piwik no script img

Hamsterkäufe wegen CoronaDeutsche horten Fertigsuppen

Wegen Hamsterkäufen in den Supermärkten zieht der Absatz von Konserven und haltbaren Lebensmitteln an – bei Fertigsuppen um 112 Prozent.

Gerade im Trend Foto: Paul Zinken/dpa

Nürnberg dpa/taz | Die Deutschen haben offenbar aus Furcht vor dem Coronavirus in der vergangenen Woche massiv Hamsterkäufe bei Konserven und haltbaren Lebensmitteln getätigt. Das Nürnberger Forschungsinstitut GfK ermittelte, die Verkaufsumsätze bei Fertigsuppen seien im Lebensmitteleinzelhandel um 112 Prozent im Vergleich zur Vorwoche gestiegen. „Solche Ausschläge haben wir sonst nirgends“, sagte GfK-Experte Robert Kecskes der Deutschen Presse-Agentur.

Bei Fisch- und Obstkonserven habe der Anstieg jeweils 70 Prozent betragen, bei Teigwaren wie Nudeln 73 Prozent. Gemüsekonserven gingen gar um 80 Prozent in die Höhe. Der gesamte Lebensmitteleinzelhandel habe damit in der vorigen Woche über alle Waren ein Plus von 14 Prozent verzeichnet.

Die Situation bedeute für die Händler die Chance auf kräftige Umsatzsteigerungen, berge aber auch Herausforderungen. Die Warenbestellungen für die nächsten Wochen gestalteten sich schwierig.

Möglich sei, dass die Menschen nach Abflauen der Virusangst vermehrt Lust auf frische Produkte hätten, sagte Kecskes. „Bleibt die Befürchtung vor einer Quarantäne in den eigenen vier Wänden jedoch weiter hoch, wird sich eine Nachfragesteigerung nach Frische-Produkten verzögern“, sagte er.

Zahl der Infizierten steigt auf 534

Indessen ist die Zahl der Fälle in Deutschland am Freitag auf 534 gestiegen. Das sind 134 mehr als noch am Donnerstagnachmittag, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) mitteilte. Die meisten Erkrankungen gibt es in Nordrhein-Westfalen mit 281, gefolgt von Baden-Württemberg (91) und Bayern (79). Aus Sachsen-Anhalt meldet das RKI weiterhin keine Corona-Fälle.

Das am Rand des Himalaya gelegene Königreich Bhutan lässt wegen Corona vorerst keine Touristen mehr ins Land. Dies gelte zunächst für zwei Wochen, teilte das Gesundheitsministerium mit. Das stark von Tourismuseinnahmen abhängige Land hatte zuvor den ersten Coronavirus-Fall bekanntgegeben – einen 79-jährigen Amerikaner, der per Flugzeug aus Indien angereist war.

Thailand erwartet einen schweren Konjunkturdämpfer durch die Epidemie. Die wirtschaftliche Entwicklung im laufenden ersten Quartal werde „nicht gut“ ausfallen, sagt ein Regierungsvertreter. Vor allem der wichtige Tourismussektor wird hart getroffen. Die Zahl der ausländischen Besucher sei um 50 Prozent eingebrochen. Die Zentralbank wird ihre Konjunkturprognose nach Worten von Gouverneur Veerathai Santiprabhob senken. Bislang lag die Wachstumsprognose bei plus 2,8 Prozent.

In Deutschland stellte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wegen der Ausbreitung des Coronavirus staatliche Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft in Aussicht. Die Regierungsparteien würden beim Koalitionsausschuss am Sonntag „wichtige Zeichen setzen“, sagte Mützenich dem Handelsblatt. Eine Ausweitung des Kurzarbeitergeldes, gekoppelt mit Weiterqualifizierung, habe die SPD bereits vor dem Ausbruch der Corona-Epidemie vorgeschlagen, „das kann aber gerade auch jetzt helfen“, sagte Mützenich.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Und schon ist es vorbei mit dem allseitigen Ruf nach "frischen Lebensmitteln aus saisonalem und regionalem Anbau". Wie schnell doch Luxusprobleme sich als solche entlarven.

  • Sie werden nicht am Virus sondern am schlechten Essen sterben....🙄

  • „Zahl der Infizierten steigt auf 534“



    Wenn in den Medien von Corona-Erkrankungen und -Erkrankten die Rede ist, erfahre ich immer nur die Zahl der (neu) Erkrankten und der Todesfälle. Aber niemals, wie viele der Erkrankten inzwischen genesen sind! Da gilt wohl das alte Prinzip „Only bad news are good news!“? Und weil die Medien-Konsumenten nicht erfahren, wie groß die Heilungschancen sind, „hamstern“ sie eben was das Zeug hält. Ist das nicht logisch?



    Vielleicht könnte die TAZ mal recherchieren!

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Hamsterkäufe hört sich egoistisch an, ist aber eigentlich sehr sozial. Weniger Leute im Supermarkt und in anderen Masseneinrichtungen und die Pandemie nimmt einen langsameren Verlauf.



    Die die hamstern, sind auch oft Ältere, die nun wirklich zu der gefährdeten Gruppe gehören.



    Ich war gestern im Kino. fahre nächste Woche auf Dienstreise mit der Bahn, weil ich mir sage, lieber jetzt den Virus bekommen, als später, wenn das Gesundheitssystem am Limit ist.



    Das ist durchweg egoistisch.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      auf den ersten blick ein interessantes argument, vorausgesetzt die leute gehen dann wirklich weniger raus und futtern zuhause brav ihre hamsterbacken leer. meines erachtens geht es erstmal ganz schlicht darum die angst vor der eigenen fantasie nicht zu spüren. das horten dient wohl eher der selbstberuhigung und der alltag geht erstmal wie üblich weiter. aber man hats halt. man muss dann nicht im falle einer knappheit selbstbestimmt-kreativ werden, man hat sich versichert und nimmt sich damit auch für die zukunft eine entwicklungschance. ich fürchte viele der gehorteten lebensmittel werden lange lagern und irgendwann im müll landen und fehlen dann wieder denen, die sie nötig haben. also eher ein weiteres argunent dafür, dass es eben nicht sozial ist. dazu kommt, die entspannteren unter uns oder jene, die kein geld für grosseinkäufe haben, blicken nun bei einigen produkten in leere regale. ich sehe da neben der angst auch die gier am werk, ein durchaus anschaulicher anlass zur kritischen auseinandersetzung mit dem zeitgeist. da zeigt sich eher eine antisolidarische, destruktive seite. vor allem aber zeigt es den mangel an vertrauen, vertrauen in die versorgung, in die eigenen möglichkeiten und in sein immunsystem. die angst kann sehr schnell eine dynamik annehmen, der sich dann viele nicht entziehen können, weil sie sich nie mit ihr auseinandergesetzt haben. es ist dieses greifen, was mir sorge bereitet. statt die gelegenheit zu nutzen, seinen verbrauch herunterzufahren, wird gerafft. und es ist noch nicht mal was passiert. wir leben in einem sehr empfindlichen system, welches von sehr labilen bürgern getragen wird, die vor allem anderen dem götzen der sicherheit dienen. wenn dann eine ahnung aufkommt, dass das mit der sicherheit vielleicht doch nicht so stimmt, dann geschieht, was sich gerade zeigt. den run auf klopapier begreife ich allerdings wirklich nicht. sind die leute auf der toilette so schmutzig, dass sie soviel brauchen? diarroehphobie? geschäftsidee?