Hartz IV für EU-Ausländer gestrichen: Allen soll es gleich schlecht gehen
Mit einer neuen Anweisung hat ein Großteil der EU-Bürger keinen Anspruch auf Hartz IV mehr. Der Grund: Die Regierung will alle EU-Länder gleich behandeln.
BERLIN taz | Eine Geschäftsanweisung der Regierung an die Bundesagentur für Arbeit stößt auf Kritik von der Opposition. „Das kommt einer einseitigen Kündigung der europäischen Solidarität gleich“, sagte Markus Kurth, Grünen-Sozialexperte, zur taz.
Die Regierung verwehre den Arbeit suchenden Unionsbürgern die notwendige Unterstützung. Andererseits würden ausländische Fachkräfte angeworben. Das sei paradox.
Laut der Anordnung vom Februar hat ein Großteil der EU-Bürger keinen Anspruch mehr auf Hartz-IV-Leistungen – unter anderem etwa Griechen, Spanier oder Portugiesen, also insbesondere solche, die durch die Eurokrise auf Migrationsgedanken kommen könnten. Bislang wurden ihre Ansprüche auf Sozialleistungen vom Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) geschützt.
„Die Zahl der Zuwanderer, die nach Ankunft Hartz IV beantragt haben, geht gegen null“, sagte Elke Ferner, Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. Sie hält die Kürzung daher für überflüssig. Das Arbeitsministerium verteidigte die Anweisung: „Willkommenskultur bedeutet nicht die Einladung zur Einwanderung in die Sozialsysteme.“
Das Argument lautet Rechtsangleichung, denn nicht alle EU-Staaten sind Mitglieder des EFA. Nun werden Bürger aller EU-Staaten gleich behandelt: sie haben alle kein Anrecht auf Hartz IV mehr.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, es wäre falsch, den „Kurzschluss“ einer politischen Botschaft ziehen zu wollen. Doch müsse gegen Leistungsmissbrauch vorgegangen werden. Werner Schulte aus dem Linke-Parteivorstand hielt dagegen: „Wenn es um nationale Interessen innerhalb der EU geht, ist der schwarz-gelben Regierung kein Mittel zu schäbig.
Das ist ein weiterer Schritt zur Abkopplung Deutschlands aus einer solidarischen europäischen Gemeinschaft.“
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip