Hartz-IV in der WG: Keine Arbeit, kein Zimmer
Bremens Sozialbehörde will die Mieten für Hartz-IV-Bezieher kürzen, die in WGs wohnen,.
455 Euro Kaltmiete zuzüglich Heizkosten und einem Zuschlag nach Stadtteilen hält das Jobcenter für Ein-Personen-Haushalte für angemessen. Bisher durfte die Miete bis zur Mietobergrenze für Ein-Personen-Haushalte heranreichen. Nun soll das Jobcenter Hartz-IV-Bezieher*innen nur noch die anteilige Miete der Familiensätze zugestehen. Die Mietobergrenze einer vierköpfigen Familie beispielsweise liegt bei 620 Euro – für einen WG-Mitbewohner stünde somit nur noch ein Mietanteil von 155 Euro zur Verfügung. Liegt die Miete über der zulässigen Obergrenze, werden Mieter zunächst zu einer Kostenreduzierung aufgefordert. Wird dem nicht Folge geleistet, wird die Miete nur bis zur Obergrenze übernommen.
Stoff für Diskussionen
Die Vorlage sorgt behördenintern offenbar für Diskussionen. Bereits zum zweiten Mal wurde das Thema von der Tagesordnung genommen. „Das Problem bedarf weiterer politischen Beratung“, erklärte Bernd Schneider, Pressesprecher des Sozialressorts. Anlass für die Änderung der Verwaltungspraxis sei eine Gesetzesänderung im SGB XII, die die Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung betrifft. Diese Gesetzgebung möchte das Sozialressort für die Arbeitslosensicherung übernehmen. Begründen wollte Schneider den Vorstoß während der laufenden Beratung gegenüber der taz nicht. Laut Vorlage soll verhindert werden, dass Mehrpersonenhaushalte wie mehrere Ein-Personen-Haushalte behandelt werden.
Herbert Thomsen vom Bremer Erwerbslosenverband bezweifelt die Übertragbarkeit der Vorschrift auf die Arbeitslosenunterstützung. Eine Differenzierung danach, ob Hartz IV-Empfänger*innen in einer WG oder alleine wohnen, stellt nach Urteil des Bundesverwaltungsgericht aus dem Jahr 2008 eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung dar. Begründet wurde das Urteil auch damit, dass der Platzbedarf von WG-Mitgliedern größer ist als von Familienangehörigen. „Wir gehen davon aus, dass die Praxis vor den Verwaltungsgerichten scheitern wird“, erklärt Thomsen. Er befürchtet jedoch, dass bis zu einer gerichtlichen Klärung viele Leistungsbezieher*innen eventuelle Bescheide akzeptieren könnten. Die Folgen für sie entstünden dann unabhängig von der Rechtmäßigkeit.
Hintertürchen für WGs
Eine Hintertür bleibt den Wohngemeinschaften aber: Die Mieter*Innen, die dem Jobcenter einen Untermietvertrag über die allein genutzten Räume vorlegen, müssten auch weiterhin wie Ein-Personen-Haushalte behandelt werden.
Wie relevant Änderungen der Mietobergrenzen für Empfänger*innen von Sozialleistungen sind, zeigt die Erhöhung der Mietobergrenze im März 2017. Seitdem übernimmt das Amt um rund 20 Prozent höhere Mieten. Genutzt hat die Erhöhung den Leistungsbezieher*innen nach Ansicht des Bremer Erwerbslosenverbands jedoch nicht: „Die Vermietungsgesellschaften haben blitzartig die „Preisschilder“ auf den Stand der neuen Obergrenzen gebracht“, so die Einschätzung dort.
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