Grüne Ministerien in Thüringen: Erfurter Stühlerücken

Die Grünen besetzen ihren Kabinettsposten in Thüringen neu. Migrationsminister Adams muss gehen, Nachfolgerin wird die Polizistin Denstädt.

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Berufung mit Symbolcharakter: Doreen Denstädt, neue Ministerin für Justiz und Migration in Thüringen Foto: imago

BERLIN taz Die Thüringer Grünen besetzen ihre beiden Kabinettsposten in der rot-rot-grünen Minderheitsregierung mitten in der Legislaturperiode neu. Ministerin für Justiz, Migration und Verbraucherschutz wird die Polizeihauptkommissarin und Diplom-Verwaltungswirtin Doreen Denstädt. Ihre Berufung hat durchaus Symbolcharakter: „Die einzige schwarze Polizistin in Thüringen“ nannte Bundestagsvizepräsidentin Katrin-Göring-Eckart Denstädt im vergangenen Jahr. Die Thüringer Grünen hatten sie damals nach Berlin geschickt, um den Bundespräsidenten zu wählen. Neuer Umweltminister wird Co-Landeschef Bernhard Stengele, der auch den Posten des stellvertretenden Ministerpräsidenten übernimmt.

Für die Neubesetzung schmeißen die Grünen ihren derzeit amtierenden Justiz- und Migrationsminister Dirk Adams raus. „Nach intensiven Gesprächen hat sich der Landesvorstand entschieden, nach der Vakanz im Umweltministerium eine kraftvolle personelle Neuaufstellung vorzunehmen“, sagte Ann-Sophie Bohm, Stengeles Co-Landeschefin, am Montag in Erfurt.

Umweltministerin Anja Siegesmund hatte kurz vor Weihnachten aus persönlichen Gründen ihren Rücktritt angekündigt. Man habe Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) gebeten, Adams als Minister zu entlassen, so Bohm weiter. „Dieser Schritt ist für uns alle schmerzlich.“

Besonders schmerzlich dürfte er für Adams sein. Dieser hatte am Montagvormittag auf Twitter noch betont, dass er der Aufforderung der beiden Landesvorsitzenden, selbst zurückzutreten, nicht nachkommen werde. „In der derzeitigen Situation kann ich, aus Verantwortung gegenüber meinem Ministerium, dieser Aufforderung nicht nachkommen“, so Adams. In der Vergangenheit gab es aus den Kommunen Kritik an der Flüchtlingspolitik der Landesregierung, für die Adams bislang zuständig war. Innerhalb der Grünen ist zu hören, dass Adams als Minister blass gewesen sei, eigene Akzente in der Migrationspolitik hätten gefehlt.

Adams Nachfolgerin, die im Thüringer Saalefeld geboren und in Erfurt aufgewachsen ist, arbeitet derzeit in der Polizeivertrauensstelle im Thüringer Innenministerium. Die 45-Jährige ist erst seit 2021 Mitglied der Thüringer Grünen und Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Innenpolitik. „Der Wert einer Gesellschaft bemisst sich ganz maßgeblich am Umgang mit den Schwächsten“, sagte Landeschef Stengel. Diesem Grundsatz fühle sich Denstädt verpflichtet. Mit Denstädt an der Spitze des Ministeriums unterstreiche man, „welchen Stellenwert die Themen Integration und Migration für uns Bündnisgrüne haben“, so Stengel.

Der Landeschef, der nun Umweltminister und Ramelows Vize wird, kommt aus dem Allgäu und hat lange als Schauspieler gearbeitet. Als Schauspieldirektor für die Bühnen in Altenburg und Gera kam er 2012 nach Thüringen, seit drei Jahren ist er Landeschef der Grünen. Dieses Amt wird er zum Landesparteitag im März zur Verfügung stellen.

Stengele habe sich nicht erst als Landeschef intensiv mit den Themen Energiewende, Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Forsten beschäftigt und ein tiefes Verständnis von der Komplexität der Klimakrise entwickelt, sagte seine Co-Vorsitzende Bohm.

Die Personaldecke der Thüringer Grünen ist dünn, sie stellen im Landtag mit fünf Mitgliedern die kleinste Fraktion. Bei der Landtagswahl 2019 hatten sie 5,2 Prozent der Stimmen erhalten. Nach Umfragen lagen sie jüngst zwischen 5 und 7 Prozent. Die nächste Landtagswahl findet regulär im Herbst 2024 statt.

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