Grenzsicherung in Libyen: EU-Training verläuft im Wüstensand
Mit einer zivil-militärischen Mission will die EU die libyschen Grenzen abschotten. Das meiste Geld dafür geht an private Sicherheitsfirmen.
BERLIN/TRIPOLIS taz | Die Liste der EU-Missionen in Afrika wird immer länger: „Eubam Libya“, European Union Integrated Border Management Assistance Mission Libya, heißt die neueste Kreation aus Brüssel.
Im Rahmen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union werden für einen Zeitraum von vorerst zwei Jahren bis zu 110 Polizisten und Experten in Libyen den Behörden helfen, „kurzfristig die Grenzsicherung zu verbessern“ und „langfristig den Libyern bei der Entwicklung einer nachhaltigen integrierten Grenzmanagementstrategie helfen“, wie es in der Mitteilung des Europäischen Rates vom 22. Mai heißt, als „Eubam Libyen“ aus der Taufe gehoben wurde. Geleitet wird sie von Finnlands früherem Zolldirektor Antti Hartikainen.
Deutschland beteiligt sich, so beschloss es das Bundeskabinett am 5. Juni, mit bis zu 20 Polizisten. Derzeit seien ein Bundespolizist sowie eine Logistikexpertin des ZIF (Zentrum für Internationale Friedenseinsätze) vor Ort, heißt es in der Antwort der Regierung auf eine Frage des Linksabgeordneten Andrej Hunko, die der taz vorliegt. Als libysche Partner für Eubam gelten demnach „die dem Innenministerium unterstellte Grenzpolizei, der dem Finanzministerium unterstellte Zoll, die dem Verteidigungsministerium unterstellte neu geschaffene Institution der Border Guards sowie unterschiedliche maritime Behörden“.
Das alles klingt nach einer komplexen Aufgabe, was mit dem komplexen Zustand Libyens zu tun hat. Die libysche Regierung, die seit dem Sturz der Gaddafi-Diktatur 2011 regiert, hat sich noch immer nicht gegen die zahlreichen Milizen aus dem damaligen Bürgerkrieg durchsetzen können; diese üben immer noch faktische Hoheit in ihren jeweiligen Hochburgen aus und beherrschen nach EU-Analysen 23 der 25 offiziellen libyschen Grenzübergänge.
Vernetzung der Grenzbehörden mit Interpol
Aus diesem Grund ist Eubam auch nicht dort tätig, wo Flüchtlinge über die Landgrenze aus der Wüste kommen oder am Meer in Richtung Europa in See stechen. Die Arbeit der EU-Mission beschränkt sich nach Informationen der taz zunächst auf Beratung des libyschen Innenministeriums zu Sicherheitsfragen am Flughafen Tripolis. Dort läuft bereits ein EU-Programm zur Vernetzung der Grenzbehörden mit Interpol. Und in Tripolis darf der Sprecher von Eubam sein Hotel nur mit gepanzertem Wagen verlassen.
Die Beschränkung auf die Hauptstadt stößt auf Skepsis, da die EU-Ausbilder „die lokalen Gegebenheiten gar nicht kennen und sie auch nicht vor Ort testen können“, wie die grüne EU-Abgeordnete Franziska Brantner erklärt. Die Grüne kritisiert auch die für den geringen Umfang der Mission ziemlich hohen Kosten von 30,3 Millionen Euro im ersten Jahr. „Ein guter Teil des Geldes geht an private Sicherheitsfirmen, die die Mission schützen“, sagt Brantner.
Libyen hätte lieber ein EU-Engagement direkt an den Südgrenzen gesehen, komplett mit Ausbildung der neu entstehenden Gendarmerie. Nun aber folgen auf große EU-Ankündigungen eher bescheidene Taten – und das nicht zum ersten Mal.
Am 1. April 2011, mitten im libyschen Bürgerkrieg, gründete die EU die Libyen-Eingreiftruppe „Eufor Libyen“, die unter dem Kommando eines italienischen Konteradmirals zum Schutz humanitärer Hilfe militärisch intervenieren sollte, sobald die UNO sie anfordert. Das tat die UNO nie, und nach Kriegsende wurde Eufor still und heimlich begraben, ohne je geboren worden zu sein.
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