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Haushalte mit KindernStrom aus, Wohnung weg

Wie viele Kinder sind von Energiesperren und Zwangsräumungen betroffen? Das wollte die Linke von der Bundesregierung wissen. Aber die weiß es nicht.

Wie viele Kinder oder Jugendliche von Zwangsräumungen betroffen sind, weil die Energiekosten nicht mehr bezahlbar sind, ist unklar Foto: Michael Gstettenbauer/imago

Berlin taz | Wenn Strom oder Gas abgestellt oder eine Wohnung geräumt wird, ist das für Betroffene dramatisch – insbesondere, wenn auch Minderjährige im Haushalt leben. Die Bundestagsabgeordnete und Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek (Linke) wollte deshalb von der Bundesregierung wissen, wie viele Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in den letzten beiden Jahren von solchen Maßnahmen betroffen waren. Die Antwort lautet in beiden Fällen: Die Regierung weiß es nicht.

In Bezug auf die Energiesperren verweist die Bundesregierung in ihrer Antwort auf den jährlichen Monitoringbericht der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts. Laut diesem wurden im Jahr 2023 von den Netzbetreibern 204.441 Stromsperren durchgeführt, das sind etwa 4.065 weniger als im Vorjahr (2022: 208.506). Die Zahl der Gassperren ist 2023 hingegen um 5.072 auf 28.059 gestiegen (2022: 22.987). Erhoben werden die Daten von Lieferanten und Netzbetreibern. „Genauere Informationen zu einzelnen Gruppen in den Haushalten, wie beispielsweise die Anzahl der Kinder und Jugendlichen, liegen diesen grundsätzlich nicht vor“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Daher könne die Bundesnetzagentur diese auch nicht abfragen.

Nichtsdestotrotz: Dass Kinder betroffen sind, ist wahrscheinlich. In der Verbraucherzentrale Berlin kann man sich zum Beispiel zum Thema Energieschulden beraten lassen. Nicht alle Hilfesuchenden sind zwingend von einer Energiesperre bedroht oder betroffen. „2024 waren 56 Prozent der Ratsuchenden Single­haushalte und 27 Prozent Haushalte mit Kindern“, teilt die Berliner Verbraucherzentrale der taz mit. Von den Haushalten mit Kindern seien 48 Prozent Alleinerziehende.

Eine schlechte Datenlage gibt es auch beim Thema Zwangsräumungen. 2023 wurden laut einer Statistik des Bundesjustizministeriums, die der taz vorliegt, 32.669 Zwangsräumungen durchgeführt. Es wird nicht durchgängig zwischen Wohnraum und Gewerberaum unterschieden, aber es zeichnet sich deutlich ab, dass es sich beim Großteil um Wohnraum handelt. Ob Kinder betroffen sind, wird nicht erfasst und ist laut Bundesregierung „weiterhin nicht vorgesehen“.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, an die sich Menschen bei Wohnungsverlust wenden können, hat zwar keine Erhebungen zu Kindern und Jugendlichen bei Zwangsräumungen. Eine Sprecherin kann der taz aber bestätigen, dass „Familien (und damit Kinder) immer häufiger von Wohnungsverlust betroffen sind“. Dieser Trend verfestige sich.

„Dass auch Familien mit Kinder zwangsgeräumt oder ihnen Strom und Gas gesperrt werden, ist Fakt“, kritisiert Linkenabgeordnete Reichinnek. Beides sei „absolut nicht hinnehmbar“. Dass die Regierung diese Daten nicht erhebe, zeige, „dass dieses Problem verschleiert werden soll“.

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3 Kommentare

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  • Die Frage, warum wir - wieder einmal - nichts wissen, ist richtig und wichtig: Weil wir nämlich in durchaus relevanten Bereichen keinerlei ordentliche Statistiken führen. Wenn wir Glück haben, machen das vielleicht einzelne Bundesländer, aber eigentlich wäre es die Aufgabe dessen, der das gesamte Mietrecht verwaltet, diese Aspekte genau zu durchleuchten, und das ist der Bund. Das "Wohnungswesen" (was auch immer das sein mag) ist jedoch Ländersache. Die Länder interessieren sich aber nicht sonderlich für so unangenehme Themenbereiche.



    In Gesundheitsfragen verhält es sich übrigens genauso: Da die Gesundheit Ländersache ist und die Länder keine Lust haben, aufwändige Statistiken zu führen, sind wir auf US-Statistiken angewiesen, denn dort gibt es sie mit ganz erstaunlich großer Datenbasis.

  • „Dass auch Familien mit Kinder zwangsgeräumt oder ihnen Strom und Gas gesperrt werden, ist Fakt“, kritisiert Linkenabgeordnete Reichinnek. Beides sei „absolut nicht hinnehmbar“.

    Ok, dass das nicht gut ist kann ich verstehen, aber was genau wäre denn die Alternative? Was soll dann passieren wenn die Eltern einfach aufhören Miete oder Energie zu bezahlen?

    • @winter:

      Die wenigsten tun das, weil sie nicht wollen. Soll heißen, den Familien stehen Hilfen zur Verfügung. Diese müssen so gestaltet werden, dass Kinder vor Zwangsräumung geschützt sind.



      Ließe sich auch rechtlich umsetzen. Mietzuschüsse, die dem Kind zustehen, dürfen Eltern nicht anderweitig ausgeben. Könnte man generell so regeln, dass Wohngeld und andere Hilfsleistungen, die zum Wohnen gedacht sind, direkt an den Vermieter gehen, statt es dem Hilfsempfänger auszuzahlen, in der Hoffnung, dass es auch an den Vermieter weitergereicht wird. Habe nie verstanden, warum das anders ist.