Göring-Eckardt fordert Militäreinsatz: Grüne Truppe marschiert voran
Die Fraktionschefin irritiert mit Äußerungen zum möglichen Einsatz deutscher Soldaten gegen die IS-Milizen. In der Partei wird jetzt heftig diskutiert.
BERLIN taz | Im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien hat die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt eine Debatte über einen Bundeswehr-Einsatz mit UN-Mandat entfacht. Auslöser waren Äußerungen in der Süddeutschen Zeitung, die unterschiedlich interpretiert wurden. „Deutschland muss initiativ werden bei den Vereinten Nationen“, sagte die Grünen-Politikerin.
Es müsse ein „robustes Mandat“ geben, denn IS sei nur militärisch zu bekämpfen. Im Fall eines UN-Mandats müsse Deutschland „gegebenenfalls bereit sein, sich mit der Bundeswehr an einem Einsatz zu beteiligen“, so Göring-Eckardt. Nötig sei eine Gesamtstrategie. „Wenn dabei herauskommt, dass am Boden agiert werden muss, würden wir das unterstützen.“
Nicht einmal grünen Fachleuten für Außenpolitik war allerdings nach der Lektüre spontan klar, was die Fraktionschefin genau gemeint hatte. Entsprechend unübersichtlich verlief am Montag die Debatte. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) richtete den Grünen aus der saudi-arabischen Ferne aus: Die Entsendung deutscher Bodentruppen nach Syrien sei ausgeschlossen.
Auch der Forderung nach einer UN-Mission mit deutscher Beteiligung erteilte Steinmeier eine klare Absage: „Das lässt sich leicht fordern in Deutschland, wenn man weiß, dass ein solches Mandat nicht zustande kommt.“ Die Bundesregierung, so Steinmeier, habe entschieden, „dass wir unter den gegebenen Voraussetzungen keine Bodentruppen nach Syrien entsenden werden“.
Geteilte Reaktionen in den eigenen Reihen
Von Journalisten nach ihrer Position zum Einsatz deutscher Bodentruppen gefragt, berief sich Grünen-Chefin Simone Peter am Montag auf Steinmeiers Nein: „Die Frage stellt sich jetzt nicht“, sagte Peter. Der Außenminister habe sich schließlich klar positioniert. Allerdings ließ sie Skepsis an der Idee durchklingen. Aus der Krisenregion habe es bisher gar keine Forderung nach Bodentruppen gegeben, sagte Peter etwa. Man müsse eine weitere Destabilisierung verhindern. „Das muss sehr sorgfältig abgewogen werden.“
Genau wie Göring-Eckardt appellierte die Grünen-Chefin aber an die Bundesregierung, sich um ein UN-Mandat im Kampf gegen IS zu bemühen – damit habe man bereits viel zu lange gewartet. Die Frage, welchen militärischen Beitrag Deutschland angesichts des „desaströsen Zustands der Bundeswehr“ überhaupt leisten könne, müsse man danach klären.
Die Reaktionen auf Göring-Eckardts Vorstoß fielen sehr unterschiedlich aus. Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Omid Nouripour, empörte sich auf Twitter über Steinmeiers Nein zum Bundeswehr-Engagement: „ Sollen doch andere die Drecksarbeiten machen“, schrieb er.
Überraschend bekam die Fraktionschefin Unterstützung von der traditionell linken Grünen Jugend: „Die deutsche Bundesregierung muss auf ein UN-Mandat als Voraussetzung für einen Militäreinsatz hinarbeiten“, sagte der neue Sprecher des Parteinachwuchses, Erik Marquardt, der taz. Eine deutsche Beteiligung dürfe „nicht kategorisch ausgeschlossen“ werden. „Das Ergebnis kann auch der Einsatz von Bodentruppen sein, gegebenenfalls auch aus Deutschland.“ Die Staaten machten es sich zu einfach, wenn sie jetzt sagten: „Wir müssen mit Bodentruppen intervenieren, aber bloß nicht mit unseren“, kritisierte der Nachwuchs-Grüne. „Das ist keine schlüssige Argumentation.“ Die Grüne Jugend hatte bei ihrem Bundeskongress am Wochenende in Dresden einen Beschluss gefasst, der auch deutsche Bodentruppen abdeckt.
Aus dem linken Flügel kam allerdings auch Kritik am Vorstoß der Fraktionschefin. Es sei „zu früh, schon über einen Bundeswehreinsatz zu spekulieren“, warnte Parteiratsmitglied Rasmus Andresen. „Einen möglichen Einsatz deutscher Bodentruppen halte ich für falsch“, sagte der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele der taz. „Die UN sollte ein Mandat beschließen, aber das heißt noch lange nicht, dass wir deutsche Truppen schicken müssen.“
Die Forderung nach einem UN-Mandat sei doch kein „Ruf nach einem Einsatz am Boden“, stellte der Parteilinke klar. Einen solchen Einsatz halte er „in Syrien oder auch im Nordirak generell für nicht richtig“, warnte Ströbele. Wie etwa wolle man verhindern, dass im Kampf gegen den IS am Ende wieder die Falschen unterstützt würden. „Afghanistan“, mahnte er, „sollte uns hier eine Lehre sein.“
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