Gratisaktion des ÖPNV: Lasst das doch so
Zwei Wochen umsonst mit der U-Bahn durchs Land: ein pandemiegeschuldeter Plan, der in die richtige Richtung weist.
D er Versuch der Verkehrsunternehmen, mit einer Art ÖPNV-Flatrate Kunden zurückzugewinnen, eröffnet ganz neue Perspektiven. Zwar ist sie ein Akt der Verzweiflung, weil Bussen und Bahnen pandemiebedingt ein Viertel der Fahrgäste abhandengekommen sind. Doch auch vor der Pandemie war klar, dass sich der öffentliche Verkehr in Deutschland neu erfinden muss, um eine gerechtere, freudvollere und klimaneutrale Mobilität zu ermöglichen. Also, vergesst die Zweiwochenfrist, lasst das so!
Bis heute setzen in den meisten Städten, Regionen und im Bund Verkehrspolitiker:innen aufs Auto. Das mindert die Lebensqualität in den Metropolen, verdrängt Kinder aus dem Stadtbild und macht Straßen für Mensch und Tier zu einem gefährlichen Ort. Auf dem Land hat der Fokus aufs Auto Alternativen vernichtet oder nie entstehen lassen. Wer im Siegerland oder im Bayerischen Wald wohnt, der braucht ein Auto. Das wird sich ändern, wenn Verkehrspolitiker aller Ebenen den derzeitigen Einbruch zum Aufbruch in eine neue Mobilität nutzen. Die Kund:innen können ÖPNV-Tickets einfach und bundesweit kaufen. Die Verkehrsbetriebe erkennen ihre Abonnent:innen gegenseitig an – mit finanzieller Unterstützung vom Bund. Der gibt deutlich mehr Geld an Kommunen und Kreise und hilft – mit einer Stabsstelle im Verkehrsministerium? – den rechtlichen Rahmen zu schaffen, um Infrastrukturprojekte wie neue Tramgleise oder kreisübergreifende Busverbindungen leichter zu ermöglichen.
Bislang startet ja Elon Musk schneller eine Marsmission, als die Stadt Potsdam Straßenbahngleise in einen Vorort verlegt. Gleichzeitig entstehen überall konkurrierende Privatunternehmen mit ganz neuen Mobilitätsangeboten, so wie Uber, nur ohne Monopol und besser. Leicht und bequem können die Fahrgäste deren Dienstleistungen mit denen der öffentlichen Verkehrsbetriebe und ihren Fahrrädern vernetzen.
Bis zum 26. September läuft die Aktion der Verkehrsbetriebe. So lange dürfen wir noch träumen von einer Bundesregierung, die eine solche Verkehrswende möglich macht.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Alles zur Bundestagswahl
Oma gegen rechts hat Opa gegen links noch nicht gratuliert
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder