Grüne in Thüringen: Voll ins Risiko

Die Thüringer Grünen gehen mit dem Austausch ihrer Mi­nis­te­r*in­nen ein Wagnis ein. Ob es zum Erfolg führt? Den Versuch ist es jedenfalls wert.

Portrait von zwei neuen grünen Minister*innen in Thüringen.

Neu am Erfurter Kabinettstisch: Doreen Denstädt und Bernhard Stengele (Grüne) Foto: Martin Schutt/dpa

Mit dem Austausch ihrer Mi­nis­te­r*in­nen in der rot-rot-grünen Landesregierung versuchen die Thüringer Grünen einen Neuanfang – und der ist nach dem Rücktritt der ehemaligen Spitzenkandidatin und weit geschätzten Umweltministerin Anja Siegesmund auch dringend nötig. Die Grünen hängen in den Umfragen zwischen 5 und 8 Prozent fest, zuletzt mit eher sinkender Tendenz. Gut anderthalb Jahre vor dem nächsten regulären Wahltermin kann da ein Aufbruchssignal nicht schaden.

Mit ihren Neubesetzungen aber gehen die Grünen ins Risiko. Die afrodeutsche Polizeikommissarin Doreen Denstädt zur Ministerin für Justiz und Migration zu machen, ist einerseits ein starkes und richtiges Signal: Sie wird die erste Schwarze Ministerin in Ostdeutschland – und das in einem Bundesland, in dem die rechtsextreme und rassistische AfD nach Umfragen derzeit stärkste politische Kraft ist. Denstädt gilt als kundig und kommunikativ, Führungserfahrung aber hat sie nicht. Auch ist sie, was als Justizministerin durchaus hilfreich sein kann, keine Juristin. Nun muss sie mit den Kommunen über Aufnahme von Geflüchteten verhandeln und den Justizapparat steuern – und erst einmal unter Beweis stellen, dass sie das auch kann.

Auch bei Bernhard Stengele, dem grünen Landeschef, ist noch nicht klar, ob er dem Amt des Umweltministers und stellvertretenden Ministerpräsidenten gewachsen ist. Ob er tief genug im Stoff ist, um als Umweltminister zu punkten, und ob er, der ehemalige Schauspieldirektor aus dem Allgäu, Verwaltung kann.

Dass die Grünen dafür ihren bisherigen Justiz- und Migrationsminister, Dirk Adams, geschasst haben, belegt nicht nur erneut, dass bei ihnen eben auch knallhart Politik gemacht wird. Es zeigt zudem, wie dünn die Personaldecke bei den Thüringer Grünen ist. Zu der Neuaufstellung kam es auch, weil keine geeignete und willige Frau für das Umweltministerium zu finden war.

Das alles ist, wie gesagt, ein Risiko. Aber Risikobereitschaft kann sich auch auszahlen.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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