piwik no script img

Hamed Abdel-Samad stellt sein Buch vorWenn der Islam in Kairo untergeht

Islamkritiker Hamed Abdel-Samad stellt in Ägypten sein Buch vor - und stößt auf Interesse. Das Publikum teilt seine Kernthese zwar nicht, sieht aber großen Reformbedarf im Land.

Der Politikwissenschaftler und Historiker Hamed Abdel-Samad stellte jetzt in Kairo sein Buch vor. Bild: dpa

KAIRO taz | In seiner Wahlheimat Deutschland ist Hamed Abdel-Samad mit seinem Buch "Der Untergang der islamischen Welt" einer der neuen Stars der Islamdebatte. Der aus Ägypten stammende Politologe wird mit seiner Forderung nach einer "geregelten Insolvenz" für den Islam ("wenn er eine Firma wäre, wäre er längst pleitegegangen") durch Talkshows gereicht. Ab Sonntagabend hat er in der ARD mit Henryk M. Broder sogar ein fünfteiliges TV-Format erhalten. Im Oktober war der Sohn eines Imams in seiner Ursprungsheimat.

Um es vorwegzunehmen: Niemand hat in Kairo sein Messer gewetzt, um dem "Feind des Islam im eigenen Haus" den Garauszumachen. Keine Polizei sichert das Gebäude im Zentrum der 18-Millionen-Stadt, in dem Abdel-Samad die arabische Version seines Buches vorstellt. In einer heruntergekommenen Wohnung sind zwei Dutzend Intellektuelle, Schriftsteller und Journalisten auf abgewetzten Sofas zusammengerückt.

Abdel-Samad beginnt mit einer Beschreibung der islamischen Gesellschaften im 21. Jahrhundert. Alle Lebensbereiche seien erstarrt, man fliehe in die Vergangenheit und verstecke sich hinter einer Mauer der Moral. Wenn er auf der Straße irgendjemanden frage, warum diese Gesellschaften früher führend waren und was seitdem passiert sei, erhalte er immer die Antwort: "Weil wir uns von der Religion entfernt haben", referiert der ägyptische Gast aus Deutschland, um dann zu seiner Kernthese zu kommen: Nicht die Rückkehr zur Religion sei geboten, "der Islam ist Teil des Problems".

Kein Zwischenruf, kein Einwand. Kurz darauf schließt Abdel-Samad mit einem Bild: "Die islamische Gesellschaft ist wie ein baufälliges Haus, und anstatt anzuerkennen, dass es nicht mehr bewohnbar ist, wird es von den Muslimen mit einer neuen schönen Farbe angestrichen."

Das klingt griffig. Aber beeindruckt es auch das ägyptische Publikum? Nabil Abdel Fattah, Leiter der historischen Abteilung am renommierten Ahram-Zentrum für strategische Studien, ist eher eine ruhige akademische Natur. Er stellt das Buch als Gegenredner in Frage: Es gebe viele Bücher, die sich mit der Frage beschäftigen, warum Länder wie Ägypten zurückgeblieben sind. "Sie alle verallgemeinern und vereinfachen, und genau das ist das Problem: die Dinge nicht auch im historischen und politischen Kontext zu sehen."

Abdel Fattah bezweifelt, dass islamische Gesellschaften von Indonesien über die Türkei, Saudi-Arabien, Ägypten bis hin zum Maghreb überhaupt eine Einheit auf Grundlage ihrer Religion darstellen. Er spricht nicht von einem, sondern von vielen Formen des Islam. Und wenn der Islam die Ursache für den Rückschritt sei, warum folgen dann Ägyptens christliche Kopten, die immerhin zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen, gesellschaftlich den gleichen Mustern? Doch am Ende lobt er das Buch wieder: "Es hat Spaß gemacht, es zu lesen. Ein Buch, das keine Fragen aufwirft, ist ein totes Buch. Dies ist ein Buch, dass lebt."

Die Diskussion wird nur einmal laut, als ein Teilnehmer Abdel-Samad vorwirft, sich in der antiislamischen Stimmung in Deutschland instrumentalisieren zu lassen. Doch es bleibt der einzige Einwand dieser Art an diesem Abend. Thilo Sarrazin ist weit weg. Keiner im Raum will die Zustände in Ägypten verteidigen. Nur in der Ursachenforschung scheiden sich die Geister.

Auf einem der Sofas sitzt die 23-jährige Journalistin Rehab Luay vom staatlichen Politmagazin Rose al-Yussuf. Sie hat die ganze Zeit mitgeschrieben. Zwei wache Augen schauen unter dem weinroten Kopftuch hervor. "Genauso wie Abdel-Samad ist keiner hier mit den Zuständen zufrieden. Wir schöpfen einfach unsere Potenziale nicht aus", sagt sie. Aber der Gast aus Deutschland klage mit dem Islam den Falschen an, schließlich gebe es viele Länder in der Dritten Welt, die ähnliche Probleme hätten. "Mit dem Finger auf etwas zu deuten, was falsch läuft, heißt, dass man es verändern will. Abdel-Samad und ich wollen am Ende das Gleiche."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

12 Kommentare

 / 
  • T
    TOM

    Komensky: Gut das es Leute gibt die wissen was der Moslem (alle Moslems) planen...alle 1.3 Milliarden, vom Baby bis zum Greiß. Alle wollen Sie natürlich in den Westen um es zu erobern. Schön das es Leute wie dich gibt, die den Ball flach halten

  • M
    Moritz

    @ TOBIAS RÜGER: Vollkommen überzogen ihre Aussagen. Die Kopten in Ägypten werden häufig weniger diskriminiert als die Moslems in Deutschland. Unter Saddam Hussein war der christliche Tarik Asis der Vizepremier und viele Christen hatten hohe Ämter. Nachdem die "christlichen" USA den Irak überfallen haben und hunderttausende Menschen starben, herrscht Bürgerkrieg zwischen Sunniten, Schiiten, Christen, Kurden, Atheisten und was auch immer. Sie sollten sich mal wissenschaftlich mit der europäischen Kolonialzeit in den islamischen Ländern auseinandersetzen. Dann können sie das grausame Ausmaß der europäischen Geschichte besser erfassen.

  • N
    noevil

    Aus meiner Sicht können weder der Islam noch irgendeine andere Religion für gesellschaftliche, wirtschaftliche oder sonstige Miss- oder Rückstände verantwortlich gemacht werden, soweit deren Vertreter nicht dafür sorgen, dass die Mitglieder ihrer Kirchen deren Bücher lesen und objektiv verstehen können, lernen, die Augen und den Verstand wach und offen zu halten und die Freiheit haben, Fragen stellen zu dürfen. Wer keine Fragen stellen und keine überzeugenden Antworten erhalten kann, der muss die Freiheit haben, seine eigenen Konsequenzen zu ziehen, ohne dafür geächtet oder verstoßen zu werden.

  • JA
    Jan Amos Komensky

    Ob der Muslim die Implikationen seiner Religionsideologie durchschaut, muss bezweifelt werden: (1) Der Islam ist eine Beduinenkultur, d.h. abgrasen und weiterziehen. Z.Z. möchten 1,3 Mrd. Beduine nach Europa ziehen und hier ihre Zelte aufschlagen. (2) Der Islam ist eine arabische Raubzugsideologie, die in der Scharia und der "Tradition" präzise formuliert hat, wie man gegen Unislamische vorgehen muss, um sie zu unterwandern, zu unterwerfen, zu vertreiben und zu vernichten. - Das ist in Ägypten in vollkommenster Weise geschehen. Das Ergebnis ist das heutige Ägypten, ein totes Land, eine tote Kultur, in das der Tourist fährt, um tote Steine zu besichtigen.

  • F
    Franzi

    Liebe Zeit-Redaktion,

    wenn Sie schon wieder einen Quoten-Moslem nur auf Grund seiner Religion (das nennt man Diskriminierung) schreiben lassen müssen, dann überprüfen Sie doch bitte wenigstens seinen Text. Der Text ist übervoll mit falscher Grammatik und Zeichensetzung!

    Peinlich!

  • US
    Ulrike Schütz

    Ich finde dieses Buch so ehrlich, dass ich betroffen bin. Ich habe auch "Mein Abschied vom Himmel" gelesen und glaube, dass das Buch "Der Untergang der islamischen Welt" nicht ein politisches, akademisch-intellektuelles (o.ä.) Buch ist, sondern ein Buch, das mit Herzensblut und gesundem Menschenverstand geschrieben ist. Danke! Ulrike Schütz

  • S
    sascha

    ein intelligente und amüsantes buch. auch geeignet linke phantasmen zu zerstreuen - vielleicht drück jemand der redaktion, der "blöggerün" kübla in die hand.

  • TR
    TOBIAS RÜGER

    Die Kopten folgen nicht, wie der Autor behauptet, gesellschaftlich den gleichen Mustern. Sie sind in Ägypten regelmäßig Schikanen und Übergriffen ausgesetzt und halten daher ein niedriges Profil im öffentlichen Raum. Ihnen diese durch nackte Gewalt angedrohte Anpassungsleistung zum Vorwurf zu machen, ist infam. Dass christliche Araber zu gesellschaftlich bedeutenden Ergebnissen kommen sieht man dort, wo sie an Ihrer kulturellen Entfaltung nicht systematisch gehindert werden: im Libanon und in Israel.

    Nicht, dass Karim el-Gawhary das nicht wüsste.

  • A
    Anton

    Lächerlich, noch ein religionsverteidigender Artikel.

     

    Seht es ein, die Dogmen des Islam sind schuld!

     

    Würde die katholische Kirche hier regieren wären wir auch noch nicht so weit.

  • JR
    Josef Riga

    Es ist richtig, dass Länder wie Marokko und Indonesien so unterschiedlich sind, dass der dort gelebte Islam nur e i n e Gemeinsamkeit darstellt, die von vielen anderen Unterschieden wieder relativiert wird. Es ist eine Gemeinsamkeit des Herkommens, di sich in der Zukunft noch bewähren muss, die die Gegenwrt nur teilweise bestimmt. Selbstverstzndlich ist es keine suffiziente Antwort, wenn Islamanhänger auf die Frage nach dem jetzigen Rückstand ihrer Länder immer nur sagen: wir müssen zu den Wurzeln des Glaubens zurück (das sind sozusagen die "Lutheraner" innerhalb der Sunna!)Richtig ist aber auch, dass eine weitere, verstärkte Säkularisierung ebenfalls die Probleme nicht löst. Sie würde nur dem Westen und den Chinesen helfen, ihre Suprematie auf diesem Globus zu verlängern und zu verfestigen. Mehr Säkularismus - gleich mehr Kommerz, mehr Zerstörung der Lebenswelten von Mensch und Tier, mehr Wohlstand und mehr Verzweiflung im "Hier und Jetzt". Wollen wir das wirklich auch noch für Arabien, Indien etc...? Wem könnte das jemals etwas helfen?

  • S
    Siggi

    Na dass der Islam untergeht, ist wohl das Letzte, was ich glaube.

  • A
    Ali

    Was ein islamophober Rechtsextremist...

     

    Warum muss man so einen Mist in der taz lesen?