Grundverordnung der EU: Weichspüler für den Datenschutz

Ein geleaktes Papier zeigt: Die EU-Regierungen sind dabei, die Prinzipien der Zweckbindung und der Datensparsamkeit aus der Grundverordnung zu streichen.

War eigentlich längst beschlossene Sache: Datenschutz in der EU Bild: dpa

BERLIN taz | Die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten arbeiten gerade an einer deutlichen Aufweichung der Datenschutzstandards. Das legt ein vertrauliches Dokument der zuständigen Arbeitsgruppe der EU-Regierungen zur Datenschutzgrundverordnung nahe, das die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch veröffentlicht hat.

Die seit mittlerweile drei Jahren verhandelte Datenschutzgrundverordnung sollte eigentlich das Schutzniveau der EU-Staaten vereinheitlichen und erhöhen – oder zumindest nicht senken. Vor einem Jahr hatte das EU-Parlament seinen Vorschlag verabschiedet, mit einer Mehrheit von 621 von 653 Abgeordneten.

Doch nun sieht es aus, als würde der Konsens der parlamentarischen Vertreter Makulatur: Das geleakte Dokument, das auf Ende Februar datiert ist, kippt diverse Regelungen, die das EU-Parlament in seinem Vorschlag für die neue Verordnung vorgesehen hatte oder die bereits gelten. Dazu gehören etwa das Prinzip, dass so wenig Daten wie möglich erhoben werden sollen, sowie die Zweckbindung bei der Nutzung von Daten. Letztere ist gar in der europäischen Grundrechtecharta festgeschrieben. In Artikel 8 heißt es, dass personenbezogene Daten nur „für festgelegte Zwecke“ genutzt werden dürfen.

„Sollten die Prinzipien der Zweckbindung und der Datensparsamkeit fallen, ist das ein Ausverkauf des Datenschutzes“, kritisiert Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes. Müller fürchtet: Ohne Zweckbindung könnten beispielsweise Unternehmen Rechnungsdaten künftig für Werbezwecke verwenden oder für das umstrittene Scoring.

Das Sammeln von Daten soll laut dem Papier künftig erlaubt sein, wenn es „nicht exzessiv“ passiert, und auch Dritte sollen die Daten verarbeiten können, wenn nicht etwa Grundrechte dagegen sprechen. Damit könnten Unternehmen fast jede Erhebung und Nutzung von persönlichen Informationen rechtfertigen. „Deutschland opfert den Datenschutz dubiosen Geschäftsmodellen“, kritisiert Alexander Sander vom Verein Digitale Gesellschaft mit Blick auf einen der stärksten Verhandlungspartner.

„Die EU-Mitgliedstaaten sind gerade dabei, systematisch die Bedeutung von fast jedem Artikel und Paragrafen, ja fast jedem Punkt und Komma zu unterminieren“, sagt Joe McNamee vom Verband European Digital Rights. Am 12. und 13. März treffen sich die Innen- und Justizminister der EU-Länder. Zu dem aktuell verhandelten Kapitel II soll es dann eine Einigung geben, anschließend geht es um Kapitel III. Auch das birgt zentrale Punkte, unter anderem die Bildung von Profilen.

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