Hamburgs FDP und die Gleichberechtigung: Keine Lust auf fifty-fifty
Gerade erst haben die Grünen beschlossen, ein Parité-Gesetz für Hamburg auf den Weg zu bringen. Die FDP-Bürgerschaftsfraktion will das verhindern.
„100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts, wäre es ein absolut falsches Signal, wenn das Geschlecht bei der Kandidatenaufstellung plötzlich wieder eine Rolle spielte“, so Treuenfels-Frowein. Auch sonst folgt die FDP in ihrem Antrag den bekannten Argumenten gegen ein Parité-Gesetz: Sowohl die Rechte der Parteien als auch die Freiheit der Wahl würden so eingeschränkt. Außerdem würde das Hamburger Wahlrecht es den Wähler*innen durch Panaschieren und Kumulieren schon freistellen, die Stimmen entsprechend der „eigenen Vorstellung von Geschlechterparität“ zu verteilen.
Gewählt werden kann aber nur, wer auch auf den Listen steht. Auch deshalb hält Anna Gallina, Landesvorsitzende der Grünen, nichts vom Antrag der FDP. Aus ihrer Sicht müssten Wähler*innen ein „gleichberechtigtes Angebot“ bekommen. Gallinas Antrag für die Einführung eines Parité-Gesetzes für die Wahlen zur Bezirksversammlung und der Bürgerschaft wurde erst Anfang des Monats auf dem kleinen Parteitag der Grünen beschlossen.
Darin argumentiert sie, dass nur die paritätische Wählbarkeit für eine gerechte Vertretung der politischen Interessen aller Bürger*innen sorgen könne. Tatsächlich dominieren in allen deutschen Parlamenten Männer. In der Hamburger Bürgerschaft liegt der Frauenanteil derzeit bei nur 38 Prozent. Nur die Fraktionen von Grünen und Linken sind paritätisch besetzt. In der FDP-Fraktion sind es sechs Männer und drei Frauen.
Verfassungsrechtliche Bedenken
Brandenburg beschloss Anfang des Monats als erstes Bundesland ein Parité-Gesetz. Mehrere Parteien kündigten aber bereits an, beim Landesverfassungsgericht Klage dagegen einreichen zu wollen. Ein Grund ist eine mögliche Diskriminierung von Menschen des dritten Geschlechts.
Wie genau ein Hamburger Parité-Gesetz aussehen soll, damit wollen sich die Grünen laut Beschluss in der kommenden Legislatur beschäftigen. Dabei sollen die verfassungsrechtlichen Bedenken und die Fragen um das dritte Geschlecht mit diskutiert werden. Dass sich ihr Vorstoß dank des FDP-Antrags erledigen wird, scheint eher unwahrscheinlich, auch wenn diese die CDU auf ihrer Seite haben dürfte.
Zwar wird innerhalb der Koalition noch beraten, wie mit dem FDP-Antrag umgegangen werden soll, wie es von den Grünen heißt. Doch dass die SPD ihrem Koalitionspartner in den Rücken fällt, ist wohl unwahrscheinlich. Die SPD stellt ihre Wahllisten paritätisch auf und die Forderung nach gleichberechtigter Teilhabe von Frau und Mann an der parlamentarischen Arbeit sei ur-sozialdemokratisch, wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Kienscherf zur taz sagt. „Für die Beratung und Prüfung einer etwaigen Neuregelung können und sollten wir uns Zeit nehmen“, so Kienscherf.
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