GroKo-Themen Verkehr & Landwirtschaft: Irgendwie, irgendwo, irgendwann
Kein Aus für den Verbrennungsmotor, keine Zahlen zu Glyphosat: Die Sondierungspapiere von Union und SPD bleiben arm an Inhalt.
Bei den Verhandlungen selbst machte der Umgang mit Glyphosat mehr Probleme. Nachdem der amtierende CSU-Agrarminister Christian Schmidt gegen den Willen von SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks und gegen die Geschäftsordnung der Bundesregierung auf EU-Ebene einer Verlängerung der Zulassung des Pflanzengifts um fünf Jahre zustimmte, wollte die SPD nun ein nationales Verbot durchsetzen.
Im Sondierungspapier zum Thema Landwirtschaft und Verbraucherschutz, das der taz vorliegt, kündigen Union und SPD zwar an, sie würden „den Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln deutlich einschränken“ und als Ziel ausgeben, „die Anwendung so schnell wie möglich grundsätzlich zu beenden“. Konkrete Angaben, bis zu welchem Zeitpunkt die Glyphosatnutzung anhand welcher Kriterien wie stark reduziert werden soll, fehlen aber. „Die Formulierung lässt einen riesigen Spielraum“, meint Harald Ebner, Gentechnik-Experte der Grünen.
Daneben enthält das Papier die Ankündigung, die neue Regierung werde „ein Gentechnikanbau-Verbot bundesweit einheitlich regeln“. Das von Schmidt schon mehrfach angekündigte „Tierwohllabel“ soll kommen – aber offenbar nicht für sämtliche Fleischprodukte, sondern nur „für Fleisch aus besserer Tierhaltung“. Der Ausbau der Biolandwirtschaft wird nicht erwähnt.
Wenig Konkretes
Noch unkonkreter fällt die bisherige Einigung zum Thema Verkehr aus. Ein Ende für neue Verbrennungsmotoren, etwa ab 2030, taucht dort nicht auf. In den Jamaika-Verhandlungen hatte diese Forderung der Grünen, die auch von Hendricks geteilt wird, für heftigen Streit gesorgt.
Stattdessen bekennen sich die Groko-Sondierer zu „effizienteren und sauberen Verbrennungsmotoren“. Erwähnt wird auch die „Förderung von E-Mobilität“. Zahlen über Ausmaß und Ziel sind hier aber ebenfalls nicht zu finden. Die „blaue Plakette“, mit der selektive Fahrverbote für alte Diesel umgesetzt werden könnten, wird nicht erwähnt.
Das Papier bekennt sich zu den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens. Das von der letzten Regierung aufgestellte anspruchsvolle Ziel, die Emissionen im Verkehrssektor bis 2030 um 40 bis 42 Prozent gegenüber 1990 zu senken, wird aber nicht erwähnt.
Das stößt bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch auf Kritik. „Ein vages Bekenntnis zu den Zielen des Paris-Abkommens kann nicht ein klares Ja zum Erreichen des ganz entscheidenden, im Klimaschutzplan festgelegten Sektorziels für den Verkehr bis 2030 ersetzen“, meint Geschäftsführer Christoph Bals.
Bei anderen zentralen Themen wie dem Spitzensteuersatz, dem Familiennachzug für Flüchtlinge oder der Zukunft der Krankenversicherung gab es bis zum Donnerstagnachmittag noch keine Hinweise auf eine Einigung. Noch am Abend oder in der Nacht sollten die Verhandlungen aber abgeschlossen werden. Die Rednerpulte für die Verkündigung der Ergebnisse wurden am Donnerstag bereits aufgebaut – dort, wo zuvor die Glyphosat-Bilder hingen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld