindern. Man braucht mit Kindern einfach eine größere Wohnung, pro Kind muss man als absolutes Minimum 10 bis 15 Quadratmeter extra rechnen. Bei getrennten Eltern kommt das dann doppelt. Das sind Kosten, die durch das Kindergeld nicht gedeckt sind und oft mehr ausmachen, als das was Kinder an Kleidung und Essen brauchen.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Alle beklagen die finanziellen Nöte der Alleinerziehenden - zu recht.



    Aber macht sich irgendjemand mal Gedanken, wie man das ändern könnte, also den Status der Alleinerziehenden (AZ)?



    Die Vereinzelung und damit die Vereinsamung in dieser Gesellschaft geht rasant weiter.



    Wie wäre es z.B. mit Wohnprojekten, die überwiegend AZ als große Wohngemeinschaft - mit jeweils einzelnen Wohnungen fördert?



    In Nürnberg gab es ein Projekt, das in diese Richtung ging. Alleinerziehende und Rentner zusammen in einem Haus. Beide sollten sich einbringen und Aufgaben für die anderen übernehmen.



    Omis passen teilweise auf Kinder auf (was sie sehr gerne tun wollten), die jungen kümmern sich um die Alten.



    Leider ist das Projekt am Egoismus der Bewohner gescheitert!



    Das Haus wurde gebaut aber nach dem Einzug hat jeder Seins gemacht.



    Bleibt zu hoffen, dass es in Berlin anders laufen könnte, ich bin mir fast sicher!



    Das Projekt wurde übrigens großzügig vom Familienministerium unterstützt!