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Gruppe A: letzter SpieltagSaudis schlagen müden Mo

Russland unterliegt Uruguay mit 0:3. Ägypten um den enttäuschenden Superstar Mo Salah verliert in letzter Sekunde gegen Saudi-Arabien.

Salem Al-Dawsari macht das 2:1 für Saudi-Arabien gegen Ägypten kurz vor dem Abpfiff Foto: reuters

Die Voraussetzungen: Es geht um die Ehre. Beide Mannschaften haben das Achtelfinale bereits verpasst. Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed Bin Salman musste, sich qualvoll ein Lächeln abringend, bereits im ersten Spiel eine 0:5-Niederlage gegen Russland ertragen, dann eine weitere gegen Uruguay. Auch das Team um Liverpools Stürmerstar Mo Salah fiel während dieser WM mehr politisch denn fußballerisch auf; die Residenz in Grosny, der Hauptstadt der Teilrepublik Tschetschenien, die Treffen mit dem autoritären Präsidenten Ramsan Kadyrow, der Mo Salah frischweg zum Ehrenbürger Tschetscheniens erklärte.

Das Ergebnis: 2: 1 (1:1)

Das Spiel: Die Anfangsphase gehört den Saudis, sie haben deutlich mehr Ballbesitz, halten den Ball lange in den eigenen Reihen. Doch die Führung in der 22. Minute erzielt der Ägypter Mo Salah, lässig hebt er den Ball nach einem schönen Pass in die Schnittstelle über Torhüter Yasser Al-Mosailem hinweg. Bei den Saudis drängt sich derweil die Frage auf: Wie nur sollen sie es jemals schaffen, ein Tor zu erzielen? Das scheint sich auch Schiedsrichter Wilmar Perez gedacht zu haben – und pfeift kurz vor Schluss gleich zweimal Elfmeter für die Saudis. Während Fahad Al-Muwallad, der „Messi Saudi-Arabiens“, noch verschießt, verwandelt Salman Al-Faraj nur wenige Minuten später schließlich sicher. In der zweiten Halbzeit ist es ein zunehmend zerhacktes Spiel mit vielen Ballverlusten auf beiden Seiten, die das Versprechen, das schlechteste Spiel der WM zu sein, wahrmachen. Bis Salem Al-Dawsari tatsächlich in der 95. Minute noch den ersten Sieg für Saudi-Arabien seit 1994 sichert.

Der Schiedsrichter: Ist höchstumstritten, nachdem er den Engländern im Spiel gegen Tunesien gleich zwei Elfmeter verwehrte. Dieses Mal schenkte er stattdessen den Saudis zwei – und blieb sogar nach Video-Überprüfung dabei.

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WM 2018 – Die Spielorte

Die Spiele sind eröffnet, hier wird gespielt. Viele der Stadien wurden extra zur WM in Russland aus dem Boden gestampft.

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Die Frage aller Fragen: War es das für Mo Salah? Derzeit bringt der Stürmer sein Ende in der Nationalmannschaft ins Spiel, berichtet zumindest der US-amerikanische Sportsender ESPN. Der Liverpool-Star sei demnach unglücklich, dass er während des ägyptischen Aufenthalts in Tschetschenien zum Mittelpunkt einer politischen Debatte wurde. Was natürlich nicht absehbar war.

Der Rekord: Endlich ist er doch noch da, der Weltrekord dieser WM. Ägyptens Torhüter Essam El Hadary ist mit 45 Jahren der älteste Spieler, der jemals bei einer Weltmeisterschaft gespielt hat. Sein Debüt hatte er im Jahr 1996 – sein letztes Spiel jetzt also bei der WM 2018, in dem er dann sogar noch einen Elfmeter hält.

Die Ehre: Hatte in diesem Spiel, in dem es nur noch um die Ehre ging, ein ägyptischer Fan, dem der Ball vom Spielfeld direkt in die Arme flog. Er küsste und küsste ihn und hörte gar nicht wieder auf – schließlich hatte ja auch Mo Salah, der „König von Ägypten“, den Ball getreten. Ehrenvoll, im Sinne von kämpferisch, traten indes beide Mannschaften nicht mehr auf.

Und nun? Ist der WM-Traum für Saudi-Arabien und Ägypten endgültig vorbei. Und das völlig zurecht. (Hanna Voß)

***

Die Voraussetzungen: Naja, man hat schon spektakulärere Konstellationen bei einem Gruppenfinale erlebt. Die Saudis und Ägypter sind sowieso ausgeschieden und duellieren sich im Parallelspiel darum, wer bei der Heimreise einen Null-Punkte-Shitstorm erleben darf. Der Volkszorn dürfte eher die hoch gehandelten Ägypter treffen; bei den Saudis stellt außerdem sowieso das Königshaus die Mannschaft auf. Russland gegen Uruguay geht immerhin um den Gruppensieg und hat damit mehr Pfeffer. Uruguay war mal irgendwann Geheimfavorit auf den WM-Titel, allerdings vor den beiden behäbigen, klumpfüßigen 1:0-Siegen gegen Ägypten und Saudi-Arabien. Jetzt wollen Suárez und Co. vielleicht zeigen, dass sie doch Fußball spielen können. Russland trifft derzeit wie eine AK47, Uruguay muss für den Gruppensieg gewinnen, es könnte also doch ganz lustig werden. Im Achtelfinale treffen beide Teams übrigens höchst wahrscheinlich auf Spanien und Portugal und müssen sich wärmer anziehen. Am besten mit Pelz.

Das Spiel: Beide Mannschaften mit abenteuerlichen Lücken in der Abwehr, daher fröhlich-wildes Angriffsspiel. Und da ist in der 9. Minute das 1:0 für Uruguay per Freistoß durch Suárez. Die russische Mauer und der Torwart lassen ihm aber auch Raum wie einem Rettungswagen im Stau. In der Folge stürmt Russland immer wieder durch die wacklige Uru-Defensive. Kein hochklassiges, aber ein rasend schnelles Spiel mit gutem Unterhaltungswert. Uruguay fängt schon an, auf Zeit zu spielen, trifft dann in der 22. Minute durch Diego Laxalt abgefälscht zum 2:0. Die Russen stürzen vorwärts, werden dafür ein paar Mal beinahe Opfer von Uru-Kontern. Kurz vor der Pause fliegt Smolnikov vom Platz. In der ersten Halbzeit ist es lustig, in der zweiten leider eigentlich geklärt. Die dezimierten Russen können nicht mehr, die Uruguayer müssen nicht mehr. Irgendwann lässiges 3:0 von Edinson Cavani.

Das Ergebnis: 3:0 (2:0)

Der Sound des Spiels: Rossija, Rossija. Auch bei Niederlage haben die Russen Spaß.

Der Look des Spiels: Torschütze Diego Laxalt sieht mit seinem weichen Gesicht und langer Flecht-Frisur aus wie früher mal Tokio Hotel. Schlägt den Ball durch den Monsun. Irgendwann wird sein Tor als Eigentor Russland zugeschlagen. Monsun ist hart.

Und nun? Das russische Sommermärchen ist ein bisschen angeknackst, im Achtelfinale dürfte Schluss sein. Uruguay zieht das hier so cool durch wie Bob Marley einen Joint. Die richtige Probe für die Urus kommt noch. (Alina Schwermer)

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