Gipfeltreffen mit Kim Jong Un abgesagt: Trump will keinen Friedensnobelpreis
Erst sprengt Nordkorea sein Atomtestgelände. Dann sagt der US-Präsident überraschend den Gipfel mit Machthaber Kim Jong Un ab.
Trump verwies in seiner Begründung der Absage auf „offene Feindseligkeiten“ von Seiten Nordkoreas. Das Treffen sei derzeit nicht „angemessen“. Der historische Gipfel, der erste seiner Art, war für den 12. Juni in Singapur geplant gewesen und hatte zur Beendigung des Atomstreits mit Pjöngjang beitragen sollen. Moon hatte Trump sogar damit geschmeichelt, dass er damit den Friedensnobelpreis verdient hätte.
Nordkorea war zuletzt wieder zu einer feindlicheren Rhetorik zurückgekehrt. Pjöngjang war über Äußerungen von US-Politikern empört. Wenige Stunden vor Trumps Absage hatte die Führung in Pjöngjang empfindlich auf Vergleiche des eigenen Landes mit Libyen reagiert. Nach Sicherheitsberater John Bolton hatte zuletzt Vizepräsident Mike Pence in einem Interview am Montag in Anspielung auf Äußerungen Trumps gesagt, die Situation in Nordkorea werde „wie das Libyen-Modell enden, falls Kim Jong Un keinen Deal macht“. Libyen hatte vor 15 Jahren erklärt, seine Massenvernichtungswaffen im Gegenzug für die Aufhebung von Sanktionen zerstören zu wollen. Diktator Muammar al-Gaddafi wurde 2011 von Aufständischen getötet, die von westlichen Regierungen unterstützten wurden.
„Angesichts der Bemerkungen hochrangiger US-Politiker, die sich nicht der Realität bewusst sind und die Volksrepublik mit Libyen vergleichen, das ein tragisches Schicksal erfuhr, denke ich, dass sie über uns nur wenig wissen“, sagte Nordkoreas Vizeaußenministerin Choe Son Hui. Sie sagte laut der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA, dass es vom Verhalten der USA abhänge, ob man sich am Verhandlungstisch oder in einer „nuklearen Machtprobe“ begegnen würde. Den USA warf sie „ungesetzliches und empörendes Verhalten“ vor. Falls die USA weiter daran festhielten, werde sie der obersten Führung vorschlagen, das Gipfeltreffen mit den USA zu überdenken.
In den USA wird Chinas Einfluss für die Verhärtung Nordkoreas verantwortlich gemacht. Kim Jong Un war kürzlich das zweite Mal innerhalb weniger Wochen zu Besuch in China gewesen. Offenbar fürchtete Peking an Einfluss auf den Norden zu verlieren, sollte sich Pjöngjang politisch mit den USA annähern. Beobachter warnten allerdings, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass Trump handstreichartig den jahrzehntealten Konflikt mit Nordkorea lösen könne. Das Treffen könne nur ein erster Schritt sein. Nordkorea hatte sich zwar zur Denuklearisierung bereit erklärt, doch blieb unklar, was in Pjöngjang darunter verstanden wird.
Erst am Donnerstagnachmittag Ortszeit hatte Nordkorea mit mehreren Explosionen an drei Tunnelsystemen sowie an Wachposten und Militärbaracken seine Atomtestanlage Punggye-ri geschlossen. Rund 30 ausländische Fernseh- und Agenturjournalisten nahmen das Spektakel mit ihren Kameras auf. Bislang gibt es jedoch noch keine Bilder, da die internationalen Medienvertreter in den abgelegenen Bergen über keinen Internetzugang verfügen.
Einerseits wird die Schließung von Nordkoreas Testgelände als positives Signal gedeutet. Andererseits sollte das Zugeständnis des Regimes nicht überbewertet werden: Da Nordkoreas Atomprogramm bereits weit fortgeschritten ist, benötigt Machthaber Kim möglicherweise keine weiteren Tests mehr. Ebenso ist fraglich, inwieweit das nach sechs Atomtests stark in Mitleidenschaft gezogene Gelände Punggye-ri überhaupt noch weiteren Atomwaffentests standhalten würde. Nicht zuletzt warnten einige Nuklearexperten, dass Pjöngjang mit der Sprengung auch wertvolle Beweisspuren verwischen würde.
Es ist bemerkenswert, dass Nordkorea zwar TV-Journalisten ins Land gelassen hat, aber keine unabhängigen Atomexperten. „Nordkorea hofft, dass das dramatische Videomaterial der Zerstörung seines Atomtestgeländes seinen Willen zur Denuklearisierung beweist. Pjöngjang wird dies nutzen, um Donald Trump zu mahnen, was er dafür getan hat, um seine Verbindlichkeit zu beweisen“, schreibt die Nordkorea-Expertin Jean Lee auf Twitter. Lee hat 2012 für AP das erste westliche Nachrichtenbüro in Pjöngjang eröffnet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Sicherheitsleck in der JVA Burg
Sensibler Lageplan kursierte unter Gefangenen