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Gewerkschaftsbrandbrief an Klaus Ernst„Gegen unsere IG Metall und unsere Werte“

Führende bayerische IG-Metall-Mitglieder legen dem BSW-Politiker den Gewerkschaftsaustritt nahe. Er habe sich entschieden, „die Seiten zu wechseln“.

Der BSW-Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst hat in der IG Metall nicht mehr viele Freunde Foto: Daniel Löb/dpa

Berlin taz | Die IG Metall hat genug von ihrem Mitglied Klaus Ernst. Der stellvertretende Vorsitzende der BSW-Gruppe im Bundestag habe sich „mit Ras­sis­t:in­nen gemein gemacht“, kritisieren führende bayerische Funktionäre von Deutschlands größter Einzelgewerkschaft in einem Schreiben an Ernst und legen ihm den Gewerkschaftsaustritt nahe.

Der 70-jährige Klaus Ernst ist Landesvorsitzender und Spitzenkandidat des BSW in Bayern. Einst galt er als geachteter, wenn auch nicht unumstrittener Gewerkschafter. 1972 eingetreten, arbeitete sich der gelernte Elektromechaniker bis zum Ersten Bevollmächtigten der IG Metall in Schweinfurt hoch. 2005 zog er für die Linkspartei in den Bundestag ein. Während seiner Zeit bei der Linken galt er als wichtiges Bindeglied zu den Gewerkschaften. Im Oktober 2023 gehörte Ernst dann zu den neun Linken-Abgeordneten, die gemeinsam mit Sahra Wagenknecht aus der Partei und der Fraktion austraten, um eine eigene „linkskonservative“ Partei zu gründen. Der IG Metall gehört er hingegen bis heute an.

Wenn das Gespräch auf Ernst kam, rollten viele Ge­werk­schaf­te­r:in­nen schon seit einiger Zeit wegen dessen Russlandnähe und den eher steinzeitlichen industrie- und klimapolitischen Vorstellungen, die er vertritt, nur noch genervt mit den Augen. Zum offenen Bruch ist es nun gekommen, weil das BSW im Bundestag zusammen mit der AfD und der FDP für das „Zustrombegrenzungsgesetz“ der Union gestimmt hatte.

„Der Tritt nach unten war und ist in unserem Land immer noch weitverbreitet“, beklagen 28 Bevollmächtigte der IG Metall aus Bayern in ihrem Brief, der der taz vorliegt. Ihre Gewerkschaft stehe jedoch für die Solidarität mit Mi­gran­t:in­nen und beweise Haltung gegen rassistische Politik. Die Entscheidung von Ernst und dem BSW sei daher „eben auch eine gegen unsere IG Metall und unsere Werte“. Sie hätten sich nicht vorstellen können, „wie weit ihr im BSW, und vor allem auch du als Kollege unserer Organisation zu gehen bereit seid“.

Scharf prangern die Ge­werk­schaf­te­r:in­nen an, dass das BSW auch weiterhin gemeinsame Abstimmungen mit der AfD nicht ausschließt. „Die Normalisierung dieser faschistischen Partei hat durch euch und dich einen weiteren großen Schub erhalten“, heißt es in ihrem Brief an Ernst. „So bitter es für uns ist: Wir müssen verzweifelt mit ansehen, dass du dich entschieden hast, die Seiten zu wechseln“, konstatieren die Gewerkschafter:innen. Sie würden sich deshalb fragen, „ob die IG Metall noch der richtige Platz für dich sein kann“.

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Bereits Anfang Februar hatten mehrere Ver.di-Gewerkschafter, die bis dahin im bayerischen Landesvorstand des BSW aktiv waren, ihren Austritt aus der Partei erklärt. Auch sie kritisierten den migrationsfeindlichen Kurs des BSW und die Kooperation mit der AfD beim „Zustrombegrenzungsgesetz“. In den Umfragen rangiert das BSW derzeit zwischen 4 und 5,5 Prozent und muss um seinen Einzug in den Bundestag bangen.

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12 Kommentare

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  • Als das BSW sich bildete war ich anfangs gespalten (pun intended). Aber inzwischen bin ich mehr als froh, dass es diese Abspaltung gab. Das hat der Linken so gut getan und sogar was die Wahlumfragen angeht, sind sie in einem Aufwind, wie keine andere Partei. Jetzt, wo taktische Wähler nicht mehr befürchten müssen, ihre Stimme "zu verschwenden" weil unter 5%, geht es womöglich nochmal stärker aufwärts.



    Hier



    www.zeit.de/politi...-neuwahl-wahltrend



    kann man seit einer Woche beobachten, wie die Linke jeden Tag 0,1% dazu gewinnt. Meine Prognose bis 23.2.: 6,4% Linke.

    • @Jalella:

      Die Linke hat zwar eine schwer haltbare Position zu Russland-Ukraine aufgebaut, aber haben bei Ökologie und gleichen Rechten die Grünen eingeholt und bei Sozialen die große Lücke am eindeutigsten besetzt. Das Steuerkonzept ist das beste für 90 % + der Bevölkerung. Und würde dem Staatshaushalt mehr Solidität geben.



      Wer mit BSW liebäugelt, sollte daran denken, dass internationale Solidarität den Linken traditionell ausmacht.

  • Ich mag die IG Metall, weil die Funktionäre dort, einen harten Kampf führen.



    Und der geht nur, wenn man sich auf einander verlassen kann.

    Das ist bei Ernst nicht mehr der Fall. Russland bekämpft nicht nur die Ukraine, Russland richtet sich auf einen langen Krieg gegen die Nato und die EU ein, da müssen wir alle auf der demokratischen Seite zusammen stehen.

    Und das tut Ernst nicht.

    BSW bietet keinen Frieden mit Russland an, sondern schwachsinnige Ideen, die aber verheerend sein können. Außerdem übernimmt BSW auch den Anti-Migrationsdiskurs der CDU/ CSU und AfD, also das reicht nun wirklich. Ernst sollte Rentner werden.

  • Ist denn die Altersversorgung des Herrn Ernst wirklich so besch..., daß er mit 70 um den Wiedereinzug in den Bundestag besorgt sein und sich dazu SW an den Rockzipfel hängen mußte?

    "Linkskonservativ", nicht nur das Programm, auch der Laden an sich - statt einer demokratisch verfaßten Partei Politisches Unternehmertum - ist ein Anachronismus. Behandelt ihn endlich als solches.

  • Gewerkschaften sind Einheitsgewerkschaften und müssen einiges aushalten. Sie haben aber Grundsätze. Solidarität, national wie international, gehört dazu, und auch mit zukünftigen Generationen. Ernst ist in seinem Sportwagen geistig sitzen geblieben, als wäre er der fränkische Lindner.

    • @Janix:

      „Ernst ist in seinem Sportwagen geistig sitzen geblieben, als wäre er der fränkische Lindner“

      Damit diffamieren Sie den BSW-Politiker Ernst und auch gleichzeitig den FDP-Politiker Lindner auf eine ableistische Weise.



      Ich selbst halte nicht viel von diesen beiden, aber was Sie da sagen, das geht schon über eine rote Linie, denn das ist menschenverachtend, gerade ausgerechnet von einem links-affinen Menschen wie Sie.

      Denn Sie können nicht solidarisch sein, wenn Sie nicht gleichzeitig gegen den Ableismus kämpfen.

      • @Ice-T:

        Werden Sie bitte erst mal wirklich witzig, und Sie könnten es, ich bestärke Sie mal ganz lieb und pädagogisch. Dann erst ist es Satire.







        Sitzen geblieben ist nicht sitzengeblieben, falls Ihnen das entging.

        • @Janix:

          Ihr Satz ist potenziell ableistisch, weil er die Formulierung „geistig sitzen geblieben“ verwendet, die abwertend auf geistige oder kognitive Fähigkeiten anspielt. Solche Ausdrücke können Menschen mit geistigen Behinderungen oder kognitiven Einschränkungen diskriminieren, indem sie deren Situation als negativ oder lächerlich darstellen.

          Zudem wird die Aussage durch den Vergleich mit Christian Lindner noch zusätzlich spöttisch und abwertend aufgeladen, was die ableistische Konnotation verstärkt. Es wäre respektvoller, Kritik ohne Bezug auf kognitive Fähigkeiten oder Behinderungen zu formulieren.

  • einerseits ist es gut, daß erkannt wurde, auf welchem pfad sich das bsw + klaus ernst befinden.



    ganz recht, das verträgt sich nicht mit werten, die gewerkschaften vertreten sollten.



    nur: wie kann es dann angehen, daß über sehr lange zeit (ich weiß schon gar nicht mehr, wann das angefangen hat) regelmäßig der anteil der nach weit rechts tendierenden gewerkschaftsmitglieder immer über 25% lag + damit immer höher lag als in der übrigen bevölkerung?



    was konkret haben die dgb-gewerkschaften je dagegen unternommen? wenn ein teil der gewerkschafterInnen antifaschisitisch ist, prima. aber ein großer teil ist es eben nicht + da passiert einfach zu wenig.

    • @Brot&Rosen:

      Der politische Aspekt der Gewerkschaften, also alles was über berufliche (tarifliche) Interessenvertretung hinausgeht, erreicht nunmal immer nur einen Teil der Gewerkschaftsmitglieder. Die Eigenwerbung mancher Gewerkschaften als unpolitischce "Service-Angebot" tut ihr Eigenes dazu bei.

      Und ansonsten sind halt gerade die Industriegewerkschaften Horte des Besitzstandwahrertums in Zeiten der Deindustrialisierung. Und dass von (mindestens subjektiven) "Abstiegsängsten" Betroffene eine höhere Anfälligkeit für AfD-Propaganda haben, ist ja auch keine neue Erkenntnis...

    • @Brot&Rosen:

      "regelmäßig der anteil der nach weit rechts tendierenden gewerkschaftsmitglieder immer über 25% lag + damit immer höher lag als in der übrigen bevölkerung?"

      woher haben sie denn die zahl und wer hat das festgestellt? Sie haben das schon mal behauptet ohne es zu belegen.



      Ein Beleg wäre schon wichtig

    • @Brot&Rosen:

      Zunächst einmal stimmt es nicht, dass 25+X% der Gewerkschaftsmitglieder Rechts sind. Die AFD schneidet hier stärker ab, als in der Gesamtbevölkerung, CDU und FDP aber schneiden schlechter ab. Dazu hier die Zahlen:

      - Letzte Bundestagswahl:



      www.dgb.de/aktuell...terinnen-gewaehlt/

      - Letzte Europawahl:



      www.dgb.de/aktuell...terinnen-gewaehlt/

      Das liegt ganz konkret daran, dass es der AFD gelingt, sich als soziale Partei zu verkaufen. Warum viele arbeitende Menschen in diesem Land das glauben wollen, darüber ist wohl hinreichend geschrieben worden.

      Darüber Hinaus will ich noch etwas anmerken: Ich würde gerne die Frage verstehen, was die Gewerkschaften dagegen unternommen haben. Der DGB und seine Gliederungen treten seit Beginn gegen die AFD auf, davor gegen die NPD, die Republikaner und viele mehr. Die Kampagne "mach meinen Kumpel nicht an" kam vom DGB, in den 1980ern. Die "Gelbe Hand" ist damit eine der ältesten Antira-Organisationen in der BRD.

      Broschüren, Kampagnen, Geld, Unterstützung von Gegendemos und das seit 1949. DAS hat der DGB konkret dagegen unternommen.