Umweltschiff in Hamburg: Der Windantrieb kommt wieder

Das erste Frachtschiff mit Zugdrachen wird am Samstag in Hamburg getauft. Der Spritverbrauch soll deutlich sinken.

Ein Zugdrachen am Bug eines Frachters - sieht so die Zukunft der Schifffahrt aus? Bild: dpa

HAMBURG taz Es ist die Wiederkehr des Segelschiffs mit anderen Mitteln. In Hamburg wird am Samstag die "Beluga Sky Sails" der Bremer Reederei Beluga Shipping getauft. Mit dem 132 Meter langen Frachter wird erstmals ein mit einem Zugdrachen ausgerüstetes Schiff zu kommerziellen Zwecken die Weltmeere befahren.

Die Zeit für das Projekt ist reif. Der Rohölpreis und damit auch der Preis für das Schweröl, mit dem Schiffe betrieben werden, hat einen historischen Höchststand erreicht. Seit 2003 ist der Preis für das Öl um 160 Prozent gestiegen. Er liegt mehr als doppelt so hoch als der bisherige Rekord Anfang der 80er Jahre.

"Wir entwickeln eine Technologie, die die Probleme löst, die für die Reedereien in den nächsten zehn bis 15 Jahren auftauchen werden", hatte Skysails-Erfinder Stephan Wrage 2003 der taz gesagt. Es sieht so aus, als seien die Probleme schneller aufgetaucht, als erwartet. Dazu gehört auch, dass die Umweltbelastungen, die vom Seeverkehr ausgehen, zunehmend beachtet werden. Nach Angaben der Grünen im Bundestag hat sich der Seeverkehr in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Experten erwarten, dass das so weitergeht und der Ölverbrauch der Schifffahrt von 280 Millionen Tonnen in 2001 auf 400 Tonnen im Jahr 2020 steigen wird.

Das ist für den Klimaschutz problematisch. Schon im Jahr 2000 bliesen die Schiffe 2,7 Prozent der von Menschen frei gesetzten Klimagase in die Atmosphäre. Ganz Afrika erzeugt nur unwesentlich mehr Kohlendioxid. Fataler noch sind die Schadstoffe, die aus den Schornsteinen der Schiffe entweichen. Diese verbrennen Schweröl - eine zähe Paste, die übrig bleibt, wenn leichter flüchtige Treibstoffe wie Diesel und Benzin aus dem Erdöl herausdestilliert sind. Schweröl enthält 2.700mal soviel Schwefel, wie es für LKW-Diesel zulässig ist. Wird es verbrannt, werden überdies in großen Mengen Ruß und Stickoxide frei.

Wenn die Beluga Skysails demnächst Richtung Südamerika abdampft, wird sie - so hofft die Reederei - zehn bis 20 Prozent weniger Treibstoff brauchen und damit bis zu 2.000 Euro am Tag sparen. Auf Teilen des Törns - dort, wo ideale Bedingungen herrschen - könnte der Drachen bis zur Hälfte des Sprits einsparen, vermutet Skysails.

Gegenüber Segeln, auch unter Einsatz neuer Systeme wie Dynarig, hat der Zugdrachen in Form eines Gleitschirms eine Reihe schlagender Vorteile. In 100 bis 300 Metern Höhe wehen stärkere Winde, die er im Kurvenflug überdies besser ausnutzen kann als ein Segel. Weil er nur an einer Stelle am Bug des Schiffes verankert ist, kommt er Ladebäumen- und Luken nicht in die Quere. Im Gegensatz zu Segeln bringt er das Schiff nur leicht in Schräglage. Dafür lässt er es sanfter in die Wellen eintauchen.

"Wir werden die Zuverlässigkeite jeder einzelnen Komponente jetzt in der rauhen Praxis testen müssen", sagt Wrage: Wie lange hält der 160 Quadratmeter große Schirm, wie lange halten die Seile und die Steuergondel der Witterung stand? Dabei stelle sich nicht mehr die Frage, ob das System funktioniere, sagt der Wirtschaftsingenieur, sondern wie schnell sich die verschleißanfälligen Komponenten auf das gewünschte Qualitätsniveau bringen lassen.

Das Auftragsbuch für das kommende Jahr sei voll. Unter anderem solle eine Luxusyacht mit dem Drachen ausgestattet werden. Überdies soll der Schirm systematisch weiterentwickelt werden. Für 2008 ist eine 320-Quadratmeter-Version geplant und für 2009 eine weitere Verdoppelung.

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