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Höcke wieder vor GerichtBald mehr Prozesse als Donald Trump

Björn Höcke ist erneut wegen Verwendung einer verbotenen SA-Parole angeklagt. Vor Gericht zeigt sich der ehemalige Geschichtslehrer uneinsichtig.

Höcke in einer Verhandlungspause Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Halle (Saale) taz | Natürlich will Björn Höcke sich zur Anklage äußern. Der Rechtsextremist und Thüringer-AfD-Vorsitzende stellt sich aufrecht hin, streicht sich die graue Krawatte zurecht und spricht im Justizzentrum Halle in einem deklamierenden Tonfall, wie man es schon von seinen politischen Reden kennt. Gerne redet er auch von sich selbst in der dritten Person: „Die Person Björn Höcke ist kein Normalbürger“, sagt er und beklagt einen Schauprozess, bei dem er rechnet, erneut verurteilt zu werden.

Es ist tatsächlich bereits der zweite Strafprozess gegen Höcke innerhalb kurzer Zeit. Verurteilt hatte ihn das Landgericht Halle bereits vor gut einem Monat für die Verwendung der verbotenen SA-Parole „Alles für Deutschland“ bei einem Wahlkampfauftritt in Merseburg im Mai 2021. 13.000 Euro soll ihn das kosten. Höcke hat Revision gegen den Richterspruch eingelegt. „Das Urteil hat mein Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat einreißen lassen, ja, ich habe es gänzlich verloren“, sagt er am Montag fast selbstmitleidig.

Im zweiten Prozess geht es nun um einen Auftritt Höckes in Gera. Auch dort soll der AfD-Politiker die Parole bei einem Parteistammtisch benutzt haben. Wie die Staatsanwaltschaft vortrug, habe Höcke bei einem Stammtisch der AfD im Lokal Waldhaus mit 350 Teilnehmern Bezug zu der ersten Anklage wegen genommen und dabei das Publikum per Handbewegung veranlasst den Satz „Alles für…“ zu vollenden und „… für Deutschland“ zu rufen. Im Laufe des Prozesstages fällt auch das Wort „Dauerdelikt“, weil ein Video davon immer noch auf Youtube aufrufbar ist und Höcke nichts dagegen unternommen habe. Bestraft werden kann das mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

Höcke behauptet nach der Anklage, dass er den Ausspruch der Zu­schaue­r*in­nen nicht bewusst provoziert habe. Auf der Richterbank scheint man angesichts des existierenden Video, das eine eindeutige Aufforderungsgeste zeigt, nicht überzeugt und fragt ungläubig nach: „Sie haben nicht damit gerechnet? Aber Sie sahen nicht so aus, als hätten sie sich darüber gewundert?“

Höcke sprach in Rede auch von Remigration

Die Sichtung des Videos macht klar, warum die Richterin so verwundert über Höckes Auffasung ist: Auf dem Video ist klar zu sehen, wie Höcke stimmlich und gestisch die Vervollständigung der SA-Parole forciert und sich sichtlich über die Reaktion durch das Publikum freut.

Das vor Gericht in voller Länge in Augenschein genommene Video verdeutlicht auch den ideologischen Hintergrund, mit dem Höcke den SA-Ausspruch nutzt. In seiner Rede führt er konkrete Vertreibungspläne unter dem Stichwort „Remigration“ aus, spricht davon, dass man in Deutschland auch gut mit 20 bis 30 Prozent weniger Menschen leben könne, auch machte er sich über den Verfassungsschutz lustig.

Eine als Zeugin geladene Polizistin, die der Staatsanwaltschaft damals ein auf Twitter kursierenden Mitschnitt des Videos vorlegte, fasste es ganz gut zusammen: Aus ihrer Sicht habe Höcke mit seiner Gestik dazu aufgefordert, den strafbaren Ausspruch zu vervollständigen.

Die Parole „Alles für Deutschland“ war der Leitspruch der nationalsozialistischen Sturmabteilung, sie gravierte ihn unter anderem in Dolche. In Deutschland ist sie ebenso wie der Hitlergruß verboten. Bis heute erfreut sich der Ausspruch vor allem in der Neonazi-Szene Beliebtheit, was wiederum dafür spricht, dass Höcke ihn auch bei seiner erstmaligen Verwendung kannte. Er demonstrierte bereits 2010 zusammen mit Neonazis in Dresden und ist zudem unter anderem ein Bekannter von Thorsten Heise, einem langjährigen Führungskader der NPD.

Höcke steht in Kürze übrigens auch noch ein dritter Prozess ins Haus. In Mühlhausen ist er wegen Volksverhetzung angeklagt, weil er im Oktober 2022 auf Telegram nach einer Gewalttat pauschal islamfeindlich gehetzt hatte. Am Ende des zweiten Prozesses dürfte wenigstens eine Einschätzung aus Höckes Eingangsstatement zutreffen: „Ich weiß, dass ich verurteilt werde.“

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12 Kommentare

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  • "Gerne redet er auch von sich selbst in der dritten Person: „Die Person Björn Höcke ist kein Normalbürger“, sagt er"



    Und Recht hat er!



    Ganz normal ist der nicht.

    • @Encantado:

      Interessant:



      Bis jetzt noch keiner nach dem Muster "Woher genau wissen Sie das? Sind Sie denn qualifiziert, dieses Urteil abzugeben" usw...

      Wenn die, die es immer ganz genau wissen wollen, hier nicht nachhaken, dann siehts wohl danach aus, dass ENCANTANO richtig liegt.

  • In Frage mich gerade wie viele der prominenten Politiker NICHT beteuert haben alles für Deutschland zu tun.

  • Eigentlich sollten die Medien ihn einfach "rechts" liegen lassen, damit er in der Bedeutungslosigkeit versinkt, denn ohne Öffentlichkeit und Medien ist er eine Null. Nur die Medien haben ihn und die AfDummheit zu dem gemacht, was er/sie jetzt sind.

    • @Rudi Hamm:

      Nicht nur, aber auch. Leute gingen zu Gladiatorenkämpfen, zu Fraek-Shows, sehen gern Krimis, Gruselfilme. Das Normale ist langweilig und die Medien leben vom Publikum.

  • Die Höcke-Zitate zeigen, was die AfD wirklich will. Leider gibt es mit den notwendigen Verurteilungen auch Zuspruch von Anhängerseite und die Sympathisanten dürfen sich nicht nur als Fascho, sondern auch als Opfer fühlen. Genau so haben es auch die Nazis gemacht ...

  • "Die Person Björn Höcke ist kein Normalbürger"

    Als NS Ideologe, ist er sicher auch Anhänger der Tätertypen lehre?

    Frei nach Freisler: "Ein Björn Höcke ist, wer sich durch unflätigste übelste Nazi-Parolen der untersten Schublade als Faschist in der Öffentlichkeit zu erkennen gibt."

    Auf der Rechtsfolgenseite: "Ein Björn Höcke wird entsprechend der Gleichheit vor dem Gesetz, wie jeder andere (normal)Bürger behandelt, darf aber Bernd genannt werden."

  • 8G
    81283 (Profil gelöscht)

    Meine Geduld mit der Tolerierung dieser Ansichten ist definitiv am Ende. Die demokratischen, politischen Parteien sind anscheinend nicht in der Lage, dem Einhalt zu gebieten. Enough is …

    • @81283 (Profil gelöscht):

      Ja und? Konsequenz?

      • 8G
        81283 (Profil gelöscht)
        @Michas World:

        Ich glaube, dass jede:r jetzt selbst entscheiden muss, wie sie oder er dem entgegentreten muss. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass andere es machen.

    • @81283 (Profil gelöscht):

      Wer toleriert den "diese Ansichten"? Herr Höcke wurde bereits einmal zu 100 Tagessätzen zu 130€ verurteilt. Nun steht er wegen eines ähnlichen Vorfalls erneut vor Gericht. Allerdings ist der Fall hier nicht ganz klar. Vorallem verstehe ich nicht, warum scheinbat die Personalien des Publikums nicht aufgenommen wurden. Und was kommt bei Ihnen als nächstes, nachdem Ihre Geduld zu Ende ist? Ihre persönliche Gerichtsbarkeit?

      • 8G
        81283 (Profil gelöscht)
        @Nachtsonne:

        Aktuell tolerieren einige Millionen AfD-Wähler:innen Höcke und seine Parolen.

        Was bei mir kommt? Noch mehr Engagement. Und gleichfalls?