Grüne-Politiker Winkler zu Abschiebungen: "Mehr als die Hälfte kommt zurück"
Keine Wohnungen, keine Jobs, kein Schulbesuch: Das Kosovo ist mit der Aufnahme der Roma aus Deutschland überfordert, sagt der Grüne Josef Winkler nach einem Besuch vor Ort.
taz: Herr Winkler, Sie waren in der vergangenen Woche mit einer Delegation des Bundestagsinnenausschusses im Kosovo, um sich ein Bild davon zu machen, was die Abschiebung von Roma dorthin bedeutet. Wie ist die Situation?
Josef Winkler: Das Kosovo ist überfordert, Flüchtlinge in dem Umfang aufzunehmen, in dem Deutschland abschieben will. Die Arbeitslosigkeit liegt im Schnitt bei 70 Prozent, in manchen Regionen ist sie noch höher. Ausreichenden Wohnraum gibt es nicht. Der Rechtsanspruch auf Sozialhilfe besteht nur an dem Ort, von dem man vor zehn Jahren ausgereist ist. Die Abgeschobenen aber landen zunächst in Pristina und können nicht ohne weiteres in diese Orte zurückkehren. Das Haus, in dem man früher lebte, ist vielleicht zerstört oder es wohnt jemand anders drin. Auch eine Bescheinigung, die für den Schulbesuch der Kinder notwendig ist, bekommt man aber nur in diesem einen Ort.
Was heißt das für die Kinder?
Sie sprechen in der Regel weder albanisch noch serbo-kroatisch und können deshalb zum großen Teil sowieso nicht in die Schule gehen. Bei einer Arbeitslosigkeit von durchschnittlich 70 Prozent gibt es für sie keine Perspektive.
Das Bundesinnenminister Thomas de Maiziere verweist stets auf ein Rückkehrprojekt mit dem Namen URA 2, das den Abgeschobenen im Kosovo Unterstützung bieten soll.
Davon profitieren nur die Roma, die aus den vier beteiligten Bundesländern kommen...
In denen bundesweit auch der weitaus größte Teil der Roma aus dem Kosovo leben.
Das stimmt. Aber die Hilfe dieses Projekts ist nicht nachhaltig. Zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bekommen die Arbeitgeber zum Beispiel ein halbes Jahr lang monatlich 100 bis 150 Euro. Danach verliert die Hälfte der Betroffenen ihren Job wieder. Alle Nichtregierungsorganistionen gehen davon aus, dass nach einem Jahr mehr als die Hälfte der Abgeschobenen wieder in Deutschland sein wird. Und dann natürlich im Status der Illegalität.
Wie schätzen kosovarische Politiker die Situation ein?
Es ist ein enormer Druck aufgebaut worden, damit die kosovarische Regierung das Rücknahmeabkommen endlich unterschreibt, was ja gerade geschehen ist. Der Bürgermeister von Süd-Mitrovica hat uns herzlich gebeten, dorthin niemanden mehr abzuschieben, weil die Behörden nicht in der Lage sind, allen Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
Dabei sind in Mitrovica sogar eine ganze Reihe ganz ansehnlicher Bauten für die Roma entstanden. Allerdings war da früher eine Siedlung, in der 7.000 Roma lebten, jetzt ist Platz für 1.000, Unterkünfte für weitere 150 werden gebaut. Aber Deutschland will jährlich 2.500 Menschen abschieben, insgesamt geht es 14.000. Die verheerenden Lager, die es bislang gab, sollen geschlossen werden, weil der Boden dort stark bleiverseucht ist. Aber aus der Not heraus könnten dann wieder wilde Lager entstehen.
Welche Forderungen ergeben sich aus all dem für Sie und Ihre Partei?
Das Rückübernahmeabkommen sollte gleich wieder ausgesetzt und auf zwangsweise Rückführungen verzichtet werden.
Leser*innenkommentare
Dirk Gober
Gast
Ist es nicht seltsam, daß vor der "Befreiung" des Kosovo dieses auch eine Heimat für die Roma (und andere von der UCK-Terrorbande Vertriebene) war, während heute diese Menschen angeblich keinen Platz mehr haben, da die kosovarisch-albanischen Herrenmenschen neben der eigenen keine anderen Ethnien dulden?
Man sollte nicht vergessen, daß taz und UCK-Rathfelder an vorderster Front FÜR die UCK und damit die Folgen gekämpft haben.
Vom Papst erwartet man Selbstkritik - wo bleibt diese bei den damaligen Kriegshetzern, die vor allem von Gutmenschen-Mainstream gestellt wurden?
Agron
Gast
Es gibt deutlich mehr Albaner als Roma in Deutschland. Trotzdem sind fast ausschließlich die Roma von der Abschiebung betroffen. Ist das nicht eine Form von Segregation? Ist Nazi-Deutchland wieder da?
Sondermann
Gast
Die Green Card der Amis funktioniert, das deutsche Asylrecht offenbar nicht. Was will uns dies lehren?
HamburgerX
Gast
Ich verstehe diesen Ansatz auch nicht. Das Asylrecht muss unbedingt auf seine Kernaufgabe beschränkt werden. Wenn zu viele wieder zurückkommen, dann muss man die Grenzen und besser sichern und die Kontrollen intensivieren. Man schafft ja auch keine Gerichte ab, nur weil zu viele Inhaftierte wieder rückfällig werden. Vor allem kann es doch nicht Aufgabe Deutschlands sein, Wohlstandsflüchtlinge aus aller Welt zu versorgen. Mich regt es immer auf, dass darüber Leute entscheiden wollen, die oft selbst noch nie richtig gearbeitet haben oder denen es so gut geht, dass sie nie in problematischen Stadtteilen leben müssen.
Leidkultur
Gast
Schon mal mitbekommen, wie Scheisse es vielen deutschen Familien geht? Diese elenden linksgrünen gutmenschlichen Politiker in ihren Elefenbeintürmen und den Blagen auf Privatschulen kotzen mich nur noch an. Es gibt Städte in Deutschland, da liegt Ausländeranteil bei den Kindern schon bei über 70%.
40% der Hartz IV Empfänger sind Migranten. Auf der eine Seite was von Umweltschutz faseln und jede fette Kröte über die Straße tragen, aber unsere Heimat mit Menschen vollstopfen, denen man nicht mal eine Perspektive bieten kann. Man, nehmt diese Leute bei euch zu Hause auf, aber drückt es nicht dem Volk aufs Auge.
HamburgerX
Gast
Lange leben die haarsträubenden Argumentationen.
Geschätzt werden auch die Hälfte der Knastis wieder rückfällig. Ergibt sich für Herrn Winkler dann auch die Forderung, auf Gefängnisstrafen zu verzichten?
Das Asylrecht soll vor politischer Verfolgung schützen, nicht als Wohlstandsteilhabe für andere Nationen missbraucht werden! Bezahlen muss das nämlich alles der Steuerzahler. Und auch die Schattenseiten wie importierte Gewaltkriminalität gehören zum Asylmissbrauch hinzu. Grüne, legt endlich eure Scheuklappen ab!
Peter
Gast
Das Problem ist halt dass wir auch viele Arbeitslose haben.
War es nicht immer eine Forderung aus dem linken Spektrum die Einwanderung zu drosseln wenn es viele Arbeitslose gibt?
Wie sich die Zeiten doch ändern, einst stand links für die Sorge um die eigenen Bürger...
Ich wähle links für soziale Gerechtigkeit in Deutschland nicht um uns massenweise Arbeitslose zu importieren.