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Heinz Otto propagiert SegelschiffeDer Anwalt des Windes

Seit 45 Jahren wirbt der Hamburger Ingenieur Heinz Otto für den Wind als Energiequelle. Besonders angetan haben es ihm Windschiffe.

Heinz Otto (r.) zusammen mit Hermann Albers, dem Präsidenten des Bundesverbands Windenergie Foto: Thies Ibold

Hamburg taz | Schöner kann man nicht auf den Punkt bringen, wer Heinz Otto ist, als die taz hamburg in einer Glosse 1994: „Da kommt ein Mann mit Schippermütze in die Redaktion und ruft: ‚Windenergie, Windenergie, wo ist Herr Carini?‘“

Heinz Otto ist so etwas wie der bunte Hund der norddeutschen Windenergieszene. Lange Zeit saß er im Vorstand des Bundesverbandes Windenergie (BWE); er gründete den Hamburger Windstammtisch – einen wichtigen Branchentreff; er ist ein unermüdlicher Netzwerker – und dabei jemand, der so gar nicht dem Klischee vom Lobbyisten entspricht

Von Kleidung und Habitus her hemdsärmeliger Ingenieur, ist er von der leicht ruppigen Direktheit eines gebürtigen Berliners und passt so gar nicht in die Welt der Anzugträger. Zudem ist er Umweltaktivist der ersten Stunde, für den sein Anliegen mit 78 Jahren noch genauso dringlich ist wie mit 33, vielleicht noch dringlicher. In seinen Mails und Gesprächen sprudelt er vor Links und Hinweisen.

Anfang der 1970er-Jahre war Heinz Otto Ingenieur auf der Hamburger Werft Blohm+Voss. Wie er erzählt, hat er Rohrleitungen, Flansche und Separatorenstationen für Schiffe entwickelt, mit denen Schweröl zum Treibstoff aufbereitet wird. Zurück bleibt ein schwarzer Schlamm, der zu damaligen Zeiten einfach ins Meer gepumpt wurde.

Die Zukunft des Segelns

Der Kraftstoff, der beim Zentrifugieren herauskam, war aber immer noch so schmutzig, dass Otto auf einer Probefahrt eine Art Erweckungserlebnis hatte: „Mensch, wie stinkt das Zeug scharf!“, dachte er sich und ihm dämmerte die Erkenntnis: „Wir machen da bannig was falsch.“

1976 stieß er in der Hamburger Morgenpost auf einen Artikel über das Dyna-Rigg von Wilhelm Prölss. Der Ingenieur hatte sich in den 60er-Jahren einen Frachtsegler mit gekrümmten Rahen ausgedacht, dessen Segel automatisch aus den drehbaren Masten ausgerollt werden. „Das passte zu meiner Suche“, erinnert sich Otto.

Seither wird er nicht müde, der maritimen Industrie und den Reedern mit dem Thema „Windschiffe“ in den Ohren zu liegen. Regelmäßig warb er auf der Messe der maritimen Industrie SMM in Hamburg für Windkraft als Schiffsantrieb der Zukunft.

Er hat die Husumer Windenergietage mitorganisiert, aus der die Wind Energy Hamburg wurde, das größte Branchentreffen weltweit. Er versuchte, dem Thema im Bundesverband Windenergie (BWE) Gewicht zu verschaffen und es bei den Parteien unterzubringen – zuletzt im aktuellen Wahlprogramm der Grünen. „Die wollten aber nur den Begriff ‚alternative Antriebe‘ reinschreiben“, sagt er.

Segler und Umweltaktivist

Ottos Umweltengagement gründet nicht zuletzt aufs Segeln. Auf der Elbe erlebte er hautnah, wie schmutzig das Wasser war, wie viel Müll darin herumschwamm. „Dabei schmissen meine Vereinskameraden ihre Bierbüchsen selbst noch über Bord“, erinnert er sich.

Ebenfalls beobachten konnte Otto, wie an der Unterelbe die Atomkraftwerke Stade und Brunsbüttel hochgezogen wurden. Er engagierte sich in der Arbeitsgemeinschaft Umweltplanung Niederelbe und nachdem der Strommarkt liberalisiert worden war, ließ er sich neben einem Redakteur des Greenpeace- Magazins als erster Hamburger mit Ökostrom beliefern.

Zuletzt hat er sich der Bürgerinitiative „Prellbock Altona“ angeschlossen, die sich gegen eine Aufgabe und Verlegung des dortigen Sackbahnhofs wehrt, seit Neuestem mit dem Argument Klimaschutz.

Hier sieht Otto größte Dringlichkeit: „Wenn wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen wollen, muss die Welt in siebeneinhalb Jahren bei Null Emissionen sein“, warnt er. Umso mehr wurmt ihn, dass die Internationale Schifffahrtsorganisation CO2-Neutralität erst 2050 anstrebt. „Allein schon das ist eine Frechheit gegenüber der Jugend von heute“, findet er.

Drastische Selbstzweifel

Mittlerweile plagen Otto „drastische Selbstzweifel“ an seinem Engagement. „All die Messearbeit hat nie was gebracht“, sagt er etwas überspitzt. Zwar ist mit der Superyacht „Maltese Falcon“ 2006 der erste Rahsegler mit automatischem Rigg vom Stapel gelaufen, zwar gibt es auch eine Handvoll kleiner Frachter für Luxusgüter unter Segeln, diese sind aber konventionell getakelt. Sonst ist wenig passiert.

Dabei ist in den vergangenen Jahrzehnten der Welthandel explodiert. 90 Prozent davon bestreiten turmhohe Containerschiffe. Mit bis zu 23.000 Boxen bieten sie eine gigantische Windangriffsfläche. Damit eignen sie sich nicht zum Segeln. Dazu kommt: Mittlerweile 90.000 Seeschiffe auf Windantrieb umzustellen, ist eine kaum lösbare Aufgabe – selbst wenn sie vor 15 Jahren angegangen worden wäre.

Das wirft den Windkraftlobbyisten auf ein zentrales Problem der Umweltbewegung zurück: das fortwährende Wirtschaftswachstum. Vielleicht müsse eine Ethikkommission darüber entscheiden, was künftig über die Weltmeere transportiert werden dürfe, sinniert er. Schließlich sei auch der Wind endlich. Angesichts der Schwierigkeiten ist der Welt zu wünschen, womit Heinz Otto seine Mails abzuschließen pflegt: „Mast- und Schotbruch“.

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