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Gottes Wege sind kodifiziert

Erneute Demo gegen Schulschließungen

Von Benno Schirrmeister

Den Aufstand gegen das Oberhaupt von Hamburgs katholischer Kirche probt die Gesamt­elternvertretung der katholischen Schulen. Sie hat erneut zur Demo aufgerufen, am kommenden Samstag, um gegen die Pläne von Erzbischof Stefan Heße zu protestieren, von den 21 katholischen Schulen der Stadt die acht in den finanziell schwächeren Bezirken der Stadt zu schließen. Inzwischen ist eine weltliche Genossenschaft in Gründung, die deren Weiterbetrieb sicherstellen will.

Solche Initiative sieht man in der nach Selbstdarstellung allein seligmachenden Kirche mit Wohlgefallen. Weniger begeistert reagieren ihre Oberhäupter hingegen erfahrungsgemäß auf Protestkundgebungen und revoluzzende Theologiestudenten wie Pascal Landahl, der sich mit einer Online-Petition beim Papst über die Bistumsleitung beschwert und Gemeinden zum Protestläuten gegen Heße aufgerufen hat – wenn nicht sogar verführt.

Denn gerade wer meint, dass Hamburg nichts dringender braucht als katholische Schulen, sollte respektieren, dass in einer absoluten Monarchie wie der katholischen Kirche Protest nicht vorgesehen ist. Der Codex Iuris Canonici, also das Gesetz der katholischen Parallelgesellschaft, bestimmt ausdrücklich als „Straftat gegen die kirchliche Autorität und die Freiheit der Kirche“, wenn jemand „öffentlich wegen irgendeiner Maßnahme der kirchlichen Gewalt oder eines kirchlichen Amtes Streit der Untergebenen […] hervorruft oder die Untergebenen zum Ungehorsam gegen diese auffordert“. Der Täter soll selbstredend bestraft werden. Zuständig fürs Verfahren? Zunächst der Ordinarius, also der örtliche Bischof. Will sagen: Stefan Heße.

Der kann Normalgläubige gerade mal vom Oblatenverzehr und vom Messdienen aussperren. Für Berufsfromme – und Landahl will ja Priester oder Religionslehrer werden – sind die Folgen allerdings einschneidend. Und auch wenn die Gottesfürsten gern sanftmütig auftreten, werden sie meist kratzbürstig, wenn es um ihre Autorität geht. Wie diese durchzusetzen ist, darin hatte Heße einen guten Lehrmeister: Fast zehn Jahre hat er ja im Generalvikariat des im Juli verblichenen Kölner Erzreaktionärs Joachim Meisner gedient. Und ewig währt auch Heßes Geduld nicht: Schon vergangenen Donnerstag verzichtete das Bistum schnippisch auf die Einladung des Schulausschusses. Hamburgs Bildungspolitiker*innen dürfen aber gern im Bischofshaus vorsprechen.

Zum Fall Landahl hat man sich noch nicht öffentlich geäußert. Die nächste Eskalationsstufe ist hier die brüderliche Ermahnung, die Bischof Heße selbst oder jemand in seinem Auftrag vor der Eröffnung eines offiziellen Verfahrens aussprechen soll. Die Ermahnung aber kann er „pro sua prudentia“ – also wies ihm passt – um Zusatzstrafen ergänzen.

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