Haushaltsverhandlungen in den USA: Regierung kurz vorm Abschalten

Demokraten und Republikaner können sich nicht auf ein Budget für das laufende Haushaltsjahr einigen. Doch ohne Kompromiss, hat die Regierung ab Samstag kein Geld mehr.

Nach nächtlichem Verhandlungsstress: Demokratenführer im Senat Harry Reid (links) und der starke Mann der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner. Bild: REUTERS

WASHINGTON taz | "Shutdown" bedeutet Abschalten. Wenn sich RepublikanerInnen und DemokratInnen im Kongress nicht doch noch auf ein Budget für dieses Jahr einigen, droht der "Shutdown" zahlreichen Bundeseinrichtungen der USA. Ab Samstag würden Behörden, Museen und Parks geschlossen bleiben. Und Hunderttausende von Beschäftigten im Bundesdienst müssten zu Hause bleiben. So lange, bis ihre Abgeordneten eine Lösung gefunden haben. Und ohne die Sicherheit, dass sie für die Zwangspause irgendwann ihren Lohn erhalten.

Der Poker in Washington läuft seit Wochen. Mehrfach haben die Abgeordneten kurzfristige Überbrückungshaushalte für wenige Tage bewilligt. Der letzte davon läuft in der Nacht von Freitag auf Samstag ab. Falls die Abgeordneten sich bis dahin nicht auf einen Kompromiss einigen, beginnt danach der Shutdown. Am Donnerstag früh lagen die Haushaltspläne der beiden Parteien noch 7 Milliarden Dollar voneinander entfernt. Die RepublikanerInnen, getrieben von den sparwütigen neuen Abgeordneten der Tea Party, wollen 40 Milliarden Dollar bei den Bundesausgaben streichen, die DemokratInnen 33. Unter anderem wollen die RepublikanerInnen tiefe Schnitte bei den Gesundheitsausgaben für Alte und sozial Schwache, bei der Klimapolitik und bei Familienplanungseinrichtungen machen. Einig sind sich beide Seiten nur in der Frage, wie wenig sie im Militärhaushalt streichen wollen.

Barack Obama hat sich lange aus dem Haushaltspoker im Kongress - wo die RepublikanerInnen eine starke Mehrheit im Repräsentantenhaus und die DemokratInnen eine knappe Mehrheit im Senat haben - herausgehalten. In öffentlichen Bemerkungen witzelte er über die Abgeordneten als streitende Kinder. "Sie sollten wie Erwachsene handeln, anstatt ihren eigenen Weg als den einzig möglichen zu sehen", sagte er. Doch am späten Mittwochabend rief er den republikanischen Chef des Repräsentantenhauses, John Boehner, und den demokratischen Chef des Senats, Harry Reid, zu sich ins Weiße Haus. Nach der Drei-Männer-Runde zeigte sich der Präsident zuversichtlich, dass es nicht zum "Shutdown" käme. "Unsere Unterschiede sind kleiner geworden", sagten auch die beiden anderen Männer. Konkreter äußerten sie sich nicht.

Der letzte "Shutdown" der US-Geschichte liegt 16 Jahre zurück. Anschließend wurden die Beschäftigten bezahlt. Dieses Mal sieht es nicht danach aus, dass sich die zwei Millionen Beschäftigten im Bundesdienst darauf verlassen können. Dieses Mal sagt der neue Chef des Haushaltsausschusses im Repräsentantenhaus, der Abgeordnete Paul Ryan aus Wisconsin, ultimativ: "Wir sind pleite."

In den Reihen der RepublikanerInnen tobt ein Kampf zwischen den eher kompromissbereiten alten PolitikerInnen und den 87 neuen, die im vergangenen Jahr mit radikalen Sparplänen und mit der Unterstützung der Tea Party in den Kongress eingezogen sind. Dabei geht es auch um die Frage, welche Position die besten Aussichten auf einen Erfolg bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2012 eröffnet. Während die republikanische Basis nach Meinungsumfragen bereit ist, einen "Shutdown" in Kauf zu nehmen, wollen unabhängige WählerInnen - deren Unterstützung die RepublikanerInnen 2012 dringend brauchen - einen Kompromiss.

Ein "Shutdown" würde nicht unmittelbar die Regierungsaktivität der USA beeinflussen. Grundlegende Dienste, wie die Gesundheitsversicherung, würden weiterfunktionieren. Die Finanzämter hingegen würden schließen und unter anderem die Rückzahlung von Steuergeldern bis auf die Zeit nach dem "Shutdown" verschieben. Das erste Opfer eines "Shutdowns" würde am Samstag in Washington der jährliche Umzug zum Kirschblütenfest. Auch die in dieser Jahreszeit viel besuchten staatlichen Museen der Smithonian-Stiftung in der US-Hauptstadt sowie die Nationalparks der USA würden geschlossen werden. Bei der Nasa könnten zwei Ausflüge ins Weltall betroffen sein: der Shuttle "Endeavour" am 29. April, der Shuttle "Atlantis" am 29. Juni. Ob ein "Shutdown" Geld spart oder Geld kostet, ist umstritten. WirtschaftswissenschaftlerInnen vermuten, dass ein solches Signal den Aufschwung bremsen würde.

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