Griechenland billigt Sparhaushalt: Bittere Einschnitte
Mit dem Haushalts 2013 hat das griechische Parlament die letzte Voraussetzung erfüllt, damit Geld nach Athen fließen kann. Premier Samaras fordert die nächste Kredittranche.
ATHEN taz | Der Etat 2013 sieht Einsparungen in Gesamthöhe von 9,4 Milliarden Euro vor. Anders als bei der Verabschiedung eines umfassenden Sparpakets samt Arbeitsmarktreform am vergangenen Mittwoch setzten sich diesmal die Regierungsfraktionen mit deutlicher Mehrheit im Parlament durch: Insgesamt 167 Abgeordnete der Drei-Parteien-Regierung votierten für den Haushalt, 128 Volksvertreter stimmten dagegen, vier enthielten sich der Stimme.
In der eigenen Partei bleibt der konservative Ministerpräsident Antonis Samaras konsequent hart: Der Abgeordnete Theodoros Soldatos von der Insel Levkada, der sich bei einem Teil des Sparhaushalts der Stimme enthielt, wurde im Eilverfahren aus der Fraktion ausgeschlossen.
Andererseits gesellten sich diesmal zu den Befürwortern der Sparpolitik prominente Abweichler, die noch am Mittwochabend dem Sparkurs der Regierung Samaras ihre Unterstützung verweigern wollten, wie etwa das Urgestein der sozialistischen Pasok-Partei Kostas Skandalidis und die ehemalige Ministerin Theodora Tzakri.
Vorausgegangen war ein heftiger Schlagabtausch zwischen Regierung und Linksopposition. Der Parteichef der Radikalen Linken und Oppositionsführer Alexis Tsipras warf der Links-rechts-Koalition vor, das Land in den Ruin zu treiben und dabei Befehle aus Berlin auszuführen. Eindeutig über das Ziel hinaus schoss der Linksabgeordnete Stathis Panagoulis: „Liebe Kollegen, ich wünsche Ihnen, dass Sie mit einem Sondergericht davonkommen und nicht etwa das gleiche Schicksal erleiden wie neulich der US-Botschafter in Libyen", donnerte Panagoulis im Plenum.
Obwohl er ausdrücklich erklärte, dies sei nur seine persönliche Meinung, drohte die Debatte endgültig aus dem Ruder zu geraten. Premier Antonis Samaras und Finanzminister Jannis Stournaras stigmatisierten die Parlamentsrede von Panagoulis als Anstiftung zur Gewalt, und Oppositionsführer Tsipras distanzierte sich öffentlich von seinem Parteigenossen.
Heitere Momente
Immerhin gab es gelegentlich auch heitere Momente während der Debatte: So etwa, als der rechtspopulistische Abgeordnete Pavlos Haikalis - ein in Griechenland beliebter Komiker - am Parlamentspult den Tonbandmitschnitt einer früheren Rede von Samaras aus seiner Zeit als Oppositionsführer laufen ließ, in der der heutige Premier die Sparpolitik der damaligen sozialistischen Regierung stark verurteilte. „Herr Haikalis, wir sind hier doch nicht im Theater," kommentierte der Parlamentspräsident und schaltete dem wild gestikulierenden Redner das Mikro einfach aus.
Vor dem Parlament protestierten über 15.000 Menschen trotz klirrender Kälte gegen die abermaligen Renten- und Gehaltskürzungen. Wieder stichelten viele Demonstranten gegen Angela Merkel und das angebliche deutsche Spardiktat. Alle Protestaktionen verliefen friedlich. Nun sieht Premier Samaras alle Voraussetzungen für die Auszahlung der nächsten Kredittranche aus dem laufenden Rettungspaket für Griechenland erfüllt.
Griechenland habe sein Soll erfüllt, nun müssten die EU-Partner ihren Teil der Vereinbarung erfüllen, erklärten sämtliche Regierungspolitiker während der Parlamentsdebatte am Sonntagabend. Spekulationen darüber, dass Griechenland noch viel zu tun habe, bevor neues Geld ins Land fließe, kritisieren die griechischen Zeitungen übereinstimmend als Hinhaltemanöver ohne jede Berechtigung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei