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Hemmnisse in der KI-ForschungBei der Strategie verzettelt

Die Bundesregierung verliert sich bei der Forschung zur künstlichen Intelligenz im Klein-Klein. Eine klare Richtung ist nicht erkennbar.

Ein Wegweiser für die KI-Forschung fehlt noch Foto: dpa

Berlin taz | Die Strategie der Bundesregierung zur Entwicklung der künstlichen Intelligenz in Deutschland und Europa steht in Gefahr, sich im Klein-Klein zu verlieren, statt die große Marschrichtung vorzubereiten. Belege dafür sind die Vorstellung aktueller KI-Forschungsprojekte durch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) sowie der Fortschrittsbericht zur „Hightech-Strategie“, der am Mittwoch das Bundeskabinett passierte. „Ein Sammelsurium wohlklingender Überschriften“, bemängelte die Innovationsfachfrau der Grünen im Bundestag, Anna Christmann.

Die große KI-Nachricht, die Anja Karliczek als Chefin des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in dieser Woche verkünden wollte, ist angesichts des Milliardenvorhabens KI-Strategie (3 Milliarden Euro bis 2025) nicht mehr als eine Petitesse: die Fördermittel für die zwölf KI-Kompetenzzentren und „Anwendungshubs“ werden von 64 auf 135 Millionen Euro aufgestockt. Selbst die Insektenschützer bekommen aus dem BMBF mehr Geld.

Der eigentliche Turbo für diese Zentren sind helle, aufgeweckte Köpfe – die menschliche Intelligenz hinter der KI. Das sollte mit dem Programm zur Schaffung von 100 KI-Professuren angestoßen werden. Doch Karliczek konnte lediglich mitteilen, dass die Alexander-von-Humboldt-Stiftung 30 Professuren für KI-Experten aus dem Ausland einrichten werde, befristet auf fünf Jahre. Wie aber die anderen 70 KI-Professuren in den Hochschulen installiert werden sollen, darüber konnte die Ministerin keine Angaben machen. Eigentlich müsste längst eine KMK-Initiative auf dem Weg sein.

Wie sehr handgestrickt an der „KI-Strategie“ gewerkelt wird, zeigt das Beispiel der Datenplattform „Gaia-X“. Die Idee dafür stammt keineswegs aus dem Maßnahmeprogramm der Regierung, sondern wurde im Frühjahr von Industrievertretern bei einem Meeting der Plattform „Industrie 4.0“ geboren. Das Ziel: der von der Fraunhofer-Gesellschaft entwickelte „Industrial Data Space“ – eine geschlossenen Plattform, auf der Industrieunternehmen ihre sensiblen Produktionsdaten ohne Hackerstörungen austauschen können – soll nun europäisch ausgerollt werden. Was es kostet, wer mitmacht – alles noch unbekannt. Aber Ende Oktober, auf dem nächsten Digitalgipfel der Bundesregierung, soll Gaia-X von Wirtschaftsminister Altmaier pompös vorgestellt werden.

Dafür gehen andere Ideen wieder verloren. So wird im neuen Fortschrittsbericht zur „Hightech-Strategie“ eines der ambitioniertesten KI-Projekte, der Aufbau eines deutsch-französischen Forschungs- und Innovationsnetzwerkes („virtuelles Zentrum“), mit keinem Wort mehr erwähnt.

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1 Kommentar

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  • Kein Wunder. Hier wird ja auch ganz viel durcheinandergeworfen.

    Eventuell liegt das am Neuland für die Politiker.



    Oder auch an den Interessen dahinter.

    Meine These: Die einzige offen erkennbare klare "Richtung" von KI, ist die Überwachungstechnik der Chinesen. Und natürlich die Überwachungstechnik von Google und Co.



    Die brauchen und wollen das Staatsgeld aber nicht.



    Einerseits haben die schon davon und außerdem soll niemand herausfinden, wie weit innerhalb der Privatsphäre die jetzt schon arbeiten.

    Solange die Bundesregierung Totalüberwachung nicht ebenfalls zum Ziel hat, gibt es daher keine staatstauglichen Ziele. Künstliche Altenpfleger sind ja eher eine Nische.

    Eventuell ist es da auch kein Zufall, dass mit Gaia-X eher ein ganz old School aussehender Datenstandard plötzlich als KI gefeiert werden muss.