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Großstadtspiele mit Corona-Abstand„Hinterhofhopping“ als Freizeitspaß

Lasset die Spiele beginnen: Alles, was ihr dafür braucht, sind Freunde, selbstgemixte Drinks, etwa sechs Stunden Zeit und was zu schreiben.

Lieber Hinterhof statt Kneipe Foto: imago images/Jürgen Ritter

D ie Covid-19-Zeit ist die Zeit der Großstadtspiele. Familien spielen Wikingerschach in Parks, Pärchen Boule am Paul-Lincke-Ufer. Um die neue Freizeit rumzukriegen, habe selbst ich Tischtennisspielen gelernt und mit Freunden ein Unterhaltungsformat erfunden.

Das Format funktioniert so: Ein paar Freunde treffen sich, die Kontaktbeschränkungen lassen gerade fünf Leute aus verschiedenen Haushalten im Hinterhof eines Beteiligten zu. Die GastgeberIn serviert ihren Hausdrink – mit Abstand, versteht sich. Die Hinterhofmöbel dürfen spartanisch sein, zur Not tut es selbst der Betonboden, wenn die Getränkequalität den Mangel an Komfort aufwiegen kann.

Die Gäste bewerten die Atmosphäre des Zusammenkommens sowie Aussehen und Geschmack des Drinks auf einem Zettel, ähnlich dem TV-Format „Das perfekte Dinner“. Doch anders als bei diesem trifft man sich nicht am Folgetag erneut, sondern zieht als Gruppe direkt weiter zur nächsten GastgeberIn.

Den Spaß haben meine FreundInnen und ich „Hinterhofhopping“ getauft. Das Spielprinzip funktioniert aber nur gut, wenn alle in der Nähe wohnen und Zeit mitbringen: Bei unserer Premiere brauchen wir, um vier Hinterhöfe zu besuchen, ganze sechs Stunden.

Drinks zur Herausforderung der Geschmacksnerven

Dafür trinken wir vorzüglich: Gin Basil Smash, Margarita und Erdbeer-Daiquiri, wir geben uns Mühe. Trotzdem ist der Zuckermischmasch eine Herausforderung für den Magen, der dicke Salzrand am Margarita-Glas eine für die Geschmacksnerven. Deswegen gibt es dazu noch viel Wasser und ein schnelles Abendessen, um durchzuhalten.

Ende des Spiels: Nach dem letzten Drink des Hinterhofhopping zählen wir die Punkte zusammen. Ich gewinne mit nur einem halben Punkt Vorsprung in der Gesamtwertung mit meinem Cranberry Rosmarin Bennett – wegen der Optik. Ich habe mit Faden einen frischen Rosmarinzweig an den Strohhalm gebunden und ihn mit roten Eiswürfel aus Cranberrysaft dekoriert.

Der Abend war insgesamt sehr schön, aber die Planung war anstrengend. Zuerst muss man sich als Gruppe koordinieren, einkaufen, Drinks vorbereiten, Küchenfähigkeiten erweitern (ich habe zum ersten Mal im Leben Sirup gekocht) und alle andere Verabredungen an diesem Abend absagen, denn durch die Wege und Wartezeiten zieht sich das Spiel in die Länge.

Mein anderes neues Großstadtspiel, Tischtennis, ist im Vergleich dazu sehr viel weniger aufwendig. Man braucht nur eine SpielpartnerIn, Schläger, Ball und eine der öffentlichen Outdoorplatten. Meine Stammplatte ist gleich bei mir im Hinterhof, ruhig gelegen und immer frei. Doch für einen Freund verlasse ich diese Komfortzone und treffe mich mit ihm für ein Match in Kreuzberg.

Unfreiwilliges Tischtennisplattenhopping

Die ersten Tischtennisplatten finden wir in der Nähe des Görlitzer Parks, die eine ist komplett übersät mit Vogelkacke, die zweite besetzt. Auf der Seite pingpongmap.net sind Dutzend weitere Platten in der Umgebung auf einer Karte mit Adresse und Foto eingezeichnet. Wir folgen der Karte und biegen in jede Straße ein, in der eine Tischtennisplatte stehen soll.

Zuerst laufen wir im Kreis, dann über den Landwehrkanal rüber in Richtung Süden nach Neukölln. Und am Ende schlurfen wir wieder zurück. Denn jede einzelne Tischtennisplatte ist besetzt. Oder die eingezeichnete Platte gibt es nicht. Oder wir finden sie einfach nicht.

Auch dieser Tag zieht sich, doch konsumieren wir auf unserer Tischtennisplattensuche nicht ganz so vorzüglich wie im Hinterhof: zunächst ein Eis, dann Kaffee, Spezi aus dem Späti und wieder ein Eis. Als wir nach fast zwei Stunden noch immer keine freie Platte gefunden haben, geben wir das unfreiwillige Tischtennisplattenhopping auf. Nicht alle Großstadtspiele kann man eben gewinnen.

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Svenja Bednarczyk
Entwicklungsredakteurin
im Produktentwicklungsteam der taz im Netz. taz seit 2012.
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