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Hennen-Haltung in DeutschlandAugen auf beim Eier-Kauf

Ein Code auf der Schale zeigt dem Verbraucher, woher das Ei kommt. Zwei Drittel der Legehennen in Deutschland sehen niemals blauen Himmel.

Mein Ei ist das Beste. Eh klar! Bild: dpa

BERLIN taz | Rund 36,6 Millionen Legehennen leben in Deutschland, rund 10 Milliarden Eier haben sie im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt gelegt. Die meisten dieser Hühner bekommen wir allerdings nie zu sehen: Rund 64 Prozent verbringen ihre Tage in riesigen Ställen, in der sogenannten Bodenhaltung. Pro Quadratmeter dürfen dabei neun Tiere gehalten werden, bis zu 6.000 Tiere ohne räumliche Trennung sieht die Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere vor.

Rund 5,4 Millionen konventionell gehaltene Hennen können sich ab und zu Wind durch die Federn streifen lassen, sie haben Zugang zu einem Freilandauslauf. Wie dieser Auslauf gestaltet sein muss, ob etwa Büsche oder Bäume darauf stehen müssen, dazu macht der Gesetzgeber keine Vorschriften. Während die Zahl der Tiere, die in Käfigen gehalten werden, ständig zurückgeht – 4,9 Millionen sind es derzeit noch –, steigt die Zahl der Ökohennen an: Mit 2,9 Millionen oder knapp 8 Prozent bilden sie aber noch immer die kleinste Gruppe.

Rund die Hälfte aller erzeugten Eier werden von privaten Haushalten verbraucht, 32 Prozent gehen an die Industrie, 16 Prozent an Großküchen oder Bäckereien. Verbraucher, die im Supermarkt auch darauf achten wollen, unter welchen Bedingungen ihre Eierlieferantinnen gehalten wurden, stehen einem Gewirr unterschiedlicher Vorschriften gegenüber. Schon die „konventionellen“ Eier unterscheiden sich nach den drei genannten Haltungsformen Boden-, Freiland- und Käfighaltung.

Auch im Biobereich gibt es verschiedene Vorschriften. So dürfen Landwirte, die nach der staatlichen Ökoverordnung arbeiten, maximal 230 Legehennen pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche halten. Nicht neun, sondern sechs Tiere teilen sich einen Quadratmeter Fläche. Vorgeschrieben ist zudem ein Auslauf ins Grüne.

Erzeugerverbände wie zum Beispiel Bioland machen ihren Mitgliedern zusätzliche Vorschriften. So muss Bioland-Hennen neben Stall und Grünfläche eine überdachte Fläche im Freien zur Verfügung stehen, damit sie „auch bei jedem Wetter an die frische Luft können“, sagt Bioland-Sprecher Gerald Wehde.

Auch im Bio-Bereich gibt es riesige Betriebe

Die Zahl der Tiere pro Hektar ist auf 140 begrenzt. Dies führe zu anderen Betriebsstrukturen, so Wehde: „Unsere Mitglieder sind in der Regel bäuerliche Betriebe.“ Im Schnitt hält jeder Betrieb 384 Hennen. Ähnlich sieht es beim Anbauverband Demeter aus, hier sind es in der Regel um die 300 Tiere. Allerdings gibt es auch im Biobereich riesige Betriebe: So hält der größte nach Demeter zertifizierte Eierproduzent 24.000 Hennen. Das kommt den Realitäten in der konventionellen Haltung nahe: Hier dominierten laut Statistischem Bundesamt „wenige sehr große Betriebe“ den Markt.

Das wirkt sich auch auf die Preise aus. Während konventionelle Eier in einigen Supermärkten bisweilen für rund 1 Euro für 10 Stück zu bekommen sind, kosten Bioeier zwischen 2,60 Euro beim Discounter und 3,70 Euro im Bioladen.

Aus welchem Stall die Eier letztlich kommen, ist für den Verbraucher nicht nachvollziehbar. Einige Informationen erhält er aber über den auf den Eiern aufgedruckten Kode: Die 0 steht für ökologische Erzeugung, eine 1 für Freilandhaltung, die 2 für Boden-, die 3 für Käfighaltung. Danach folgt ein Länderkode, etwa DE für Deutschland, NL für die Niederlande, BE für Belgien und AT für Österreich.

Einfuhren aus Nicht-EU-Ländern spielen auf dem deutschen Markt kaum eine Rolle. Nach den Buchstaben folgen wieder Zahlen, die vor allem für die Behörden interessant sind: Hier verraten die ersten beiden Stellen das Bundesland, in dem das Ei erzeugt wurde, die dritte bis sechste Stelle den Betrieb und zum Schluss die siebte den Stall.

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10 Kommentare

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  • A
    Antonietta

    - Männliche Küken werden direkt nach der Geburt getötet

    - Den Legehennen wird unter Schmerzen der Schnabel gekürzt

    - In der Natur legen Hühner einmal im Jahr Eier

    - Heutige "Lege-"hennen sind soweit qualgezüchtet, dass sie fast jeden Tag ein Ei legen müssen

    - Durch den Dauerstress kommt es zum Federrupfen, bis hin zum Töten der Artgenossen

    - Nach ca. 15 bis 18 Monaten werden die Legehennen geschlachtet, da die Legeleistung nachlässt

  • SS
    Seb Schäfer

    Liebe Heike Holdinghausen,

     

    ich weiß, das Thema ist kompliziert. Aber wenn Nicht-Landwirte über Landwirtschaft schreiben, kommen schon mal merkwürdige Dinge dabei raus.

     

    "Auch im Biobereich gibt es verschiedene Vorschriften. So dürfen Landwirte, die nach der staatlichen Ökoverordnung arbeiten, maximal 230 Legehennen pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche halten... Die Zahl der Tiere pro Hektar ist auf 140 begrenzt."

     

    Also wir bei Bioland sind schon ganz gut, aber 140 oder 230 Hennen pro Hektar ist echt übertrieben. 1 ha = 10.000m², das hieße also 43,5 m² je Legehenne. Ich gönne es ihr, aber wo nehmen wir in Deutschland den Platz dafür her?

  • I
    Invitro

    Die Hennen und ihre künstliche Befruchtung erzeugen ähnliches wie Frauen und deren In-vitro-Fertilisation, Zwillinge. Alle Eier haben doppeltes Eigelb.

    Die Packung und Inhalt habe ich zur Beweissicherung behalten.

    2-DE-0107041

    Nicht das Hühnereier, die zur Züchtung von Medikamenten gedacht sind, in den Handel kommen.

  • GA
    G. Auth

    Und woher kommt überhaupt der Drang, in diesen Dimensionen Eier anzubieten? Und das Angebot ist weit größer, als die 10 Milliarden Eier, die jährlich in deutschen Produktionsstätten gelegt werden. Der Großhandel und die Industrie kaufen zusätzlich Eier aus dem Ausland. Warum tun die das? Wie sähe die Produktion aus, wenn die Verbraucher bewusster mit dem Verzehr von Eiern umgehen würden, so, wie es früher der Fall war. Es gab Zeiten, wo den Menschen klar war, dass ein Ei eine Kostbarkeit ist, ein selten genossenes Nahrungsmittel, dass man mit bewusstem Genuss zu sich genommen hat. Das selbe gilt für alle tierischen Produkte. Es ist nicht die böse Industrie, die alles so schlimm macht. Es sind die Verbraucher, die maßlos und gierig sind. Der Industrie und den Erzeugern dann die eigene Gier vorzuwerfen, dabei mit großen Worten über die armen Tiere zu schwadronieren, das ist eine schwer zu ertragende Heuchelei.

    Und dann waschen sie ihre Hände in Unschuld und schlagen ein Ei auf.

    Mahlzeit.

  • A
    anke

    @Vegan.eu:

    Kann. Muss aber nicht. Wer "Leid nicht will", der kann auch aufs Dorf ziehen und selber Hühner halten. Ich empfehle maximal 10 Stück auf 500 m². Noch soll es Grundstücke zum Schnäppchenpreis geben. Zum Beispiel in Sachsen-Anhalt. Da passen dann auch noch Bäume, Sträucher, ein Stall und sogar eine Sandkuhle drauf. Als Kind hab ich so viel Glück noch mit eigenen Augen gesehen. Aber wer weiß, vielleicht habe ich es ja auch bloß geträumt.

  • KG
    korrupter Geschäftspolitik

    Den verantwortlichen Landwirten, Händlern und Politikern wünsche ich einen Daueraufenthaltsort mit der Nummer 3-DE-0815000, den sie sich mit ihren Opfern teilen dürfen.

     

    Das werden unsere korrupten Politiker aber schon zu verhindern wissen.

  • E
    Erdspriess

    In der Vorosterzeit vervielfachen sich aus naheliegenden Gründen die Produktev der Bio-Hennen regelmässig um das Zehnfache. Denn Muttis Ostern ist doch nur schön mit gut getürkten Bio-Eiern von Liesel's Hof.

     

    Je schneller wir uns von der grausamen Illusion lösen, in der Bio-Massentierhaltung sei alles besser, desto eher öffnet sich das Bewußtsein für wirkliche kulinarische Alternativen.

  • V
    Vegan.eu

    Die wenigsten wissen leider, dass auch für jede Bio-Henne ein männliches Küken betäubungslos zerschreddert wird oder durch Gas getöetet wird. Die Gasdichte gehwährleistet nicht, dass die Tiere nicht unter maximaler Erstickungsangst sterben. Die überlebnen weiblichen Küken werden massenverpackt und zu den Höfen gebracht. Nach zwei Jahren sind sie komplett ausgepowert und lohnen sich dann für ihren Besitzer nicht mehr. Dann geht es in den Schlachthof. Die Illusion der "glücklichen Hühner" ist komplett falsch. Wert dies Leid nicht will, kann vegan leben.

  • M
    Micha

    @Alex: Käfighaltung heißt jetzt Kleingruppenhaltung

  • A
    Alex

    Ich dachte Käfighaltung sei seit einigen Jahren verboten, oder irre ich mich da? Jedenfalls sehe ich schon eine Weile keine entsprechenden Eier mehr.