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Hamburger Festival „48h Jenfeld“Von und für die Menschen vor Ort

„48h Jenfeld“ bringt die Musik eines stigmatisierten Hamburger Stadtteils und versucht, den Be­woh­ne­r:in­nen ein Stück Lebensqualität zurückzugeben.

Rapper „Secret111“ bei seinem Auftritt bei „48h Jenfeld“ Foto: Christiane Stephan/Musik aus Jenfeld

Hamburg taz | Jenfeld ist ein stigmatisierter Stadtteil in Hamburg. Viel Kriminalität, viel Armut soll es dort geben. Jenfeld hat ein infrastrukturelles Problem: Es liegt am Stadtrand, ist geprägt von großen Straßen mit Durchgangs- und Pendelverkehr. Restaurants, Cafés und Freizeitangebote gibt es hier wenig. Doch jenseits der Vorurteile ist Jenfeld auch ein lebendiger und diverser Stadtteil – auch in Sachen Musik.

Dieses Potenzial will Steph Klinkenborg bergen. Sie ist Mitgründerin des erfolgreichen „48h Wilhelmsburg“, das jährlich etwa 20.000 Be­su­che­r:in­nen anlockt. Im Stil dieses Festivals, das man ähnlich auch aus Berlin-Neukölln kennt, fand vergangenes Wochenende das erste „48h Jenfeld“ statt: mit Künst­le­r:in­nen und Gruppen aus dem Quartier.

Die Festivalor­ga­ni­sa­to­r:in­nen wollten neben den Menschen aber auch jene Orte, die in der Wahrnehmung der Menschen meist keinen Platz haben, ins Bewusstsein rücken. Dazu wurden etwa ein Gewerbehof und eine Autowaschanlage als Spielorte zweckentfremdet. Vor allem Letztere ist geradezu sinnbildlich für das Konzept. Denn was könnte stimmiger sein für die Musik der Straße als eben ein Teil der Straße – der noch dazu an Coolness kaum zu überbieten ist?

Uneitel und schmucklos geht es hier um die Kunst selbst. Auf einem Platz zwischen einer vielbefahrenen Straße und einer McDonald's-Filiale, der genauso in einer niedersächsischen Kleinstadt liegen könnte, performt Rapper „Secret111“, der selbst in Jenfeld aufgewachsen ist. Davon handeln seine Lieder, auch zwischendurch spricht er darüber: „Ich wohne jetzt zwar in Horn, möchte Jenfeld aber etwas zurückgeben“.

Zielbewusst dirigiert Secret111 einen Spendenhut durch das Publikum und „zu den Eltern da vorne“: einer Gruppe Anfang 40-jähriger Nicht-Jenfelder:innen. Die Spenden kommen dem Netzwerk „Musik aus Jenfeld“ zugute, welches die kulturelle Teilhabe im Viertel fördert. Am Ende seines 45-minütigen Auftritts liegen etwa 100 Euro in dem pinken Glitzerhut. Auch der Rapper hat seine Gage gespendet.

Es geht nicht nur um Rap. Auch die Blues-, Country- und Folkband „Country Coasters“ gab neben ­einem Spielplatz am Fuße eines Wohnturmes ihr Repertoire zum Besten und konnte einige Gruppen, teils mit Campingstühlen und Dosenbier ausgerüstet, in die Nebenstraße locken.

Was die Besuchszahlen betrifft, kann das Festival noch nicht mit ihren Namensvettern in Berlin und Wilhelmsburg mithalten. Das ist aber nicht überraschend am Anfang so eines Projekts. Wichtiger ist: dass die Jen­fel­de­r:in­nen ein Stück Lebensqualität hinzugewinnen – und das übrige Hamburg seine Vorurteile im direkten Kontakt abbauen kann.

Und so was tut ja nicht nur Hamburg gut: In jeder Stadt gibt es Viertel wie Jenfeld. Sie gelten als abgehängt, die Privilegierten haben Berührungsängste. Und das Stigma wächst immer weiter: Manchmal reicht schon die Postleitzahl, damit junge Menschen aus solchen Quartieren keine Antwort auf ihre Bewerbungen ­landen. „48h Jenfeld“ sendet ein Signal, den eigenen Lebensraum nicht den Ressentitments der anderen zu ­überlassen.

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