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Grüner Wasserstoff aus BiogasErster grüner H2 aus Krefeld

Wasserstoff kann die Transformation voranbringen, wenn er mit Erneuerbaren produziert wird. Die Firma BtX als Pionierin nutzt dafür nun Biogas.

Das liebe Vieh: eine sichere Quelle für Biogas Foto: imago

Freiburg taz | Die Firma BtX Energy aus dem bayerischen Hof wird nach eigenen Angaben den „ersten zugelassenen grünen Wasserstoff Deutschlands“ auf den Markt bringen. Das ist jetzt möglich, weil der Bundestag am 14. März die Regeln gesetzlich definiert hat, nach denen Wasserstoff (H2) als „grün“ bezeichnet werden darf.

Dieser Fall ist auch deshalb besonders, weil das Unternehmen den Wasserstoff nicht – wie zumeist im Zuge der Energiewende diskutiert – per Elektrolyse mittels überschüssigem Wind- oder Solarstrom aus Wasser erzeugt, sondern ihn aus Biogas gewinnt. Rohbiogas besteht zu rund 60 Prozent aus Methan. Daraus kann reiner Wasserstoff erzeugt werden, weil Methan (CH4) pro Molekül aus vier Atomen Wasserstoff und einem Atom Kohlenstoff besteht.

Die Aufspaltung geschieht mittels Dampfreformierung. Am Ende steckten noch 60 Prozent der Energie des Biogases im Wasserstoff, erklärt die Firma, 20 Prozent der Energie würden während der Reformierung als nutzbare Wärme frei, der Rest geht bei der Umwandlung verloren.

Die Anlage der Firma BtX steht auf dem Lefkeshof der Familie Schleupen in Krefeld. Es ist ein in sechster Generation geführter Familienbetrieb mit Milchviehhaltung, zu dem neben 250 Tieren auch eine im Jahr 2001 erbaute Biogasanlage gehört. Diese fiel nach 20 Jahren, also Ende 2021, gemäß den Regeln des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus der gesetzlich garantierten Einspeisevergütung.

Emissionshandel ist das Zauberwort

Nun waren alternative Nutzungsideen für die Energie gefragt. Da die Biogasanlage zu klein ist, um das Gas rentabel zu reinem Biomethan aufzubereiten, habe man sich für die Erzeugung von Wasserstoff entschieden, sagt Andy Gradel, Geschäftsführer der Firma BtX.

Das Biogas auf dem Krefelder Hof wird aus Gülle und Mist gewonnen – das war für die Wirtschaftlichkeit der Wasserstoffgewinnung entscheidend. Denn nach der neuen Gesetzgebung, so erklärt die Firma, könne Wasserstoff aus biogenen Reststoffen sich gemäß dem Treibhausgas-Quotenhandel „negative CO2-Werte“ anrechnen lassen. Solche Papiere können dann beispielsweise Autohersteller erwerben, wenn sie den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeugflotte nicht gemäß einem gesetzlich festgelegten Pfad verringern können oder wollen. Nur durch diese Umverteilung rechne sich die Wasserstofferzeugung, räumt die Firma BtX ein.

Die Apparatur werde künftig 100 Kilogramm Wasserstoff pro Tag erzeugen, der zum Preis von rund 10 Euro pro Kilogramm abgegeben werde, sagt Ingenieur Gradel. Nur 20 Meter von den Kühen entfernt, werde demnächst das Gas abgefüllt – das „Gold der Energiewende“. Sobald der TÜV die Abfüllstation abgenommen hat, sollen die ersten Lieferungen an Gashändler und Tankstellenbetreiber erfolgen.

Stolz teilt die Firma BtX außerdem mit, sie habe „innerhalb der letzten Jahre die gesetzliche Grundlage mitgestaltet“, die für den wirtschaftlichen Betrieb der Anlage nötig ist. Ohne die Förderung wäre der grüne Wasserstoff noch weit von der Rentabilität entfernt.

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18 Kommentare

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  • @SOLLNDAS

    Jedenfalls traue ich Frau Kemfert mehr Sachverstand zu als dem Fliegenden Spaghettimonster.

  • @SOLLNDAS

    So lange H₂ aus Methan fossilen Ursprungs durch Damfreformierung gewonnen wird, so lange ist es besser, selbiges aus "Biomethan" zu tun.

    Und das ist *jetzt* der Fall. Offensichtlich ist derzeit H₂ wertvoller als CH₄ zuzügl. Reformierungskosten und -schwund.

    Das Verfahren wird sich sicherlich dann nicht mehr lohnen, wenn es kein fossiles CH₄ mehr gibt, da bin ich bei Ihnen. Lieber gestern als heute -- aber die Politik ist da träge (wie flink sie doch sein kann, wenn Bauern Mist auf die Strasse kippen...)

  • @JUAN VAHO

    Diese Technologieoffenheit ist "Glauben an die Tech-Fee" -- die Cousine der Zahnfee.

    Oder: "Wer stattdessen 'Technologieoffenheit' proklamiert, will lediglich die Modernisierung blockieren und auf diese Weise die alte Technologie möglichst lange im Spiel halten."

    (Claudia Kemfert in [1])

    [1] taz.de/Der-Bullshi...Folge-6/!vn6002826

    • @tomás zerolo:

      Aber die Cs stammen doch auch aus der Photosynthese rein, raus?

      • @0 Substanz:

        Sorry, war etwas ungenau.

        Aber die Cs stammen doch daher, wo die Photosynthese auch ihre Cs hernimmt.

    • @tomás zerolo:

      Oh Fliegendes Spaghettimonster, ausgerechnet Claudia Kemfert. Die Kohlekraftwerke (!) durch Wind (!) und Akkus ersetzen will. Und dabei mit täglich (!) zwei (!) Akkuzyklen rechnet. Wobei durchaus mal vier Wochen der Wind wegbleiben kann...

  • "Sie tun so, als hätte Klimawandel keine Kosten."



    Das ist Ihre Interpretation. Tue ich nicht. Es geht um die Machbarkeit (Bezahlbarkeit, Erwirtschaftbarkeit) der Energiewende.



    Die Umwandlung in H2 bringt weder einen Effizienzgewinn noch einen Klimavorteil, verursacht nur unnötige volkswirtschaftliche Kosten.



    Hier wird offensichtlich Geld zum Fenster hinausgeworfen; die Verstromungsanlage war ja schon da, nur dank reduzierter Einspeisevergütung nicht mehr rentabel.



    Für Biomethan wäre Gasnetz und Bedarf schon vorhanden, kostet nicht extra, anders als bei H2.



    "der Unterschied ist, dass dieses "C" nicht aus Fossilien stammt, sondern aus aktueller Fotosynthese..."



    Das gilt übrigens für Biomasse allgemein.

  • @SOLLNDAS

    Sie tun so, als hätte Klimawandel keine Kosten. Klar -- wenn Sie diese externalisieren, dann rechnet sich der ganze Schmu nicht.

    Und im übrigen wird derzeit H₂ aus CH₄ gemacht, nicht umgekehrt. Die andere Richtung wird erst interessant, wenn wir einen Üerschuss aus grünem H₂ haben. Dann ist diese Anlage auch obsolet, ja.

    @JUAN VAHO, @GERALD MÜLLER: der Unterschied ist, dass dieses "C" nicht aus Fossilien stammt, sondern aus aktueller Fotosynthese -- rein, raus.

    • @tomás zerolo:

      Dann führt Lindners/Wissings Techologieoffenheit bezüglich Efuels eventuell auch zu einer ökologischen Meisterleistung?

  • "Ohne die Förderung wäre der grüne Wasserstoff noch weit von der Rentabilität entfernt."



    ...und anderswo bemühen sich andere Firmen, die vermutlich auch subventioniert werden, aus grünem Wasserstoff wieder Methan herzustellen:



    tes-h2.com/de/blog...-entscheidend-sein



    Geht's noch? Na klar: Wenn wir die Schuldenbremse lösen können wir doch eine wunderschöne Wasserstoffkreislaufwirtschaft etablieren...

  • Zu klein, um das Biogas zu Biomethan aufzubereiten, aber groß genug, um in einem wesentlich aufwendigeren Prozess Wasserstoff herzustellen??? Ah, so:



    "Nur durch diese Umverteilung rechne sich die Wasserstofferzeugung, räumt die Firma BtX ein."



    Da scheint an der "neuen Gesetzgebung" doch deutlich was faul zu sein...

  • Ein Artikel mit quantitativen Angaben, mit denen sich etwas anfangen läßt. Ungewöhnlich für deutsche Tageszeitungen, vielen Dank dafür und bitte weiter so. Beginnen wir mit einem Realitycheck. 100 kg H2 am Tag sind verlustfrei 400 kg Methan oder knapp unter zwei kg pro Rind und Tag. Klingt vernünftig. 1 kg Wasserstoff hat einen Heizwert von rund 33 kWh, die zehn Euro entsprechen 30 Cent/kWh. Reichlich teuer für einen Brennstoff. Und laut Artikel fließen darüber hinaus noch erhebliche weitere Förderungen. Mit solchen Preisen treibt man Produktion ins Ausland. Wenn dann genauso viel konsumiert wird wie vorher, nur eben durch Import, ändert sich die Emission pro Kopf gar nicht oder steigt sogar. Ein fragwürdiger Erfolg.

  • Und wo bleibt das "C" aus dem Methan (CH4) / Biogas nach der Umwandlung? Und warum verbrennt man das Biogas nicht gleich oder transportiert es irgendwohin - was einfacher ist als Wasserstoff zu transportieren, wegen der Diffusionsprobleme beim H2? Das ist doch eine komplette Mogelpackung die nur mit fehlgeleiteten Subventionen funtionieren kann.

    • @Gerald Müller:

      Diese ganzen Fragen habe ich mir auch gestellt, eine davon kann ich beantworten, das C bleibt im CO2.



      Es ist sogar möglich mit grün erzeugtem CH4 Greenwashing zu betreiben.

      • @0 Substanz:

        Obwohl ich Greenwashing und Subventionen ungern verteidige, ist diese Kritik unfair. Das Methan und das aus Verrottung erzeugte Kohlendioxid gelten zu recht als bereits emittiert - was hätte sie zurückgehalten? Wenn ich dann ohne zusätzliche Emission einen Nutzstrom abzweige, kann ich den zu recht emissionsfrei nennen.

        • @Axel Berger:

          Das Methan wird durch Dampfreformierung in CO2 und H2 aufgespalten, die im CO2 enthaltene Energie, sowie die Prozeßwärme ist verloren, das CO2 trotzdem entstanden. Deshalb denke ich, Greenwashing ist die richtige Bezeichnung, da die Energie des C, welches bei der direkten Nutzung von Methan oxidiert worden wäre, verloren ist.

          • @0 Substanz:

            Vollkommen richtig. Greenwashing mit einem viel zu hohen Abnehmerpreis und das noch dazu mit Förderung, weils sich sonst für den Betreiber nicht rechnet!



            Da ist es allemal schlauer das Biogas dirket zu verwenden; spart Reformingenergie, Fördergeld und aufwändigen H²-Transport. Selbst Wärmetransport in Containern zum nächsten Hallenbad oder Gewächshaus ist günstiger.

  • Machen kann man das, aber es ist nicht wirtschaftlich.



    Die hier als Subventionen verwendeten Steuergelder fehlen an anderer Stelle, bei Bildung, Wohnungsbau oder der Verkehrsinfrastruktur.