Hinrichtung von geistig Behindertem: Bedingter Aufschub
Warren Hill sollte in der Nacht im US-Bundesstaat Georgia hingerichtet werden. Zur Prüfung seiner geistigen Behinderung wurde nun ein Aufschub erreicht.
WASHINGTON afp | In letzter Minute hat ein Gericht im US-Bundesstaat Georgia die Hinrichtung eines geistig zurückgebliebenen Häftlings gestoppt. Der Aufschub solle es der Verteidigung des Todeskandidaten Warren Hill ermöglichen darzulegen, inwiefern dessen geistiger Zustand gegen eine Exekution spreche, teilte das Berufungsgericht am Dienstag (Ortszeit) mit. Gegen die Hinrichtung des 52-Jährigen kämpfen seit Monaten auch Bürgerrechtler.
Der Oberste Gerichtshof von Georgia hatte am Nachmittag einen Antrag auf Aufschub der Strafvollstreckung abgelehnt. Hills Anwaltteam wandte sich daher an das Berufungsgericht. Dieses gewährte einen „bedingten Aufschub“ und forderte die am Verfahren Beteiligten auf, ihre Auffassung hinsichtlich einer Hinrichtung erneut darzulegen. „Wir sind extrem erleichtert“, sagte Hills Anwalt Brian Kammer zu der Gerichtsentscheidung, die nur wenige Minuten vor der in Jackson geplanten Hinrichtung mitgeteilt wurde.
Es ist eine weitere Etappe in dem langwierigen Kampf von Hills Verteidigern gegen seine Hinrichtung. Bereits im Juli 2012 war eine bereits angesetzte Exekution in letzter Minute verhindert worden. Ausschlaggebend für die Entscheidung war damals, dass Hill als erster Todeskandidat in Georgia allein mit dem tödlichen Gift Pentobarbital anstatt wie bisher mit einer Mischung aus drei Giften getötet werden sollte. Vor dem Obersten Gerichtshof der USA scheiterten Hills Anwälte mit ihrem Einspruch gegen die Hinrichtung.
Meinung geändert
Der 52-Jährige Afroamerikaner Hill sitzt seit 21 Jahren im Todestrakt. Er war 1991 wegen der Ermordung eines Mithäftlings zum Tode verurteilt worden. Ursprünglich war er wegen der Tötung seiner Freundin ins Gefängnis gekommen. Ein Gnadengesuch wurde bereits abgelehnt.
Sein Anwalt argumentiert, dass der unterdurchschnittlich intelligente Hill geistig zurückgeblieben sei und daher nicht hingerichtet werden dürfe. Alle Experten, die Hill bescheinigt hatten, geistig gesund zu sein, hätten ihre Meinung mittlerweile geändert, legte Kammer in seinem Antrag an das Berufungsgericht vom Dienstag dar, der der Nachrichtenagentur AFP vorlag. Die drei Ärzte stimmten nun mit anderen Fachleuten darin überein, dass Hill geistig zurückgeblieben sei.
Der Oberste Gerichtshof der USA hatte 2002 entschieden, dass geistig Behinderte nicht hingerichtet werden dürfen. Er überließ es aber den einzelnen Bundesstaaten, geistige Behinderung zu definieren. In Georgia sind diese Fälle besonders strikt geregelt. An der geistigen Behinderung eines Todeskandidaten dürfen demnach keinerlei „vernünftige Zweifel“ bestehen.
Gegen Hills Hinrichtung sprachen sich bereits mehrere Organisationen und Persönlichkeiten aus, darunter der zuständige Sonderberichterstatter der UNO, Christofer Heyns. Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter hatte sich wiederholt für eine Begnadigung ausgesprochen.
Zuletzt war in Georgia im September 2011 der Afroamerikaner Troy Davis ungeachtet weltweiter Gnadenappelle hingerichtet worden. Auch diese Todesstrafe war höchst umstritten, weil wegen eines Mangels an eindeutigen Beweisen erhebliche Zweifel an seiner Schuld bestanden. Den Mord an einem Polizisten, für den er zum Tode verurteilt worden war, hatte Davis bis zuletzt bestritten.
Leser*innenkommentare
abc
Gast
Ich verstehe nicht, wieso man erst so kurz vor der Hinrichtung zu der Entscheidung gekommen ist.
Ich finde, die Todesstrafe ist generell abzulehnen.
blueeyedevil
Gast
Der Täter wird als geistig behindert beschrieben.
Aber er konnte seine 18 jährige Freundin und einen Mithäftling umbringen und soll jetzt nicht für zwei furchtbar grausame Taten zum Tode verurteilt werden?
Ich bin nicht in allen Fällen für die Todesstrafe und finde gerade die Praxis in Amerika grausam, aber ganz ehrlich warum kann ein verurteilter Mörder im Gefängnis gleich den nächsten Mord begehen?
Bei einer schnellen und konsequenten Verurteilung und exekution wäre es nicht zu einem zweiten Mord gekommen.