Gruppe G: Letzter Spieltag: Tunesien kann's noch
Die englische und belgische B-Mannschaft treten gegeneinander an. Und zwei Teams, die bis dahin noch nichts gerissen haben.
England – Belgien
Die Voraussetzungen: Das Spiel ist janusköpfig. Einerseits sportlich potenzielle Magerkost, weil beide Teams weiter sind. Und die Gegner fürs Achtelfinale mit Kolumbien und Japan sind überschaubar talentiert, dass man sich nicht stressen muss, jemandem aus dem Weg zu gehen. Andererseits treten die beiden hauptamtlichen Torproduzenten der WM gegeneinander an, beide mit je acht Treffern, bei England davon fünf durch den neuen Liebling Harry Kane, den man direkt nach Harry Potter ergoogelt. Das heißt was.
Bevor er im Quidditch antritt, könnte er aber erst noch mal England zum Gruppensieg schießen. Und zuletzt ist das ein Schmankerl für Besserwisser aller Couleur: Geheimfavorit gegen Geheimfavorit. Wem ein Tipp auf diese überbewerteten Franzosen und Spanier zu platt ist, kann das Wasser im Mund sammeln, Ersatzspieler auf Karteikärtchen notieren und den Kollegen ausführen, warum Belgien diesmal Weltmeister wird. Oder England. Und warum man das schon vor zwei Jahren wusste.
Das Ergebnis: 0:1.
Das Spiel: England schont Kane. Trotzdem ist schon in der ersten Minute mehr los als im ganzen deutschen Spiel. Schnell, aggressiv, kultiviert. Toller Distanzschuss der Belgier (6.). Von zwei bezaubernd spielenden Teams ist Belgien ein bisschen besser. Und England gefährlicher. Mitte der ersten Hälfte verflacht die Partie. Chance von Fellaini, England klärt auf der Linie. Immer so ein Spiel, von dem man das Gefühl hat, es könnte großartig werden, wenn es um etwas ginge. Irgendwann passiert nicht mehr viel, es gibt Pfiffe.
Empfohlener externer Inhalt
In der zweiten Hälfte fällt kurz nach der Pause ein herausragendes Tor von Januzaj, 1:0 für Belgien. Ein Kroos-Treffer. Auf einmal kurz wieder ein tolles Spiel, die Belgier wollen mehr. England wacht auf und versiebt eine Hundertprozentige durch Rashford. Und darauf folgt weitgehend tote Hose. England scheint einverstanden mit der Niederlage und Belgien verwaltet.
Der Look des Spiels: Belgien mit den ästhetischeren Trikots. Irgendwas zwischen Weihnachts-Strickpulli und dieser Brustbemalung von Lego-Männchen.
Der Ruf des Spiels: Tor in Saransk! Mit Inbrunst, ein Gefühl wie bei der guten alten Bundesliga-Konferenz. Wir leiden bei Saransk mit.
WM 2018: Und raus bist du!
Und nun? Weiter sind beide. Wer nun besser ist und ob wir gerade einen Weltmeister gesehen haben – für das Urteil hätte es schon etwas mehr Wettkampfbedingungen gebraucht. (Alina Schwermer)
***
Panama – Tunesien
Die Voraussetzungen: Beide Mannschaften sind bereits ausgeschieden, trotzdem ist die erste Teilnahme an einer WM für die Panamaer eine Sensation. Ein ansehnliches Tor hat man auch schon geschossen. Gegen stark aufspielende Engländer. Schon die zweite Sensation. Fehlt nur noch ein Punkt oder ein Sieg bei einer WM. Aber eigentlich auch egal. Die Spieler sind von heimischen Medien jetzt schon zu Nationalhelden ernannt worden.
Die Tunesier gehen wegen ihrer Erfahrung und vereinzelter Spielerqualität als Favorit ins Spiel. Trotzdem haben sie das Momentum nicht auf ihrer Seite. Es ist die fünfte WM für die Nordafrikaner und nie sind sie über die Vorrunde hinausgekommen. Aus den ersten beiden Vorrundenspielen konnten sie keinen Punkt holen und dafür, dass sie 1978 als erste afrikanische Mannschaft ein WM-Spiel gewonnen haben, können sie sich heute auch nichts mehr kaufen. Zumal der zweite Sieg bei einer WM seitdem auf sich warten lässt.
Das Ergebnis: 1:2.
Das Spiel: Die Hälfte der panamaischen Mannschaft singt während der Hymne mit geschlossenen Augen voller Inbrunst. Bei den Tunesiern sieht man etwas mehr Routine. Das Spiel beginnt schwungvoll. Früh zeigt sich ein körperbetontes Spiel. Zwei Standardsituationen beider Teams landen im Nichts. Tunesien hat in der ersten Halbzeit 65 Prozent Ballbesitz und es gelingen einige gefahrlose Abschlüsse. Die Körpersprache und Gesichtsfrische beider Mannschaften bekommt bessere Noten als die der deutschen Mannschaft. Nach 15 Minuten schwappt die erste Laola durchs Stadion.
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Tunesien ist klar die bessere Mannschaft. Der Wille ist bei beiden Mannschaften sichtbar, doch stoßen sie an ihre fußballerischen Grenzen. Prickelnde Aktionen fehlen bis zur 33. Minute, als Panama aus dem Nichts zu einem Abschluss kommt, den Torwart Mathlouthi nur flach nach vorn abwehren kann. Die Szene wird nicht bereinigt und ein zweiter abgefälschter Schuss aus 20 Meter Entfernung landet unhaltbar im Netz. José Luis Rodriguez bringt Panama seinem größten Erfolg einen ganzen Schritt näher. Halbzeit.
Die Tunesier setzen ihre statistische Überlegenheit in Nachhaltiges um. Ben Youssef ballert ein ansehnlich herausgespieltes Ding rein (51.), gefolgt von weiteren Chancen. In der 66. Spielminute legt der beste Spieler auf dem Feld, Khazri (vier von fünf Torbeteiligungen beim Turnier), nach. Panama behält die Vorteile im Publikum. Ab der 70. Minute zieht sich Tunesien etwas zurück und verwaltet. Prompt fangen sie sich auch einen Treffer, der wegen Foulspiels nicht gegeben wird. Hätte man auch laufen lassen können. Tunesien hat sich seinen zweiten WM-Sieg verdient.
Comeback des Spiels: Der tunesische Torwart Mathlouthi war mal die Nummer Eins im der Nationalmannschaft, rutschte aber auf die dritte Position. Bis sich die ersten beiden Torhüter im Turnier verletzten. Tunesien ging also ohne Ersatztorhüter ins Spiel und als Mathlouthi in der 62. Minute kurz behandelt wurde, kam noch mal richtig Spannung auf.
Und nun? Ab nach Hause – mit erhobenen Hauptes und einem Sack voller Geschichten aus aller Welt. Dabeisein ist nicht selbstverständlich! (Kaspar Zucker)
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