Grünen-Abgeordneter Schick tritt zurück: In Bewegung statt im Bundestag
Der grüne Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick startet die „Bürgerbewegung Finanzwende“. Am Jahresende will er dafür sein Amt niederlegen.
Noch ist es nicht lange her, dass Gerhard Schick den Bundestag bewegte. Zunächst quasi im Alleingang setzte er einen Untersuchungsausschuss zur Steuerhinterziehung von Banken durch. Nun jedoch will der grüne Mannheimer Abgeordnete sein Mandat vorzeitig zum Jahresende niederlegen – und komplett in die außerparlamentarische Arbeit einsteigen. Inzwischen leitet er als Vorstand die neue Lobbyorganisation „Bürgerbewegung Finanzwende“.
„Wir wollen im Sinne der Bürger Verbesserungen bei Banken und Versicherungen durchsetzen“, sagte Schick. Auch zehn Jahre nach dem Beginn der Finanzkrise – der Bankrott der Lehman-Bank jährt sich an diesem Samstag – seien viele Probleme ungelöst. Schick plädiert dafür, dass die Geldinstitute mehr Reservekapital vorweisen müssen. Außerdem will er sich dafür einsetzen, dass Mietwohnungen vor dem Zugriff internationaler Finanzinvestoren geschützt werden.
Für sein Anliegen hat Schick namhafte Mitstreiter gewonnen, unter anderem den Bankenexperten Martin Hellwig, den Ökonomen Christoph Spengel vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim, die ehemalige Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten, Gesine Schwan (SPD), und den Wirtschaftsweisen Peter Bofinger.
Neben der Chance, diese Organisation zu leiten, gab es für den Finanzexperten weitere Gründe, sein Bundestagsmandat niederzulegen. Seine Hoffnungen, ein Amt in der Bundesregierung zu übernehmen, machte das Scheitern der Jamaika-Verhandlungen zwischen Union, FDP und Grünen vor einem Jahr zunichte.
Finanzthemen zu unwichtig bei den Grünen
Seiner Einschätzung nach werden zudem Finanzthemen in dieser Legislaturperiode bei den Grünen keine große Rolle spielen. Die Debatte über Einwanderung und Klima überlagere vieles. Schließlich konnte der dem linken Flügel zugeordnete Schick nicht zum Vizefraktionschef im Bundestag aufsteigen.
Anfang 2016 erreichten Schick sowie die Fraktionen der Grünen und Linken, dass der Bundestag den Untersuchungsausschuss zu sogenannten Cum-Ex-Geschäften einsetzte. Das waren Transaktionen mit Aktien, bei denen Banken und Investoren einmal Gewinnsteuer zahlen, sie aber mehrmals von den Finanzämtern zurückbekamen. Der Schaden zulasten der Allgemeinheit soll über 10 Milliarden Euro betragen. Unter anderem infolge der Arbeit des Ausschusses wurden Gesetze geändert, sodass ähnliche Geschäfte heute nicht mehr möglich sind.
Der 46-Jährige saß seit 2005 im Bundestag. Sein Mandat erhielt er über die Landesliste der Grünen in Baden-Württemberg. Im Parlament amtierte der promovierte Volkswirt unter anderem als Vizevorsitzender des Finanzausschusses. 2014 veröffentlichte er das Buch „Machtwirtschaft – nein danke“, in dem er sich dafür einsetzt, den politischen Einfluss von Konzernen zurückzudrängen. In den Bundestag nachrücken wird für ihn wohl der Grüne Gerhard Zickenheiner aus Lörrach.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“