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Hilfe für die AusgehszeneDer Tanz geht weiter

Hamburgs Clubszene ist von Corona schwer getroffen. Viele Clubs sind akut von Insolvenz bedroht. Helfen sollen eine Spendenkampagne und Soli-Aktionen

Gespenstische Leere, wo neulich noch getanzt wurde: geschlossene Clubs auf der Großen Freiheit Foto: dpa

Hamburg taz | Vor einer Woche hat Hamburg noch getanzt: Die Clubs auf der Großen Freiheit waren voll, in den Kiez-Kneipen wurde getrunken. Ein letztes Mal feiern, ein letztes Mal die Kassen füllen – am Sonntag folgte Katerstimmung: Der Hamburger Senat beschloss in einer Allgemeinverfügung, dass von Montag an alle „Veranstaltungen, bei denen es zu einer Begegnung von Menschen kommt, sowie Versammlungen unabhängig von der Zahl der Teilnehmenden“ abgesagt werden. Das Verbot betrifft auch Kneipen und Clubs. Bis voraussichtlich 30. April hat es sich nun also ausgetanzt.

Partys ohne Feiernde? Das ist nicht nur undenkbar, sondern auch unmöglich: Vielen Betreiber:innen droht nun die Insolvenz. „Wir stehen vor einer Herausforderung, die ihresgleichen sucht“, sagt Thore Debor, Geschäftsführer des Clubkombinats. Seit 15 Jahren ist der Verein eine Schnittstelle zwischen den über 185 Clubbetreiber:innen, Veranstalter:innen, Booker:innen und Agenturen. „Am vergangenen Dienstag haben wir eine Videokonferenz mit 73 Hamburger Clubs gemacht und über die aktuelle Notsituation gesprochen“, sagt Debor. „Den meisten von ihnen bleibt nicht mehr lange Zeit.“

Stichtag ist der 25. März: Dann müssen die Betriebe ihre Abgaben an die Sozialversicherung für die März-Monatslöhne überweisen. „Das wird einige Clubs schwer treffen. Gerade Kulturbetriebe, die Gagen für auftretende Musiker:innen zahlen müssen, leben häufig von der Hand in den Mund“, sagt Debor. Nun sei wichtig, die Liquidität dieser Clubs sicherzustellen.

Akute Hilfe benötigen etwa 23 Clubs, darunter das Uebel und Gefährlich, der Nochtspeicher, das Hafenklang und der Molotow-Club – sie alle gehören zur „Kategorie Eins“. Anschließend gehe es um die Gesamtheit aller Clubs und zuletzt die Veranstalter:innen selbst.

Finanzielle Unterstützung erhofft sich das Clubkombinat vor allem von der Stadt Hamburg. Man sei schon seit längerem im Gespräch, so Debor. Bei der Videokonferenz am Dienstag seien auch Vertreter der Kulturbehörde dabei gewesen und „zeigten sich guter Dinge“.

S.O.S. – Save our Sounds

Akut von der Insolvenz bedroht sind unter anderem Molotow, Uebel & Gefährlich, Hafenklang, Nochtspeicher, Astra Stube, Waagenbau, MS Stubnitz und Gängeviertel.

Weitere Infos zur Situation der Clubs gibt es unter clubkombinat.de/corona-support

Am Donnerstag veröffentlichte die Stadt Hamburg erste Eckpunkte für einen Hamburger Schutzschirm für Corona-geschädigte Unternehmen und Institutionen. Dieser beinhaltet auch Hilfsförderungen durch die Kulturbehörde – ihr Budget wird nun um 25 Millionen Euro aufgestockt. Davon soll ein Teil auch an die Hamburger Clubs gehen. Gerade kleine Bühnen und Musikclubs sowie selbstständige Künstler:innen seien nun auf die städtische Unterstützung angewiesen, so Kultursenator Carsten Brosda.

Darüber hinaus bittet das Clubkombinat auch die Zivilgesellschaft um Unterstützung und startet einen Spendenaufruf. Die Gelder werden über die Hamburger Clubstiftung abgewickelt, ein „Trumpf, den außer Leipzig und uns keine andere Stadt in Deutschland hat“, sagt Debor. Erste Überweisungen seien auf dem Konto der Stiftung eingegangen. „Das Geld werden wir gerecht verteilen und nach Bedürftigkeit entscheiden. Etwa 80 Prozent gehen an die Clubs, 20 an die Veranstalter:innen.“

Höchste Transparenz ist uns dabei sehr wichtig“, betont Debor. Wer gezielt an seinen Lieblingsclub spenden wolle, könne den Namen des Betriebs im Verwendungszweck angeben oder direkt auf das jeweilige Clubkonto spenden. „So erreicht das Geld diejenigen, die es gerade dringend brauchen“, sagt Debor.

In Zeiten der Not entwerfen nun viele Menschen tatsächlich ungewohnte Lösungsansätze für unterschiedlichste Bereiche. „Auch die Hamburger:innen werden gerade kreativ. Uns erwarten in den kommenden Tagen noch viele spannende Projekte“, sagt Debor.

Erst am Freitag diskutierten Vertreter:innen vom Hafenklang und dem Nochtspeicher über „Corona und das Clubsterben“ in der Radiosendung vom Crackhouse, während Zuhörer:innen im Radio oder per Video-Live-Stream zuhören und auf Facebook mitdiskutieren konnten. Andere Veranstalter:innen verkaufen T-Shirts und anderen Merch oder organisieren Soli-Veranstaltungen.

Erste Geistershow im Molotow

Das Molotow lud am vergangenen Mittwoch zu seiner ersten Geistershow ein: „Kein Publikum, keine Mitarbeiter, keine Band, kein Körperkontakt, kein Corona!? Sicherer geht’s nun wirklich nicht“, schrieb der Club in seiner Veranstaltungsbeschreibung und bat Unterstützer:innen darum, Tickets für eine Veranstaltung zu kaufen, die nie stattgefunden hat.

Als Dank für die Spendengelder schaltete der Club eine Live-Übertragung im Rahmen der Aktion „Dringeblieben“ von den Veranstaltungsratgebern „Ask Helmut“ und „Rausgegangen“. So brachte das Molotow die Partystimmung aus dem eigenen Club in die Quarantäne-WGs seiner Fans. „Im Moment zeigt sich, wie solidarisch Hamburg ist. Sowohl die Clubgänger:innen als auch die Betroffenen untereinander helfen und unterstützen sich, wo sie nur können“, sagt Debor.

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