Gipfel-Aktivistin über Verhaftung: "Gefesselt und sitzen gelassen"

Die Kopenhagener Polizei greift auf dem Klima-Gipfel hart gegen Demonstranten durch. Jetzt berichtet eine junge Gipfel-Gegnerin Details über ihre Verhaftung und die unmenschlichen Strapazen.

"Nach drei Stunden durften zwei Mädchen auf die Toilette." Bild: dpa

taz: Du warst eine der 968 Demonstranten, die Samstag auf der Großdemo gegen den Klimagipfel "vorbeugend" fetsgenommen wurden. Wie kam es dazu?

Marie: Etwa eine halbe Stunde, nachdem der Zug gestartet ist, liefen plötzlich Polizisten aus einer Seitenstraße durch die Demo. Die haben sofort angefangen Ketten zu bilden, das war eine Sache von ein zwei Minuten. Wir wurden abgedrängt und mussten uns zwischen Autos auf die Straße setzen. Das Verhalten war ziemlich aggressiv.

Wurde Euch eine Begründung genannt?

Wir haben natürlich gefragt, warum sie das tun. Da hieß es nur: "Weil wir das sagen" oder "Das geht euch nichts an." So haben wir bestimmt eine halbe Stunde gesessen und gewartet. Die Temperaturen lagen um den Gefrierpunkt. Zu der Zeit haben wir noch gehofft, dass sie uns rauslassen. Dann haben sie angefangen die Leute rauszuholen, unsere Bezugsgruppe von fünf Leuten wurde getrennt. Wir wurden durchsucht und mit Kabelbindern gefesselt. Wir mussten uns in einem Innenhof auf den Boden setzten, die Beine gegrätscht, davor und dahinter ein anderer.

Wie lange ging das so?

Etwa zwei Stunden, andere mussten noch länger dort sitzen. Es waren hunderte, die dort so saßen. Wir haben den Polizisten mehrfach gesagt, dass wir auf die Toilette und aufstehen wollen. Immer hieß es nur: Wr sind gleich fertig. Als ich gefragt habe, ob sie die Kabelbinder lockern meinte ein Polizist, die seien doch locker genug. Dann haben sie angefangen, die Leute abzutransportieren. Auf einem Gelände der Feuerwehr nebenan standen Linienbusse der Kopenhagener Verkehrsbetriebe. Es hat lange gedauert, bis der Bus voll war, auch da drinnen war es sehr kalt und man hatte immer noch die Arme auf dem Rücken.

Dann wurdet Ihr in die Sammelstelle gebracht?

Nicht sofort. Auf dem Polizeiparkplatz haben wir dann bestimmt nochmal drei Stunden gestanden. Da durften dann zum ersten Mal zwei Mädchen auf die Toilette. Noch immer wusste niemand, was eigentlich los ist. Die vier Polizisten, die mit im Bus waren, haben gar nichts gesagt. Am Ende wurden wir in eine Halle gebracht und mussten uns wieder in der gleichen Position wie im Kessel auf den Boden grätschen.

Warst Du da immer noch gefesselt?

Ja. Und weil mir das mittlerweile so weh tat, habe ich mich hingehockt. Ein Polizist hat mich dann in mit dem Knie in die Seite getreten und gesagt, ich solle mich gefälligst hinsetzen, wie alle anderen auch. Da ist dann auch jemand umgekippt, den haben sie rausgezogen. Etwa eine halbe Stunde habe ich so gesessen, dabei habe ich auch zum ersten Mal wieder jemanden von meiner Bezugsgruppe gesehen.

Was hast Du in der Sammelstelle beobachtet?

Man hat mich dann in die Halle gebracht, in der die Käfige stehen. In den Gängen sind sie mit Hunden rumgelaufen, einmal haben sie Pfefferspray in einer Zelle versprüht, als die Leute drinnen Krach gemacht haben. Ich selbst wurde durchsucht, meine Daten wurden aufgenommen. Als ich wieder gefragt habe, warum ich festgenommen wurde, hieß es nur: Wenn du morgen wieder hier bist, dann kommst Du hier nicht so schnell wieder raus. Dann habe ich ein Papier bekommen, in dem meine Rechte stehen. Gegen Mitternacht haben sie mich rausgelassen. Die übrigen aus meiner Bezugszuppe waren erst gegen vier Uhr wieder frei. Einer von ihnen hat sich in die Hose gemacht, weil sie ihn einfach nicht auf die Toilette gelassen haben.

Wollt Ihr dagegen juristisch vorgehen?

Ja. Gestern waren wir bei der Kopenhagener Rechtshilfe und haben denen eine Vollmacht für eine Sammelklage unterschrieben.

War es das erste Mal, dass Du festgenommen wurdest?

Ja.

Marie, 21, aus Norddeutschland, ist in den nächsten Tagen trotzdem noch auf die Demonstrationen gegen den Klimagipfel gegangen.

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