Das umweltfreundlichste Schiff der Welt: Der Rumpf als Segel

Wind wird durch den Schiffsrumpf in Antriebsenergie umgewandelt. Das macht das „Vindskip“ zum bisher ökologischsten Wasserfahrzeug.

Computersimulation des „Vindskips“ von Terje Lade. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | „Als er uns sein Konzept zum ersten Mal präsentierte, dachten wir: Was für ein verrückter Norweger“, sagt Kevin Knowles. Er ist Professor für Aeromechanik an der britischen Cranfield University. In deren Windtunnel werden auch Formel-1-Rennwagen getestet. Dort wollte der „verrückte Norweger“ mit einem verdächtig kenteranfällig aussehenden Schiffsrumpf experimentieren.

Der Norweger heißt Terje Lade, ist 63 Jahre alt und hat als Ingenieur in der Offshoreölbranche gearbeitet. Sein Hobby ist das Hochgeschwindigkeitssegeln. „Das Windschiff fußt auf dem gleichen Prinzip“, sagt er. Seine Idee wirkt bestechend: „Warum nicht den Schiffsrumpf als eine Art Segel nutzen?“

Daraus hat seine Firma Vindskip ein Modell entwickelt, das der symmetrischen Form eines Segels so nahe wie möglich kommen sollte: Es hat einen 40 Meter hohen gewölbtem Rumpf, der an einen Flugzeugträger erinnert. In Windtunnelversuchen wurden damit bei steifer Brise Geschwindigkeiten von bis zu 14 Knoten erreicht – was 26 Stundenkilometern entspricht. Und obwohl das Schiff wacklig aussieht, hat es sich bei den Versuchen als sehr stabil erwiesen.

Es bleibt aber ein Problem: Anders als im Windkanal wechseln in der Natur die Richtung und Stärke der Winde ständig. Deshalb müsste sich das Vindskip auf der Route von A nach B an die aktuellen Wind- und Strömungsverhältnisse anpassen. Dazu soll ein „Wetter-Routing-Modul“ dienen, das im Fraunhofer-Center für Maritime Dienstleistungen und Logistik in Hamburg für Lades Vindskip entwickelt wird. Über die Eingabe der aktuellen meteorologischen Daten legt es den sparsamsten Kurs fest.

Der Windantrieb soll zudem mit einem Gasantrieb kombiniert werden, damit das Vindskip eine konstante Geschwindigkeit von 18 Knoten halten kann. Gegenüber konventionellen Schiffen ließe sich der Treibstoffbedarf um 60 und der CO2-Ausstoß um 80 Prozent senken.

Lukrativ für Reedereien

Energieeffiziente Schiffsantriebe sind für die Schiffstransportbranche dringend notwendig. Sie ist nämlich derzeit für 3,5 bis 4 Prozent der weltweiten Kohlendioxid- und für fast 10 Prozent der Schwefeloxidemissionen verantwortlich. Daher hat die internationale Schifffahrtsorganisation IMO die Emissionsgrenzwerte für einige Meeresgebiete bereits deutlich herabgesetzt. Weitere Verschärfungen stehen an. Innovationen könnten sich für die Reedereien schnell rechnen.

Bislang ist das mittlerweile patentierte „Windschiff“-Konzept allerdings noch nicht realisiert worden. Zwar gibt es schon Entwürfe für einen 200 Meter langen Autofrachter. Lade selbst glaubt zudem an Einsatzmöglichkeiten in der Fähr- und Passagierschifffahrt. Aber Stein Lillebo von der norwegischen Hurtigruten bezweifelt das: Sobald es auf exakte Fahrpläne ankomme, sei ein Schiff wenig geeignet, das sich seine jeweilige optimale Route von Fall zu Fall neu suchen muss.

Doch Lade lässt sich nicht entmutigen. Die Schifffahrt sei zwar leider „eine etwas konservative Branche“, dennoch hofft der norwegische Erfinder, dass 2019 ein erster Prototyp realisiert wird: „Das ist die entscheidende Hürde.“

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