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Höhere Strafen für Hartz-IV-EmpfängerBußgeld auch fürs Verschweigen

Die Bundesagentur für Arbeit verschärft die Sanktionsmöglichkeiten. Künftig gibt es auch eine Strafe, wenn zum Beispiel eine Erbschaft nicht angezeigt wird.

Die neuen Strafen gelten für alle ab 1. August eingereichten Anträge Foto: dpa

Berlin afp | Die Bundesagentur für Arbeit hat einem Bericht zufolge die Bußgeld-Regeln für Hartz-IV-Empfänger verschärft. Den Beziehern drohe ab sofort eine Strafe von bis zu 5.000 Euro, wenn sie den Jobcentern wichtige Informationen verschweigen, berichtete die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf eine neue interne Weisung der Bundesagentur.

Die Strafe könne verhängt werden, wenn Hartz-IV-Empfänger Angaben, die für die Festsetzung der Hartz-Leistungen wichtig sind, „nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig“ machen. Bisher drohten die Strafen nur, wenn die Betroffenen falsche Angaben gemacht haben; keine Strafen sind bislang vorgesehen, wenn die Betroffenen gar keine Angaben machten.

Die neue Weisung solle diese Regelungslücke schließen, berichtete die Zeitung. Die Neuregelung gilt dem Bericht zufolge für alle Anträge, die ab 1. August gestellt wurden.

Betroffen könnte beispielsweise ein Hartz-IV-Empfänger sein, der eine Erbschaft verschweigt und deshalb eine höhere Leistung erhält, als ihm zusteht. Bei leichten Vergehen sollten die Jobcenter zudem künftig Verwarngelder von bis zu 55 Euro verhängen dürfen; bislang waren es 50 Euro.

Wer die Verwarn- oder Bußgelder nicht zahle, müsse im äußersten Fall mit Erzwingungshaft rechnen. Dies solle vor allem bei den Hartz-Empfängern angewandt werden, die ihre „Zahlungsunwilligkeit deutlich zum Ausdruck gebracht“ hätten, zitierte Bild aus der Behördenanweisung. Zudem sollten die Jobcenter die zuständigen Ausländerbehörden informieren müssen, wenn ausländische Hartz-IV-Empfänger mit Bußgeldern von mehr als 1.000 Euro belegt werden.

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9 Kommentare

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  • "... die Bußgeld-Regeln für Hartz-IV-Empfänger verschärft. Den Beziehern drohe ab sofort eine Strafe von bis zu 5.000 Euro, wenn sie den Jobcentern wichtige Informationen verschweigen. [...] Wer die Verwarn- oder Bußgelder nicht zahle, müsse im äußersten Fall mit Erzwingungshaft rechnen."

     

    Die Bundesagentur für Arbeit, also die Behörde, die mit einem unglaublichen Bürokratismus und über 100.000 Mitarbeitern einen Aufwand betreibt der in gar keinem Verhältnis zu ihren Vermittlungserfolgen steht, wird jetzt also auch noch die Berechtigung vom BMAS erteilt, über arme Menschen mit einem Federstrich urteilen zu dürfen und sogar Erzwingungshaft in Erwägung zu ziehen und das obwohl von den Mitarbeitern im Jobcenter sicherlich niemand eine juristische Fakultät jemals von innen gesehen hat. Aber egal, immer drauf auf die Hartz-IV-Empfänger, denn wenn die Bildzeitung nur oft genug von "reichen Hartz IV Schmarotzern" berichtet, dann fällt dem naiven Bürger da draußen sicherlich auch nicht auf, dass Reiche bei uns in Deutschland immer noch keine anständigen Steuern zahlen müssen und das Manager bei uns Jahresgehälter beziehen wo einem "normalen Arbeitnehmer" schwindelig bei werden würde. Da ist Erzwingungshaft für Hartz-IV-Empfänger, die beim Jobcenter vergessen haben 100 Euro anzugeben oder einfach nur schusselig bei den Angaben des Antrages waren, auch einfacher als Reiche mal vernünftig zu besteuern, denn die drohen sofort mit ihren Anwaltskanzleien und haben außerdem überall noch ihre bezahlten Lobbyisten sitzen.

     

    5 Millionen Hartz IV Bezieher sind Bürger dritter Klasse in Deutschland geworden, die keine Rechte mehr besitzen und für die der Artikel 20 GG (... demokratischer und sozialer Bundesstaat) nicht mehr gilt.

  • Wie wollen denn Menschen die eine Grundsicherung bekommen, eine Strafe bezahlen? Selbst wenn man wollte, ginge das doch nur, wenn man auf grundsätzliches verzichten würde: Kleidung, Essen, Strom, o.ä.

    Und wie will die ARGE den Hilfebedürftigen beweisen, dass die fehlerhaften Angaben, absichtlich waren?

    Nachtigall, ick hör dir trapsen...

  • Immer schön draufhauen auf Menschen, die sowieso schon am Boden liegen!

    Meine Erfahrung mit der Hartz IV Antragstellung: "Jetzt habe ich schon einen Doktor und kann trotzdem nicht verstehen was Sie von mir wollen." Antwort der JobCenter Mitarbeiterin "Aber Ihr Doktor ist sicher nicht in Jura." Stimmt. Aber wenn DAS die Voraussetzung ist, das jemand den Antrag richtig ausfüllt, dann ist das ganze System darauf abgestellt dass Menschen die ihnen zustehenden Leistungen nicht abrufen können - sie ihnen also vorenthalten werden - und sie auch anders möglichst viele Fehler machen, die man dann genüßlich bestrafen kann.

    Jetzt also noch besser.

    Unterlagen verlieren, auf Nachfragen auf unverständliche Aufforderungen nicht reagieren, Gelder unbegründet zurückhalten und erst Monate später auszahlen - das sind alles Freundlichkeiten, die die Hartz IV Behörde mir schon gespielt hat. Natürlich straflos.

    Langsam aber sicher frage ich mich, ob es mit Gewalt versucht wird längere Zeit Arbeitslose in den Selbstmord zu treiben, damit die Statistik besser aussieht. Bei mir hat das mehrfach schon fast gereicht. Und jetzt wird das nochmal schlimmer gemacht.

    Da hat man doch große Sympatien, wenn man Artikel liest, die genau beschreiben, wie Großkonzerne Steuern vermeiden - und das alles legal, wie unsere Gesetzesgeber das so wollen.

    Wer sind die wahren Sozialschmerotzer?

  • Wir sollten nicht mehr verschweigen, dass wir Harz-IV und alle Sanktionen Scheiße finden.

  • Man könnte doch glatt von Sanktionen, den viel beklagten, auf Bußgelder umstellen. Bei Nichtzahlungen hamse im Knast wenigstens was zu essen. Oh, zeigt nur her, die neusten Folterinstrumente !

  • Solche Maßnahmen sind doch bei den "sinkenden" Arbeitslosenzahlen ein Schlag ins Wasser ;D.

    Interessanter Artikel mit schönen Tabellen: http://www.o-ton-arbeitsmarkt.de/o-ton-news/warum-es-in-deutschland-nur-rund-3-millionen-arbeitslose-aber-7-millionen-hartz-iv-und-arbeitslosengeldempfaenger-gibt

  • Über das , was die Job Center alles dürfen , gibt es heute einen sehr informativen Bericht zu lesen - in einem Medium , das bei der Taz nicht zitierfähig ist , ... im Unterschied zu der BLÖD .

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Gut, dass solch scharfe Regelungen auch bei Millionenerben gelten. Auch Konzerne sind eng an der Kandare, vor allem die, die ihre exorbitanten Gewinne nach Irland transferieren. Alles ist gut, wir schaffen das....