Grüne Spitzenkandidatin über Koalitionen: „Unser Wahlkampf ist knallgrün“
Maike Schaefer, von den Grünen in Bremen, würde das Thema Klima eher mit der CDU statt der SPD in Angriff nehmen. Aber ihr Herz schlägt vor allem links.
taz: Frau Schaefer, Sie nennen Ihren Wahlkampf in Bremen „knallgrün“: Was soll das sein?
Maike Schaefer: Er ist knallgrün – vor allem, was die Themen angeht. Unser Kernthema ist Klimaschutz, der Klimawandel ist die größte globale Herausforderung. Darauf wollen wir den Blick in Bremen lenken. Deshalb fordern wir den Ausstieg aus der Kohleverstromung innerhalb der kommenden fünf Jahre, deshalb setzen wir uns dafür ein, dass die Industrie hier klimaeffizient produziert. Und deshalb wollen wir eine echte Verkehrswende, weg vom Auto.
Warum ist Klimaschutz für Bremen so wichtig?
Klimaschutz ist nicht nur für Bremen ein wichtiges Thema. Klimaschutz ist weltweit ein großes Thema, …
47, Grüne Spitzenkandidatin zur Bremer Bürgerschaftswahl am 26. Mai. Sie ist seit 2015 Fraktionsvorsitzende.
Aber die Wahl ist nun mal in Bremen …
.... und selbstverständlich brauchen wir auch in Bremen einen effizienten und konsequenten Klimaschutz – weil wir ein Teil dieser Welt sind.
Aber reicht das, um in diesem von sozialen Problemen geprägten Bundesland die WählerInnen zu aktivieren?
Wir sehen ja in Veranstaltungen oder bei den Fridays for Future, wie diese Frage die Gesellschaft bewegt: Die SchülerInnen wissen, dass es um ihre Zukunft geht. Und es ist ja auch eine soziale Frage. Vor den Klimafolgen schützen können sich am besten Menschen mit viel Geld. Aus den armen Ländern kommen die Klimaflüchtlinge zu uns. Der Klimawandel ist also eine Frage globaler Verantwortung.
Und der soll sich ausgerechnet Bremen stellen?
Selbstverständlich. Wir sind in Deutschland der sechstgrößte Industriestandort. Wir tragen sehr viel zum CO2-Ausstoß bei.
Das ginge in Bremen besser mit der CDU als mit der SPD, hatten Sie gesagt …
Das bezog sich vor allem auf die Verkehrswende. Wenn wir die wollen, dann müssen wir hier den Öffentlichen Personennahverkehr ausbauen – auch ins Umland –, um die Pendler vom Auto in die Straßenbahn zu holen. Wir brauchen neue Radwege und Fahrrad-Premiumrouten.
Das wären CDU-Themen?
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sie von der SPD regelmäßig blockiert werden.
Aber im Unions-Programm liest man noch weniger davon als bei der SPD.
Wir haben gerade erst in der letzten Parlamentswoche mit der SPD um die Finanzierung eines Teilstücks einer Rad-Premiumroute kämpfen müssen: Da bekommen wir vier Millionen Euro Bundesmittel, müssen selber nur 900.000 Euro Komplementärmittel aufbringen – und trotzdem gerät das zum zähen Ringen in der Koalition. So etwas erleben wir ständig! Dabei nutzen 25 Prozent der BremerInnen hauptsächlich das Fahrrad. Gerade wenn es um Fahrradverkehr ging, hat die SPD in dieser Legislatur eher gebremst und sogar gestoppt.
Und deshalb gäbe es eine bessere Chance für eine Verkehrswende mit CDU und FDP?
Mit der FDP nicht, nein. Da reicht ein Blick ins Programm oder auf die Aussagen der Spitzenkandidatin, die mit ihrem 450 PS-BMW, wie sie sagt, feste aufs Gas drücken will. Wir sind Lichtjahre von der FDP entfernt. Ich saß aber auch mit dem CDU-Spitzenkandidaten auf mehreren Podien – und da hatte ich manchmal fast das Gefühl, er stellt zum Stichwort Verkehrspolitik einfach das grüne Wahlprogramm vor. Wir haben da sehr viele Übereinstimmungen.
Auf Bundesebene hoffen einige auf ein rot-rot-grünes Bündnis in Bremen – damit es eine Machtoption links der Mitte auch in den westlichen Ländern gibt. Spielt das keine Rolle?
Natürlich spielt eine Rolle, was in Berlin gedacht wird, aber nicht die entscheidende. Tatsächlich hätten wir ja gerne unsere Koalition fortgesetzt. Aber daraus wird nichts, weil die SPD voraussichtlich so viel verliert. Wir können deshalb keine Koalitionsaussage machen. Wir werden nach der Wahl mit allen reden.
Eine linke Mehrheit hätte für Sie also keine Priorität?
Mein Herz schlägt links. Ob Rot-Grün-Rot möglich ist, hängt insbesondere daran, ob die Linke in der harten Realität begrenzter Mittel ankommen will, und ob ein wirksamer Klimaschutz für sie mehr als nur ein wahltaktisches Lippenbekenntnis ist.
Es sieht auch so aus, als wäre das die einzige Option – oder wäre Ihnen nach dem Verschleiß in zwölf Jahren Rot-Grün eine Große Koalition lieber?
Nein. Wir Grüne sagen immer: lieber Öko statt Groko. Eine Große Koalition würde Stillstand bedeuten für Bremen, das wäre die schlechteste Option. Das haben die BremerInnen nicht verdient.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs