piwik no script img

Gruppe B: letzter SpieltagIran und Marokko rocken

Spanien hat sein Spiel nicht gewonnen. Gegen Marokko. Und Portugal hat sein Spiel auch nicht gewonnen. Gegen den Iran.

Ausgleich vom Punkt für den Iran diurch Karim Ansarifard Foto: ap

Gruppe B: Spanien-Marokko

Die Voraussetzungen: Marokko hat sich gut geschlagen, viel Lob bekommen, aber trotzdem zweimal unglücklich verloren: Gegen den Iran nach schönem Offensivspiel in der letzten Minute durch ein Eigentor des eingewechselten Aziz Bouhaddouz vom FC St. Pauli. Gegen Portugal, weil den Marokkanern ein Elfmeter versagt blieb. Einer der wenigen Fälle, wo der Videobeweis versagte – in Gestalt des deutschen Video-Schiris Felix Zwayer übrigens. Dass Marokko deshalb schon draußen ist, bedeutet aber auch, dass die Mannschaft befreit aufspielen und versuchen wird, sich mit einem möglichst guten Eindruck aus dem Turnier zu verabschieden.

Spannender sind die Aussichten für Spanien, das seine ganze große Klasse bisher nur hat anklingen lassen, aber noch nicht wirklich brillierte. Gegen Portugal gab es zwar drei Tore, aber nur einen Punkt, gegen den Iran ein Tor, aber drei Punkte. Die Elf unter Interimstrainer Fernando Hierro kann sogar noch rausfliegen, wenn sie gegen Marokko verliert und der Iran mindestens unentschieden gegen Portugal spielt und danach mehr Tore geschossen hat als Spanien. Wenn Spanien und Portugal mit dem gleichen Ergebnis verlieren, entscheidet die Fairplaywertung und danach das Los.

Aber natürlich ist das alles nur Theorie. La Furia Roja, die Rote Furie, wird den Teufel tun, ihre Serie von bisher 22 Spielen ohne Niederlage ausgerechnet gegen Marokko zu beenden. So schade das für die auch ist.

Das Ergebnis: 2:2 (1:1), Kaliningrad

Das Spiel: In der ersten Hälfte startet Marokko munter und durchaus aggressiv. Spanien lässt sich von der Stimmung anstecken. Nordin Amrabat legt sich mit Sergio Ramos an. Gerard Piqué kontert gegen Khalid Boutaib. Gerangel. Die Luft raucht. Dann ein Missverständnis zwischen Ramos und Andrés Iniesta an der Mittellinie. Boutaib klaut sich den Ball, sprintet wie der Leibhaftige Richtung Tor und schiebt David de Gea das Leder durch die Beine. Tor für Marokko (14.), das erste in diesem Turnier.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Leider hält der Vorsprung nicht lange. Iniesta nimmt einen Pass im Strafraum auf und legt Isco den Ball vor. Ausgleich (17.)! Danach läuft die spanische Passmaschine, aber kommt kaum zu Torschüssen, weil sich Marokko leidenschaftlich wehrt. In gerade mal zehn Minuten kassieren die Löwen vier gelbe Karten. Erst das 1:0 der Portugiesen gegen den Iran im Fernduell führt bei Spanien noch einmal zu einem Kraftakt. Aber Diego Costa rutscht an Iniestsas Flanke vorbei.

Die zweite Halbzeit gehört zunächst Marokko. Plötzlich haben sie Platz. Vor allem Amrabat kommt mehrfach zum Schuss, auch Boussoufa versuchts. Mal hilft die Latte den Spaniern, mal ist es de Geas Faust. Dann aber wechselt das Spiel wieder auf die andere Seite. Spanien drückt immer stärker. Isco versuchts mit dem Kopf, Romain Saiss rettet auf der Linie. Kurz darauf scheitert Piqué mit einer ähnlichen Aktion.

Marokko lauert und kontert. In der 80. Minute sorgt ein vermeintliches Handspiel von Piqué im eigenen Strafraum für Verwirrung. Video-Beweis? Elfmeter? Der Schiri winkt ab. Nur Ecke. Für die Marokkaner auch okay. Der Ball landet bei En Nesyri und dann im Tor. 1:2 (81.). Die Spanier sind sauer. Die reguläre Spielzeit ist vorbei, als Iago Aspas eine Flanke mit der Ferse zum Ausgleich einlocht. Abseits, meint der Schiri. Kein Abseits, sagt der Videobeweis. 2:2 (90.)!

Sechs Minuten reale Nachspielzeit gibt’s obendrauf, aber kein Tor mehr.

Buddies des Spiels: Im Eifer des Gefechts stoßen Schiedsrichter Ravshan Irmatov und Boutaib zusammen. Reflexartig lässt sich der Marokkaner fallen und wälzt sich fast schon, während sich Irmatov nur kurz schüttelt, Boutaib hochzieht und ihm grinsend den Arm um die Schultern legt. „Ich weiß Bescheid“, sagt die Geste.

Szene des Spiels: Der Ballklau von Schlitzohr Boutaib, der zum 1:0 führte.

Hätte hätte Fahrradkette: „Stellen Sie sich vor, die Marokkaner hätten das Tor im ersten Spiel gemacht und gewonnen und der Iran nicht, dann wären sie im Achtelfinale!“ Kommentar von Béla Réthy nach dem 1:2.

Und nun: Marokko ist immer noch raus, aber rehabilitiert. Spanien ist zufrieden, Katalonien vermutlich auch. Hierro darf Trainer bleiben und führt die Mannschaft im Achtelfinale nun gegen Russland, das seine Pleite gegen Uruguay vergessen machen und sein Sommermärchen fortsetzen will. Wollen heißt aber nicht können. (Beate Willms)

***

Gruppe B: Iran-Portugal

Die Voraussetzungen: Was für den Iran sprechen könnte: Ronaldo und Co. sind möglicherweise übermüdet – iranische Fans verbrachten die Nacht vor dem Spiel am Hotel der Portugiesen und tröteten kraftvoll in ihre Vuvuzelas. Und sonst: Portugal hat vier Punkte, der Iran drei; der Sieger der Partie ist damit sicher im Achtelfinale; Portugal müsste bei einer Niederlage auf ein Scheitern der Spanier im Parallelspiel gegen Marokko hoffen. Wenn der Iran verliert, ist er dagegen definitiv raus, und auch ein Unentschieden reicht aufgrund des schlechteren Torverhältnisses aller Voraussicht nach nicht.

Das Ergebnis: 1:1 (0:1)

Das Spiel: Der Europameister eröffnet das Spiel, Cristiano Ronaldo hat seine erste Chance bereits in der 3. Minute. Doch auch die Iraner stehen längst nicht so tief hinten drin wie noch gegen Marokko oder Spanien, sie wirken wesentlich selbstbewusster, kommen zu Abschlüssen, kombinieren sogar im gegnerischen Strafraum. In der 32. Minute schafft es der Portugiese Raphael Guerreiro nur mit einem Foul den Angriff des Iran über Alireza Jahanbakhsh zu stoppen. Dann aber gelingt Portugal doch noch die Führung, Ricardo Quaresma trifft per Außenrist ins lange Eck. In der 50. Minute kommt einmal mehr der Videobeweis nach Foul an Ronaldo zum Einsatz. Der Gefoulte aber, ja tatsächlich, er verschießt. Nach dem Elfmeter starten die Iraner einige wütende Angriffe, arbeiten aggressiver gegen den Ball, haben Chancen. Unruhig bleibt es bis zum Spielende, zahlreiche Diskussionen prägen das Spiel. In der 91. Minute nutzt Schiedsrichter Enrique Caceres zum dritten Mal im Spiel den Videobeweis, entscheidet auf strafbares Handspiel und Elfmeter für Iran: Karim Ansarifard verwandelt sicher. Vahid Amiri trifft in der 95. Minute noch das Außennetz, das Stadion bebt, und Favorit Portugal spielt auf Zeit.

Das Wortspiel: Die BeiranWAND (Torhüter Alireza Beiranvand), sie steht. In der 52. Minute hält der Torhüter des Iran, der sich mit dieser WM einen Lebenstraum erfüllt, einen Strafstoß gegen Cristiano Ronaldo – ein Sieg dürfte sich auch nicht viel besser anfühlen.

Die unsichtbaren Stars, über die nicht berichtet wird, weil ja Cristiano Ronaldo spielt: Alireza Jahanbakhsh spielt beim niederländischen Erstligisten AZ Alkmaar – und ist mit 21 Toren in der vergangenen Saison sogar Torschützenkönig der niederländischen Liga geworden.

Die Fans: 200.000 Ira­ne­r*in­nen sollen sich Gerüchten zufolge in Russland aufhalten, und auch bei diesem Spiel in Saransk sind sie klar in der Mehrheit. Das wird etwa dann deutlich, wenn Jubel aufbrandet, sobald ein iranischer Spieler es schafft, Cristiano Ronaldo vom Ball zu trennen.

Und nun? Sollte der Iran die vielversprechenden Ansätze, die er in diesem Turnier in Russland gezeigt hat, in den kommenden Jahren ausbauen – dann erfüllt man sich in vier Jahren den großen Traum, zum ersten Mal in der Geschichte ins Achtelfinale einzuziehen. Portugal zieht als Gruppenzweiter in die K.O.-Runde, trifft dort auf Uruguay. (Hana Voß)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Danke für diesen gerechten Artikel. Felix Zwayer hat Marokko laut vielen Journalisten, Sportler... vieler Länder mit Absicht verloren lassen. Der berühmte italienische Schiedsrichter Collina sagte heute: Wenn ich die Spiele Marokkos geführt hätte hätte Marokko als erster in dieser Gruppe sein.

    Die Technik von würde für Marokko weder gegen Portugal noch gegen Spanien durchgeführt.