Projekt für kulturelle Teilhabe: Freizeitspaß für alle!

Die Bremer „Freikarte“ soll Kindern und Jugendlichen etwas zurückgeben. Jetzt muss der Senat sich auch darum kümmern, dass alle eine bekommen.

Der Bremer Freimarkt bei Nacht. Links im Vordergrund ein Kettenkarussel. Die Fahrgeschäfte leuchten mit bunten Lichtern und Reklameschriftzügen.

Gerade heiß begehrt bei jungen Bremer*innen: der Freimarkt auf der Bürgerweide Foto: Sina Schuldt/dpa

Eigentlich ist es eine schöne Idee: Alle Kinder und Jugendlichen in Bremen bekommen eine Freikarte mit 60 Euro Guthaben. Die können sie bis Ende des Jahres auf dem Freimarkt, im Kino oder auf der Kart-Bahn auf den Kopf hauen. Seit Montag ist die sogenannte „FreiKarte“ in rund 50 Freizeiteinrichtungen gültig. Der Senat will damit „den Kindern und Jugendlichen nach zwei Jahren des Verzichts und der Einschränkungen etwas zurückzugeben“.

Nur leider hat die Karte gar nicht alle Bremer Kinder erreicht – vor allem nicht jene, die ohnehin schon benachteiligt sind. Grund dafür ist das Vergabeverfahren, das auf Daten des Einwohnermeldeamtes beruht. Viele Kinder sind nicht dort gemeldet, wo sie wohnen: etwa papierlose Kinder, die durch ihren Status automatisch keine Meldeadresse haben.

Auch Kinder in Übergangswohnheimen, in der Erstaufnahme und in Notunterkünften seien oft nicht gemeldet, beklagte schon der Bremer Flüchtlingsrat: Weil die Träger, die dafür zuständig sind, diese oft nicht melden würden. Oder weil die Meldebehörde eine Anmeldung verweigert, da kein Aufenthaltstitel vorliege. Auch einige Pflegekinder betrifft das Problem.

Die Senatskanzlei, die das Projekt in die Wege geleitet hatte, hat sich bewusst für eine „schlanke, bürokratiearme“ Vergabe per Meldedaten entschieden. „Das ist die erfolgversprechendste Möglichkeit, viele Kinder zu erreichen – ohne gesonderten Antrag“, sagte dazu Karl-Henry Lahmann, Sprecher der Senatskanzlei. Dass damit nicht alle Kinder erreicht werden konnten, sei klar gewesen.

Verständlich, aber trotzdem ärgerlich

Tatsächlich ist es verständlich, dass die Senatskanzlei ein schlankes Verfahren wählt. Eine Vergabe über andere Wege wäre schwierig geworden. Die Komplikationen, die sich bei einer Zuteilung über Schulen und Kitas ergeben hätten, möchte man sich gar nicht ausmalen – hier hätte die Bürokratie ihre wahre Freude! Auch ein Verfahren, bei dem Eltern ihren Kinder die Karte hätten besorgen müssen, hätte Ausschlüsse produziert. Also scheint es sinnvoll, die Liste vom Einwohnermeldeamt heranzuziehen und fertig.

Trotzdem ist es schwer zu ertragen, dass wieder genau die Kinder ausgeschlossen werden, die eh schon Ausschlusserfahrungen machen: weil sie geflüchtet sind, Deutsch erst noch lernen müssen oder in Familien hineingeboren sind, die sie einfach nicht so gut behüten können. Das ist strukturelle Diskriminierung.

Den Anspruch, dass eine Verwaltung wenigstens versucht, diese Ausschlüsse abzufedern, darf man trotzdem haben. Sie sollte also dringen zusehen, dass alle Kinder die Karte nun doch noch erhalten.

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Seit September 2022 Volontär*in bei der taz nord in Hamburg. Hat Politikwissenschaften und Transkulturelle Studien an der Uni Bremen studiert.

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