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Greenpeace zu LebensmittelpreisenHöhere Steuern auf Fleisch?

In der Debatte um ehrliche und klimagerechte Preise für Lebensmittel fordert Greenpeace 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Fleisch.

Nicht gut fürs Klima, aber mit Milliardensummen bezuschusst: Fleisch, hier als Bratwurst Foto: dpa

Berlin afp/taz| Die Umweltschutzorganisation Greenpeace setzt sich für eine Mehrwertsteuererhöhung für Fleisch ein. „Die neue Bundesregierung sollte die Mehrwertsteuer für Fleisch und Milchprodukte an den regulären Satz von 19 Prozent anpassen“, sagte der Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Matthias Lambrecht den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Im Gegenzug kann sie die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse absenken oder ganz streichen.“

Damit würden Lambrecht zufolge Ver­brau­che­r:in­nen entlastet und Anreize für umweltfreundlicheren und klimaschonenderen Konsum pflanzlicher Lebensmittel geschaffen. Gleichzeitig bräuchten die landwirtschaftlichen Betriebe eine gezielte Förderung für eine verbesserte Haltung der Tiere. Dafür sollten über eine Steuer oder Abgabe jene Verbraucherinnen und Verbraucher aufkommen, die Fleisch und Milchprodukte konsumieren.

„Der Konsum von Fleisch- und Milchprodukten in Deutschland verursacht Umwelt- und Klimaschäden in Höhe von rund sechs Milliarden Euro im Jahr“, sagte der Greenpeace-Experte. „Die wahren Kosten schlagen sich aber im Preis nicht nieder.“ Vielmehr werde der Verbrauch tierischer Erzeugnisse auch noch „mit mehr als fünf Milliarden Euro jährlich gefördert, weil auf diese Produkte nur der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent erhoben wird“.

Lange Debatte

Greenpeace stellt sich damit hinter Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), der „Ramschpreise“ für Lebensmittel ablehnt, da sie Bauernhöfe in den Ruin trieben und mehr Tierwohl verhinderten. Zuletzt hatte der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller, eine Steuersenkung für Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte gefordert. Dies sei „ein guter und gesunder Ausgleich“ für die zuletzt hohen Preissteigerungen bei Lebensmitteln, der auch den Umstieg auf klimafreundliche Produkte erleichtere, sagte Müller.

Der Umweltverband BUND mahnte an, nicht nur die Ver­brau­che­r:in­nen in die Pflicht zu nehmen. Die Debatte sei „wichtig und überfällig“, oft versteckten sich aber „Einzelhandel und Industrie hinter angeblich preisverliebten Käuferinnen und Käufern“. An einem neuen Preissystem müssten sich alle beteiligen, die Teil des Ernährungssystems seien. „Gesunde und ökologisch einwandfreie Nahrung ist ein Grundrecht, das die Gemeinschaft im Zweifel ermöglichen muss.“ Nach Angaben des Bundeskartellamts kontrollieren die führenden Händler, Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland, mehr als 85 Prozent des Lebensmittelmarktes in Deutschland. Mit dieser Einkaufsmacht sind sie der wichtigste Faktor bei der Bestimmung der Preise.

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3 Kommentare

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  • "ehrliche und klimagerechte Preise"



    "Klimaschäden"

    Irgendwie richtig und doch auch nicht.



    Bloss weil etwas teurer wird, wird kein einziger Schaden reduziert.



    Was ist schon ein klimagerechter Preis?

    Eine Begrenzung der Tierhaltung und des Importes von Fleisch wäre ein einfacher Weg zu Reduktion des Schadens und führt automatisch zu einer Erhöhung der Preise.

    • @fly:

      Schon gar nicht, wenn die Preissteigerung "wegen Klima" als Mwst beim Staat ankommt der damit nur wieder irgendwelche Steuergeschenke finanziert. Wenn überhaupt sollte es den Erzeugern zugehen damit die für bessere und umweltfreundlichere Tierhaltung sorgen können.

      • @hderk:

        So ist es. Aber Agrarkonzernen zu besserer Rendite für ihre Anteilseigner zu verhelfen anstatt die Haltung von Tieren zu ändern, würde ebenso ihn Leere laufen.

        Massentierhaltung hart besteuern, (echte) Biobetriebe subventionieren, die ganz klassischen Mittel eines Staates in der sozialen Marktwirtschaft.

        Dafür braucht es aber neben politischem Willen gegen eine mächtige Lobby auch eine immense Investition in Kontrollbehörden. Das sollte aus der Steuer mit abfallen.

        Und wenn nachher ein SGB2ler nicht mehr 1-2 Mal am Tag Wurst und Fleisch essen kann, sondern nur noch 1-2 Mal pro Woche, das ist das eben so. Wenn man bedenkt, was sich Arbeitslose und Armutsrentner schon alles haben bieten lassen darf man vermuten: Wegen höherer Fleischpreise wird es keinen Aufstand geben.