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Habecks BewerbungsvideoKanzler-Era

Robert Habecks Rückkehr in die sozialen Medien ist gleich von Anwaltspost begleitet. Und doch macht sein kurzes Video Hoffnung in trüben Zeiten.

Robert Habeck gibt auf Social Media Hinweise auf seine Zukunftspläne Foto: dts Nachrichtenagentur/imago

N ur zehn Sekunden ist das Video lang: Ganz leger in grauem Pullover sitzt Robert Habeck am Schreibtisch, über ein Manuskript gebeugt und summt vor sich hin.

Grönemeyer-Fans erkennen die Melodie sofort: „Zeit, dass sich was dreht“, das WM-Lied des Jahres 2006, dessen Verwendung Grönemeyer der Jungen Union gerade untersagt hatte.

Nach dpa-Informationen hat der Popstar über seinen Anwalt Christian Schertz nun „auch die Partei Bündnis 90/Die Grünen und Herrn Habeck aufgefordert, es in Zukunft zu unterlassen, Lieder von Herbert Grönemeyer und hier konkret das Lied ‚Zeit, dass sich was dreht‘ für Wahlkampfzwecke zu nutzen.“

Robert Habeck ist also gleich mit einem Dämpfer zurück auf der Plattform X´gestartet. Er wolle sie nicht mehr den „Schreihälsen und Populisten“ überlassen, erklärt er. „Nicht heute. Nicht in dieser Woche. Nicht in dieser Zeit.“ 2019 hatte Habeck den Social-Media-Plattformen Instagram und X abgeschworen. Auslöser war ein Shitstorm in Reaktion auf ein Wahlkampfvideo in Thüringen gewesen.

Relativ jung

Nach gerade einmal zwei Tagen Ampel-Aus hat der Wahlkampf ganz augenscheinlich begonnen: Nach einem ersten Statement auf X („Back for good“) teilte der Grünen-Politiker und Wirtschaftsminister das kurze Video, das als Ankündigung einer Kanzlerkandidatur verstanden werden kann, die nun auch offiziell folgte.

Die Hinweise darauf sind zwar nicht direkt zu entdecken, in ihrer Art aber dennoch eindeutig. Im Hintergrund des spärlich beleuchteten Raumes ist auf einem Kalender das heutige Datum, der 8. November markiert. „Von hier an anders“ lautet die dazugehörige Überschrift des Videos.

Dass Robert Habeck im Vergleich zu einigen seiner Kol­le­g:in­nen mit seinen 55 Jahren noch relativ jung ist, soll man wohl auch dieser Videobotschaft entnehmen. Am Handgelenk trägt er ein Armband, die weiß-gelben Perlen daran bilden das Wort „Kanzler Era“, eine Anspielung auf Taylor Swift, die ihre Alben in „Eras“ unterteilt und zuletzt für die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris geworben hatte.

Betont locker sitzt er da, die Ärmel nach oben gekrämpelt, und grinst in die Kamera. Habeck, der sonst sehr bedacht und staatsmännisch daherkommt.

Klein, süß

„Das ist ein kleines, süßes, katzenartiges Video, das Sie da heute gepostet haben“, kommentierte prompt Markus Lanz das Video am Donnerstagabend.

Für manch politischen Beobachter mag das Video zu aufgesetzt wirken, zu gewollt. Doch vielleicht ist genau das das Geheimnis dieses kleinen Clips. Vielleicht ist es genau das, was wir gerade brauchen: etwas zum Schmunzeln, in dieser Woche voller Eilmeldungen und Hiobsbotschaften.

Wer kann es uns verübeln, wenn wir uns freuen, dass ein Minister nicht nur als Krisenverwalter mit Sorgenfalten in Erscheinung tritt? Das kleine Video von Habeck ist in genau diesem Moment ein Geschenk. Gerade eine Generation junger Wäh­le­r:in­nen könnte zu Zeiten, in denen Maximilian Krah in den sozialen Medien von „echten Männern“, die rechts wählen sollten, redet und immer mehr rechte In­flu­en­ce­r:in­nen Hetze und Hass verbreiten, Hoffnung schöpfen.

Jung und sympathisch wirkt Habeck in diesem Video. „Ich bin bereit“, ist die Message. Dass es dabei um mehr als ein paar Klicks geht, zeigen die Reaktionen – vor allem von jungem Publikum: „Yess!!! Ich bin so ready!!“, kommentiert eine Userin. Das ist nicht nur ein Jubelruf, sondern der Ausdruck eines ganz allgemeinen Bedürfnisses. Es ist das Bedürfnis nach einem Moment der Leichtigkeit. „Endlich wieder ein safe space“, ein sicherer Raum, findet eine andere.

Vielleicht reicht das nicht, um die Umfragewerte seiner Partei zu retten, die Grünen liegen gerade einmal bei 11%. Aber es erinnert uns daran, dass Politik manchmal auch einfach ein bisschen Humor vertragen kann.

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Studierte Psychologie in Konstanz und Barcelona. Arbeitet als freie Journalistin.
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22 Kommentare

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  • Mein Verdacht ist eher das Habeck seine Kanzlerkandidatur jetzt öffentlich gemacht hat nicht nur aus seiner "Liebe" zu Deutschland kommt sondern weil er es nicht auf dem Parteitag der Grünen, unter Gegenstimmen von Fundis und Jungen Grünen, riskieren wollte. Habeck möchte seinen Nummer 1 Status bei den Grünen fixieren und die gesamte Partei auf seine Linie bringen. Wer traut sich jetzt noch den Nestbeschmutzer zu geben und den Kanzlerkandidaten öffentlich anzugreifen ??

    • @Günter Witte:

      Strategisch auf jeden Fall klug, und wer soll es sonst machen? Irgendein:e Kompromisskandidat:in? Irgendjemand aus der Ecke identify politics?

      • @derzwerg:

        Natürlich könnte man auch mit Leistung überzeugen, dann würde sich der Führungsanspruch von selber ergeben. Aber da sind wir wieder bei ihnen : WER soll es machen .., ?

  • Man/Frau muss nur sehen, wie sehr der Söder Schaum vor dem Mund trägt, um zu erkennen, wie wohltuend es ist, jemanden zu sehen, der sich aus dem Ampelkrieg heraushält und im fraglichen Augenblich Handlungsfähigkeit signalisiert.

  • also ehrlich, ich habe mir ein paar MInuten des Videos angeschaut. Die Küche sah aus wie ein Hintergrundbild, aber seis drum. Mich hat das Video ein wenig an das Video von Otto erinnert wo er das "Wort zum Sonntag" persifliert ("Theo, vier fahrn nach Lodz"). Damit war jede mögliche positive Wirkung natürlich unmöglich geworden. Robert Habeck ist mittlerweile und irgendwie eine Karikatur seiner selbst geworden..

    • @Gerald Müller:

      Ne, eh klar, dann muss Friedrich Merz her. Wäre ja noch schöner, wenn sich in D'land mal irgendwas ändern würde

  • Ich werde, aufgrund von unvermeidbaren biologischen Gründen, in naher Zukunft ein kleines Reihenhaus erben. Plan war es, das Haus zu vermieten, um so meine bescheidene Rente aufzubessern. Um es vermieten zu können, müsste ich in eine adäquate Isolierung und eine neue Wärmepumpe investieren. Leider übersteigt das mein Budget deutlich. Was mir bleibt ist der Verkauf. Davon kann ich mir leider keine vergleichbare Immobilie kaufen, die den gleichen Ertrag abwerfen würde. Ganz zu schweigen von den horrenden Kaufnebenkosten.

    Sie verstehen sicherlich, dass ich die Kanzlerkandidatur der Person, die das zu verantworten hat, nicht für gut heißen kann.

    • @Turbulenzbewältiger Moser:

      Nochmal zur Erinnerung:



      Habeck hat keine Heizungen verboten, diese Behauptung ist eine BILD-übliche Verzerrung der Tatsachen.



      Dass es für Nicht-Reiche immer enger wird, ist eine Tatsache, aber das liegt nicht ausschließlich an Habeck.



      Wie weit jeder Einzelne durch sein Konsumverhalten dazu beigetragen hat, muss jeder für sich selbst beurteilen - sofern er es nicht vorzieht, derartige Gedankengänge zu verdrängen.

    • @Turbulenzbewältiger Moser:

      Das ist auch völlig in Ordnung, für solche Menschen gibts dann die anderen Parteien (FDP, CDU, AfD usw.)

    • @Turbulenzbewältiger Moser:

      Also für den Klimawandel tragen schon wir alle die Verantwortung.

  • Habe keinen Bock auf Machtmenschen, die mich regieren wollen, egal ob sie Habeck, Merz, Lindner, Scholz oder wie auch immer heißen. Die BerufspolitikerInnen können von mir aus allesamt mit Dank des Bundespräsidenten (und den gleich mit) in den vorgezogenen Ruhestand versetzt werden.

    Bock hätte ich mal darauf, echte oder mindestens mehr Demokratie zu wagen, dass eine bunte Mischung von Mitmenschen über das Wohl der Gesamtheit von Mitmenschen berät. Chaotische Zeiten sind doch auch eine Chance, endlich mal etwas zu wagen, was es in Deutschland noch nie gab: Demokratie.

    • @Stoersender:

      Eine direkte Demokratie hat doch nichts mit Chaos zu tun. Im Gegenteil, eine direkte Demokratie würde solche Entgleisungen, wie wir sie jetzt, durch unsere repräsentative Demokratie, erleben mussten, verhindern.

    • @Stoersender:

      Bei Politik geht es um Macht wie es beim Bäcker um Brot geht.



      Wie man mit ihr umgeht und wofür, das ist der Punkt. Ist sie durch Wahlen oder anders legitimiert oder nicht?



      Verstehen Sie mich nicht falsch, D. van Reybrouck darf man gerne gelesen haben - aber auch verstanden.



      Billige populistische Abwertung von Politiker-Mitmenschen wie von Ihnen gerade bringt uns dabei arg wenig weiter.

    • @Stoersender:

      Sind die Politiker keine bunte Mischung von Mitmenschen mit unterschiedlichsten Ansichten und Ideen?



      Wo wäre bei ihrem Ansatz der Demokratie Teil? Bei den Wahlen? Ja die Politiker sind ja gewählt und Mitmenschen.

      Was Sie im Grunde beschreiben ist das was wir momentan haben. Diese bunte Mischung aus Mitmenschen teilt nur einfach nicht Ihre Meinung.

      Zum anderen ist es kaum möglich mit irgendwelchen zufälligen Mitmenschen Politik zu betreiben, denn in der Detailarbeit werden die im Zweifel immer an bestehenden Gesetzen scheitern.

      • @Walterismus:

        Demokratie , da bin ich auch bei Ihnen.



        Tendieren Sie denn zur direkten Demokratie oder eher zur repräsentative Demokratie ?



        Möglichst umfamgreiche Mitbestimmung für mündige, verantwortungsvolle Bürger - sollte doch in einer Demokratie wünschenswert und auch selbstverständlich sein.

  • So langsam sinken meine noch vorhandenen Sympathien für Grünen. Hat man echt nichts besseres zutun als jetzt einen aussichtslosen Kanzlerkandidaten aufzustellen? Sowas passt für mich eher zu einer Kaspertruppe wie der FDP und einem eitlen Gecken wie Lindner.



    Ich halte es eher für angebracht die halbgaren Gesetzesentwürfe der Grünen die noch rumliegen, in Ruhe von Fachleuten überarbeiten zu lassen und auch seriöse Finanzierungskonzepte dafür zu entwickeln, auch wenn sie keine Chance mehr haben auf den Weg geschickt zu werden. Man kann dann den neoliberalen Dummschwätzern von Union und AgD immer was konkretes entgegenhalten, wenn die wieder mit ihren üblichen Märchen um die Ecke kommen.

    • @Axel Schäfer:

      Zugegeben auch meine ersten Gedanken.



      Aber ist es nicht taktisch klug von Habeck, sich jetzt zu positionieren und somit Merz den Wind aus den Segeln zu nehmen ?



      Ich finde - genau der richtige Zeitpunkt.

    • @Axel Schäfer:

      Wofür konstruieren Sie da einen Gegensatz? Gesetzesentwürfe einzubringen ist genau das, was Rot und Grün ankündigten. Richtig so.

  • Ich habe Zweifel an seinem politischen Urteilsvermögen. Das Vorgehen beim Heizungsgesetz war ein Desaster, obwohl er doch eigentlich so ein großer Kommunikator sein soll. Und die Kanzlerkandidatur ausgerechnet mit einem Wiedereinstieg bei Elon Murks' X beginnen, dieser rechts freidrehenden Plattform? Ist vergleichsweise banal, aber verstörend.

    • @Theo Riemann:

      Wie wir alle wissen hat Habeck das Desaster, in Bezug auf das Heizungsgesetz, nicht allein zu verantworten.

    • @Theo Riemann:

      Zu X kann man so oder so stehen - womöglich wird Habeck mit Musk bald als US-Beauftragten verhandeln dürfen.



      Das Heizungsgesetz wurde von der FDP als Vorversion angefordert und mutmaßlich bewusst so durchgestochen, um gegen Habeck zu keilen. Die FDP hatte da schon Richtung "Gewinnen"-Wollen abgedreht.



      Deren Narrativ aufs Stöckchen zu gehen, sollte uns eigentlich nicht unterlaufen.