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Gutachten zur VergesellschaftungCDU findet Enteignung doof

Der CDU-Finanzsenat beauftragte ein Gutachten, das das Vorhaben von Deutsche Wohnen Enteignen als illegal bezeichnet. Die Kampagne widerspricht.

Haben noch Hürden zu nehmen: Ak­ti­vis­t*in­nen von DWE beim Sammeln von Unterschriften Foto: Deutsche Wohnen & Co. enteignen

Aus Berlin

Anselm Mathieu

Ein vom Finanzsenator Stefan Evers (CDU) beauftragtes Gutachten will festgestellt haben, dass die Vergesellschaftung von Mietwohnungen, wie die Kampagne Deutsche Wohnen und Co. Enteignen (DWE) sie fordert, rechtlich unzulässig sei. Beauftragt wurden wohl Anwaltskanzleien, die auch für den Immobilienkonzern Vonovia tätig sind. 100.000 Euro soll der Senat dafür ausgegeben haben.

„Die Berliner CDU verschwendet Steuergelder an Vonovia-Kanzleien in einem weiteren verzweifelten Versuch, die Realität zu verdrehen und die Vergesellschaftung von rund 220.000 Wohnungen zu verhindern“ sagt Lara Eckstein von DWE zur taz. Im Jahr 2023, zwei Jahre nach dem erfolgreichen Volksentscheid, hat eine vom Senat eingesetzte juristische Ex­per­t*in­nen­kom­mis­si­on bereits die Zulässigkeit des Vorhabens bestätigt.

Im September dieses Jahres hat die Initivative ein Vergesellschaftungsgesetz vorgelegt, das mit rechtlichem Beistand erarbeitet wurde. Vor diesem Hintergrund sind die Ak­ti­vis­t*in­nen zuversichtlich, was die Rechtssicherheit ihres Entwurfs betrifft und widersprechen dem neuesten Gutachten entschieden. Auf Nachfrage der taz teilt die Finanzverwaltung mit, sie könne das Gutachten nicht freigeben – obwohl es der B.Z. bereits vorliegt.

Grundgesetz gilt auch in Berlin

Wie diese berichtet, bemängelt das Gutachten verschiedene Aspekte: So sehe die Landesverfassung Berlins selbst keine Enteignungen vor, und auch das Grundgesetz beziehe sich in Artikel 15 nur auf Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel, die vergesellschaftet werden könnten – nicht jedoch auf Wohngebäude.

Weiter sei die Überführung von Immobilien in die Gemeinwirtschaft nicht geboten, da diese „nicht die Versorgungslage“ verbessere, weshalb diese Maßnahme „nur als Ultima Ratio in Extremsituationen“ infrage käme. Zuletzt wird bemängelt, dass die Entschädigungen für die Besitzer dem „Verkehrswert der vergesellschafteten Güter“ entsprechen müssten.

Alles Falschbehauptungen, sagt Eckstein: „Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland gilt auch in Berlin, somit darf Berlin vergesellschaften.“ Die Kommission habe festgestellt, dass Wohnungbestände sehr wohl in die Kategorie „Grund und Boden“ fielen. Durch die Mietenkrise sei die Vergesellschaftung erforderlich. Auch die Entschädigung der Unternehmen unter Marktwert sei aufgrund der Interessen der Allgemeinheit zulässig, so Eckstein, die sich auf den Abschlussbericht der Ex­per­t*in­nen­kom­mis­si­on bezieht.

Die Ak­ti­vis­t*in­nen von DWE arbeiten auf einen Gesetzesvolksentscheid im kommenden Jahr hin. Bei positiver Abstimmung der Ber­li­ne­r*in­nen müsste das Gesetz dann unmittelbar in Kraft treten.

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